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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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und eine Schrecksekunde lang glaubte ich, dass ich meinen Flynnie das letzte Mal lebend gesehen hätte. Aber statt zu einer Raserei aus schnappenden Zähnen und reißenden Kiefern zu werden, umkreisten sie sich, leckten sich gegenseitig die Schnauzen und beschnüffelten einander die Hinterteile. Flynn sabberte vor Glück und drehte sich wie wild um die eigene Achse.
    Ein Hund sprang zu Udo und versuchte, ihm das Gesicht abzulecken, und ein anderer schob seinen Kopf unter meine Hand und wollte gestreichelt werden. An seinem breiten, mit Silbernieten beschlagenen Halsband hing eine emaillierte Plakette, auf der zu lesen stand: GAMMLER.
    »Du hast mich zu Tode erschreckt, Gammler«, sagte ich und rieb ihm das spitze Ohr. Gammler schaute zu mir hoch und grinste ein Hundegrinsen. Dann entschuldigte er sich bei mir auf Hundeart: Er leckte mir die Hand. »Kannst du uns den Weg zum Haus zeigen?«, fragte ich.
    Als Antwort trottete Gammler über den Sandweg und die anderen Hunde folgten ihm. Ich band Bonzos Zügel an einen der Laternenpfähle, die den Weg säumten, und versprach, dass wir bald zurück sein würden. Dann liefen Udo und ich hinter den Hunden her.

    Gammler bog von dem Sandweg auf eine gepflasterte Straße ein. Sie führte um riesige kreisrunde Blumenbeete mit bunten, kerzengeraden Tulpen herum und schlängelte sich durch ein Wäldchen aus hohen, mit flammend roten Blättern belaubten Buchen und silbrig schimmernden Eukalyptusbäumen. Die Stille wurde nur vom Gurren der dicken Tauben durchbrochen, die auf den akkurat gemähten Rasenflächen stolzierten, und vom papierartigen Rascheln des Laubs, durch das eine sanfte Brise wehte.
    »Das Anwesen ist in einem makellosen Zustand«, sagte Udo unruhig. »Glaubst du nicht, dass es hier ähnlich aussehen müsste wie in Crackpot, wenn Paimon wirklich geschwächt wäre?«
    »Ayah.« Der gleiche besorgniserregende Gedanke war mir auch schon gekommen. Ich dachte an die unsichtbare Barriere, die die Wellen davon abgehalten hatte, uns ins Meer zu spülen, und ich betrachtete die Hunde, die mit Flynnie herumtollten. Ihr Fell glänzte und sie wirkten frisch und munter. Weder waren dies unterernährte, vernachlässigte Tiere noch waren die Gärten in irgendeiner Weise verwildert. Jenseits der Grenzen von Bilskinir war der Tag kalt und grau gewesen; hier drin herrschten herrlicher Sonnenschein und ein klarer Himmel. Das waren wahrhaftig nicht die Anzeichen für ein jämmerliches, ausgelaugtes Faktotum.
    Irgendetwas ernährte Paimon und hielt ihn bei Kräften.
    Ich hoffte bloß, dass nicht auch wir auf seinem Speiseplan standen. Nini Mo sagt: Wenn du nicht im Stillen kommen und gehen kannst, dann komme und gehe
schnell. »Wir sollten uns beeilen«, sage ich, »und dann nichts wie weg.«
    »Ayah, ganz meine Meinung«, sagte Udo und wir beschleunigten unsere Schritte.
    Die Hunde trotteten an einem Busch vorbei, dem jemand die Form eines aufsteigenden Greifs gegeben hatte, und an einem anderen, der so aussah wie ein Mantikor, jenes Mischwesen mit dem Gesicht eines Mannes, dem Körper eines Löwen und dem Schwanz eines Drachen. Über Marmorstufen gelangten wir einen sanften Abhang hinunter und an einem flachen, schimmernden Teich vorbei. In der Mitte des Teichs stand die Bronzefigur eines weiblichen Bogenschützen auf Zehenspitzen, den Bogen bis zum Zerreißen gespannt. Im Wasser zuckte und zappelte es weiß und orange und zwei hervorquellende Augen schauten zu uns hoch: ein Fisch, so groß wie eine dicke Hauskatze.
    »Das ist der größte Goldfisch, den ich je gesehen habe«, bemerkte Udo. Der Fisch schlug mit der Rückenflosse gegen die Wasseroberfläche und spritzte Udo nass. Der zuckte überrascht zurück. »Das war als Kompliment gedacht.«
    »Lass doch den Fisch – komm weiter.«
    Aber Udo blieb stehen und der Fisch bespritzte ihn erneut, diesmal mit der Schwanzflosse. Eine mächtige Fontäne schoss aus dem Wasser.
    Dann erklang hinter uns eine tiefe Stimme: »Sie möchte gefüttert werden, aber das Essen ist noch nicht fertig. Sie muss warten.«
    Eine Eiseskälte kroch mir von den Fußspitzen den Körper hinauf und ließ mir das Blut gefrieren. Udo
starrte mich an. Seine Augen waren so rund wie Murmeln, sein Gesicht totenbleich. Wir standen stocksteif da und wagten nicht, uns umzudrehen. Auf meinem Nacken brannte es eiskalt.
    » Ave, Madama Fyrdraaca Segunda und Sieur Landađon Udo.« Die Stimme grollte so tief, dass ich fühlte, wie sie in meinem hinteren Gaumen vibrierte.

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