Flitterwochen auf Dream Island
alles? Ich soll nur den Sarong ausziehen?”
“Ja. Ist das ein Problem?”
Sie schluckte. Es war viel weniger, als sie erwartet hatte. Und doch … Schlagartig wurde ihr klar, dass sie während der gesamten nächsten Spielrunde nackt vor ihm sitzen würde. Die Vorstellung erregte sie unglaublich. Isabel verspürte ein leichtes Schwindelgefühl, als sie aufstand und den Knoten zu lösen begann, der den Sarong zusammenhielt. Rafe sah sie an. Ihre Blicke trafen sich. Doch in dem Moment, als Isabel den Stoff zu Boden gleiten lassen wollte, klingelte das Telefon.
“Ignorier es einfach”, sagte Rafe schnell. “Bestimmt ist das nur jemand von der Rezeption, der fragen will, ob wir einen Picknickkorb gebracht bekommen möchten.”
Isabel versuchte, nicht auf das Läuten zu achten. Doch es gelang ihr nicht.
“Ich kann nicht”, sagte sie schließlich, knotete den Sarong wieder zu, eilte ins Haus und nahm den Hörer ab.
“Hallo?”, sagte sie atemlos.
“Isabel?”
“Rachel!”
“Ich … es tut mir so leid, dass ich dich stören muss”, schluchzte Rachel verzweifelt.
“Was ist denn passiert?”
“Lettie ist … sie ist nicht mehr da, Isabel.”
“Du meinst, sie ist gestorben?”
“Sie hat vor einigen Tagen nachts das Haus verlassen, während ich schlief. Dabei hat sie sich stark unterkühlt, weil sie keine Kleidung trug. Lettie hat sich oft einfach ausgezogen. Als die Polizei sie schließlich in einem Park fand, zitterte sie vor Kälte am ganzen Leib. Natürlich bekam sie eine Lungenentzündung und musste ins Krankenhaus. Die Ärzte haben ihr massenweise Antibiotika gegeben und gesagt, sie würde sich bestimmt erholen. Aber letzte Nacht hatte sie einen Herzanfall und … sie konnten nichts mehr für sie tun.”
“Oh Rachel, wie schrecklich! Das tut mir furchtbar leid.”
“Ich habe immer geglaubt, ich wäre erleichtert, wenn sie sterben würde”, sagte Rachel mit zittriger Stimme. “Du kannst dir nicht vorstellen, wie schwer es in den letzten Jahren mit ihr war. Die Tage und Nächte zogen sich schier endlos dahin. Alles erschien mir so sinnlos, und die ganze Zeit wusste ich, dass sie nie wieder gesund werden würde. Alles würde immer nur noch schlimmer werden”, fuhr sie verzweifelt fort. “Aber jetzt, nach ihrem Tod, bin ich unglücklicher als je zuvor. Ich ertrage es nicht, ihr leeres Bett anzusehen. Und ich kann nicht aufhören zu weinen. Deswegen musste ich dich anrufen, Isabel. Ich musste einfach deine Stimme hören und mit dir sprechen – damit ich weiß, dass es irgendwo einen Menschen auf der Welt gibt, der mich lieb hat.” Erneut brach Rachel in Tränen aus.
“Ganz ruhig, Rachel. Ich rufe sofort Mum und Dad an. Sie sollen dich zu sich nach Hause holen. Und ich werde so bald wie möglich zurück nach Sydney kommen.”
“Aber … aber das geht doch nicht”, sagte Rachel und versuchte sich zusammenzureißen. “Dann wird deine Mutter doch Bescheid wissen.”
“Was meinst du damit?”
“Sie wird erfahren, dass du nicht mit mir nach Dream Island geflogen bist, wie du behauptet hast, sondern mit einem Mann.”
“Aber das ist doch jetzt völlig egal”, sagte Isabel energisch. “Dann hat Mum eben eine Weile keine gute Meinung von mir. Sie wird darüber hinwegkommen. Aber jetzt bleib bitte ganz ruhig und mach keine Dummheiten, Rachel.”
“Zum Beispiel?”, schniefte ihre Freundin.
“Zu viel von Letties Sherry trinken. Oder den Gärtner verführen.”
“Ich habe gar keinen Gärtner”, sagte Rachel traurig. “Aber wenn ich einen hätte, würde ich mit ihm schlafen – ganz egal, wie er aussieht. Ich bin so einsam, Isabel.”
“Das wird sich gleich ändern, Rachel. Du musst nur ein bisschen Geduld haben. Ich rufe jetzt sofort Mum an, damit sie dich abholt.”
“In Ordnung.”
“Du bist doch zu Hause, stimmt’s?”
“Was … ? Ja, ich … ich bin zu Hause.”
Rachel schien ganz durcheinander zu sein. Isabel zog sich das Herz zusammen vor Mitgefühl. “Gut, dann rühr dich nicht von der Stelle, bis Mum sich bei dir meldet.”
“Wohin sollte ich denn auch gehen?”
“Das weiß ich nicht. Vielleicht zum Einkaufen oder ins Krankenhaus?”
“Ich glaube nicht, dass ich je wieder einen Fuß in dieses furchtbare Krankenhaus setzen werde.” Wieder brach Rachel in Schluchzen aus.
“Bitte weine nicht”, bat Isabel, der ebenfalls die Tränen kamen.
“Entschuldige bitte”, schluchzte Rachel.
Isabel schluckte. “Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.
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