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Flöte und Schwert

Flöte und Schwert

Titel: Flöte und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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verschwand. Nun war sein Verdacht bestätigt: Was er vor drei Nächten beobachtet hatte, war kein einmaliges Ereignis gewesen. Al Tufail rief den Dämon regelmäßig herbei, vielleicht sogar jede Nacht. Welchen Plan er damit verfolgte, wusste nur Allah.
    Nachdem sich der Edelmann von seiner Erschöpfung erholt hatte, nahm er die Fackel auf und steuerte die eiserne Leiter an. Omar verließ zügig den Gang und duckte sich hinter den Kisten, die neben der Tür aufgestapelt waren. Wenig später kroch Fackellicht durch die Ritzen zwischen den Kästen, und ein Schlüssel drehte sich im Schloss. Al Tufail ging leise wie ein Schatten durch den Kellerraum, zur Treppe.
    Omar wartete einige Minuten, dann kroch er aus seinem Versteck hervor und schloss die Tür auf. Im Gang zündete er seine Lampe an. Seine Nackenhaare stellten sich auf, als er sich dem Loch am Ende des Tunnels näherte. Er glaubte ein Flüstern zu hören.
Einbildung
, dachte er, zornig auf sich selbst.
Warum muss ich nur so ein Feigling sein?
    Er nahm seinen ganzen Mut zusammen und stieg in den Schacht. Mit seiner Rechten klammerte er sich an den eisernen Sprossen fest, mit der Linken hielt er die Lampe. Dass die kleine Flamme schwächer wurde, war keine Einbildung. Dunkelheit und Hitze umgaben ihn wie ein klebriger Kokon. Obwohl er wusste, dass der Schacht höchstens zwei Mannslängen tief sein konnte, fürchtete er, ewig zu fallen, wenn er die Sprossen losließe.
    Dann spürte er Boden unter den Füßen. Er konnte nur mit Mühe atmen. Etwas war in der Luft, etwas, das seinen Rachen brennen ließ. Rasch durchstöberte er den Raum. Als er die Antworten auf seine Fragen gefunden hatte, kehrte er zur Küche zurück.
     
    Hassan begann schon kurz nach Mittag mit dem Trinken, fest entschlossen, den Weinvorrat bis auf die letzte Flasche niederzumachen. Drei Stunden später lag er schnarchend auf der Pritsche in Amres und Omars Schlafkammer. Omar unternahm einen vergeblichen Versuch, den Koch zu wecken, dann machte er sich verdrossen daran, das Abendessen für die Soldaten zuzubereiten.
    Eintopf stand auf dem Plan. Omar gab Hammelfleisch, Rüben, Linsen, Kräuter und ein halbes Dutzend anderer köstlicher Zutaten in den Kessel und machte Feuer. Währenddessen dachte er an den Tag, als ihn die Soldaten unter Tritten und Peitschenhieben zur Bergfestung gebracht hatten. Die Erinnerung erfüllte ihn immer noch mit Zorn. Und zum Dank für die zartfühlende Behandlung durfte er den Männern auch noch das Essen zubereiten.
    Voller Rachegedanken betrachtete Omar die Bläschen, die an der Oberfläche des Eintopfs zerplatzten. Gewiss fehlte dem Essen noch etwas Würze. Ja, ganz zweifellos.
    Er schloss die Tür der Küche ab, stellte sich auf einen Hocker neben dem Kessel und öffnete seine Hose.
    Während er seine Männlichkeit in der Hand hielt, fiel ihm seltsamerweise die tote Katze wieder ein. Er hatte sie unter der Pritsche versteckt, um sie später mit dem anderen Müll in die Abfallgrube zu werfen.
    Warum diese Vergeudung?
    Er zog seine Hose hoch und holte den Kadaver.
    Eine halbe Stunde später verteilte er in der Soldatenunterkunft das Essen. Einer der Männer löffelte gierig und fragte mit vollem Mund: „Ist da Hammel drin?“
    „Ja“, sagte Omar, „unter anderem.“
     
    Al Tufail musste sterben.
    Omar wollte ihn nicht töten. Er wollte niemals wieder einen Menschen töten. Doch solange der Edelmann lebte, war eine Flucht aus der Festung unmöglich.
    Omar schmiedete einen Plan, der sich die einzige Schwäche Al Tufails zunutze machte. Sollte sich der Plan als erfolgreich erweisen, würde die Festung in zwei Tagen ins Chaos stürzen. Die Befreiung von Nadirah, Bahir und Amre wäre dann ein Leichtes. Dennoch verzweifelte er schier, wenn er an die zahllosen Unwägbarkeiten seines Vorhabens dachte. Wie waren die genauen Auswirkungen des Zauberbanns, der auf Nadirah lag? Die Nacht, in der sie zu seinem Flötenspiel gesungen hatte, hatte bewiesen, dass sie nicht immer unter Al Tufails Einfluss stand. Wurde die Bezauberung schwächer, wenn der Edelmann nicht in Nadirahs Nähe war? Endete sie mit Al Tufails Tod? Omar hielt all dies für möglich, aber sicher wissen konnte er es nicht. Und welche Rolle spielte die Schöne, die Nadirahs Nachricht überbracht hatte? Omar hätte alles dafür gegeben, um mit Amre über den Plan sprechen zu können. Er entschied sich jedoch dagegen. Jeder Mitwisser erhöhte das Risiko der Entdeckung.
    In der Nacht drang er wieder in den

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