Flöte und Schwert
umgeben. Er riss die Augen auf, schrie, wirbelte zu Omar herum. Der Schlangendämon stieß herab und grub seine Zähne in den dürren Körper des Zauberers, riss den Kopf zurück. Al Tufail stieß schrille Schreie aus, dann erklang das Krachen von brechenden Knochen. Omar erwachte aus seiner Erstarrung und griff nach den Eisensprossen, zog sich hoch. Seine Arme fühlten sich kraftlos an, und er musste für jede Sprosse seine gesamte Willenskraft aufbieten.
Allah, so hilf mir doch!
, betete er, dann hatte er das Ende des Schachts erreicht und stürmte los. Hinter ihm barst Stein, gefolgt von einem Brüllen. Die beiden Soldaten kamen ihm mit gezogenen Schwertern entgegen. Omar machte sich auf ein Handgemenge gefasst, doch plötzlich stießen die Krieger Schreie des Entsetzens aus und ergriffen die Flucht. Mit ihnen verschwand auch das Fackellicht. Omar war gezwungen, langsamer zu laufen. Wieder hörte er das Krachen. Er blieb stehen und versuchte, etwas zu sehen, konnte in der Finsternis jedoch kaum etwas erkennen. Das Brüllen wurde lauter, zorniger.
Omar lief nach rechts, wo er die Wendeltreppe vermutete. Sein Fuß blieb an einem Hindernis hängen, und er fiel. Hart prallte sein Kopf gegen etwas Kantiges. Eine Wand aus Kisten brach über ihm zusammen. Benommen vor Schmerz blieb er liegen.
Steh auf!
, sagte er sich,
steh endlich auf!
Dann floss Licht in die Kammer. Omar blinzelte. Der Schlangendämon kroch aus dem Gang, umgeben von Schlieren aus feurigem Dunst. Sein Kopf ruckte nach links, nach rechts – und seine brennenden Augen fanden Omar. Die Kisten splitterten und fingen Feuer, als der gewaltige Körper über sie hinweg walzte.
Omar zog sich an einem großen Fass hoch. Schmerz und Übelkeit raubten ihm die Kraft.
Zur Treppe!
, dachte er und tat einen Schritt, dann einen zweiten. Der Dämon brüllte, und diesmal spürte Omar den heißen Atem in seinem Rücken.
Ich muss schneller laufen, schneller, schneller, schneller.
Er drohte das Gleichgewicht zu verlieren und fand an der Kante der Wand Halt. Der Geruch verbrannten Haars stieg ihm in die Nase, und er warf einen Blick über die Schulter. Sah das halb geöffnete Maul des Dämons, die gespaltene Zunge, drei Reihen von Zähnen. Im letzten Augenblick wirbelte er zur Seite, und der Kopf des Dämons schmetterte wie ein Rammbock gegen die Mauer. Eine Lawine aus Stein und Mörtel ergoss sich über die Treppenstufen. Fauchend vor Zorn zog der Dämon den Kopf zurück, um erneut anzugreifen. Omar nutzte die Sekunden und schlüpfte in den Durchgang. Als der Angriff des Dämons kam, hatte Omar schon einige Stufen zurückgelegt. Er war außer Gefahr, denn der Treppenschacht war nicht breit genug für den Schlangenleib. Er hörte, dass sich der Dämon wieder und wieder gegen den Durchgang warf, hörte das Knirschen und Krachen des Steins. Immer vier oder fünf Stufen auf einmal nehmend, stürmte er nach oben.
Kurz darauf hatte er das Ende der Treppe erreicht und stützte sich auf eine Kommode. Seine Lungen standen in Flammen. Als er wieder einigermaßen bei Atem war, sah er sich um. Er war in jenem Gemach, in dem er Nadirah zuletzt gesehen hatte. Zwei Diener beugten sich aus einem Fenster. Aufgeregte Stimmen drangen herein. Omar zog einen der beiden vom Fenster weg und hielt ihn an den Schultern fest. „Wo ist Nadirah?“, fuhr er ihn an.
Der Mann starrte Omar entgeistert an, dann versuchte er, sich dem Griff zu entwinden. Der andere schien davon nichts mitzubekommen. Er blickte immer noch aus dem Fenster.
„Wo ist sie?“, brüllte Omar.
„Ich ... ich weiß nicht“, stammelte der Diener. Omar stieß ihn fluchend weg.
Nadirahs Namen rufend, riss er Türen auf und hastete durch die Zimmer. Immer wieder kamen ihm Diener entgegen. In ihrer Panik beachteten sie ihn nicht. Als er Nadirah nicht gefunden hatte, lief er die Treppe hinauf. Die Wand zu seiner Linken war von hohen, schmalen Fenstern durchbrochen. Omar sah im Vorbeigehen Ausschnitte des Hofs. Lautes Krachen von Holz ließ ihn verharren. In einer Fontäne aus Splittern brach der Schlangendämon aus dem Dach des Gesindehauses hervor, reckte den Kopf in die Luft und brüllte. Sofort griffen die Flammen auf das trockene Holz über. Diener, Sklaven, Soldaten schwärmten über den Hof. Omar hörte ihre Schreie wie durch eine dicke Wand, und ihm wurde bewusst, welche Kräfte er freigesetzt hatte. Mit einem Stoßgebet auf den Lippen lief er weiter.
Das nächste Stockwerk war unübersichtlicher. Omar hetzte durch
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