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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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bis sie über uns hing wie eine flüssige Zimmerdecke, durchscheinend blau und grün. Aber immer noch stieß sie nicht hinab. Selbst wenn Bonzo in der Lage gewesen wäre zu galoppieren, hätte sie dieser Monsterwelle nicht entkommen können. Aber die Welle brach nicht, sie wurde nur noch größer. Eine Sekunde lang, eine Minute, eine Stunde, eine Ewigkeit hing der gesamte Ozean über unseren Köpfen, schwer und erstickend.
    Dann fiel die Welle in sich zusammen. Das Getöse war unvorstellbar, wie das Brüllen einer aufgebrachten
Menge oder eine Lawine oder hundert Kanonen, die gleichzeitig abgefeuert wurden, oder der Aufschrei von tausend Soldaten. Mein Leben zog nicht vor meinen Augen vorbei, wie es in Büchern immer so schön heißt, aber ich dachte daran, was meine Mutter wohl sagen würde, wenn sie herausfinden würde, dass Bonzo meinetwegen ertrunken war und dass sie jetzt wegen Valefor nicht mehr wütend auf mich sein konnte und dass ich hoffte, dass ich Udo auf der anderen Seite wiedersehen würde, und dass ich wünschte, ich wäre freundlicher zu Poppy gewesen, und …
    Plötzlich merkte ich, dass der Lärm schwächer wurde und ich nicht ertrunken war. Ich öffnete meine Augen und sah, dass das Wasser an einer unsichtbaren Barriere abgeprallt war. Bonzo war stehen geblieben und schaute sich verwirrt um. Über uns und unter uns tobte und toste das Wasser, aber nicht ein einziger Tropfen fiel auf uns. Jedes Mal, wenn sich eine neue Welle erhob, befanden wir uns ein paar Sekunden lang in einem leuchtenden Tunnel aus Blau und Grün. Dann wurde das Wasser zurückgestoßen und das düstere Tageslicht kehrte zurück. Die Straße vor uns war jetzt glatt und trocken.
    »Ich glaube, ich bin gerade um fünfzehn Jahre gealtert«, keuchte Udo. »Und ich hätte mir fast in die Hosen gemacht. Vielleicht habe ich mir tatsächlich in die Hosen gemacht, keine Ahnung, ich bin überall nass.«
    Noch ein paar Schritte und wir hatten das Ende der Straße erreicht. Irgendwie hatte ich geglaubt, das Tor zu Bilskinir House müsste riesig und hässlich
sein, mit scharfen Spitzen und Zacken, Balken und Dornen und vielleicht Monstern aus Stein, aus deren Mäulern es heißes Öl regnet. Aber so war es nicht. Es war ein einfaches weißes Holztor in einem einfachen weißen Holzzaun, nicht einmal so hoch wie Bonzos Kopf. Und es stand offen.
    Vor diesem ganz einfachen Tor saß Flynnie und leckte sich den Hintern, während er auf uns wartete. Jenseits des Tors befand sich ein makelloser breiter Weg aus Sand, so weiß und glatt wie frisch gefallener Schnee. Der Himmel vor uns, eingefasst von Baumspitzen, war so strahlend wie blaue Farbe und die Luft war still und friedlich.
    Ich schaute über meine Schulter zurück und sah, dass die Wellen ihre Anstrengungen verdoppelt hatten und immer heftiger auf die Straße prallten. Das Donnern der Brandung hüllte uns ein, und ich konnte den Strand unter uns nicht mehr sehen. Im Gegensatz zu dem strahlend schönen Wetter vor uns war der Himmel hinter uns nach wie vor grau.
    Wieder einmal bildete Flynnie die Vorhut. Während wir noch zögerten, sprang er voraus. Kein riesiger Butler stürzte sich aus der Höhe hinab, um ihn als saftigen Snack zu verspeisen, und dieser Umstand verlieh uns Mut. Aber noch ehe ich Bonzos Seiten mit meinen Fersen anstupsen konnte, nahm sie die Sache selbst in die Hufe und stürzte vorwärts, als ob ihr jemand Nadeln in den Hintern gestochen hätte.
    Sie flog durch das Tor und über den Weg. Ihre Hufe wirbelten den schönen weißen Sand auf, und ich zerrte wie wild an den Zügeln. Aber sie verlangsamte ihr Tempo kein bisschen. Wir rasten über den
Weg, der sich durch einen Hain aus hohen, schattigen Bäumen wand, und galoppierten dann durch ein buntes Blumenbeet, wobei Blütenblätter um uns aufstoben.
    »Ho! Ho!«, brüllte ich.
    Udo hopste hinter mir auf und ab. Sein Kinn knallte mir auf den Kopf und seine Knie bohrten sich in meine Hüften. Bonzo fiel in einen Kanter, was es leichter machte, im Sattel zu bleiben. Aber immer noch konnte ich sie nicht zum Anhalten bewegen.
    »Festhalten!« Ich spürte, wie Udo hinter mir abrutschte, aber ich konnte nichts anderes tun, als völlig sinnlos an den Zügeln zu zerren. Vor uns lichteten sich die Bäume und entblößten den blauen Himmel und den Rumpf eines Gebäudes aus grauem Stein.
    »Ich halte mich ja fest!«, schrie Udo.
    »Ho, ho, ho!« Etwas stand uns im Weg – eine Sonnenuhr, glaube ich – und Bonzo sprang darüber hinweg wie

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