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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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unserem Butler, der sich in unserem Haus versteckte. Und anfänglich war ich auch aufgeregt. Aber das Gefühl hielt nicht lange vor. Unser Butler war weder prächtig noch beeindruckend – er war schwach und blässlich und voller Selbstmitleid. Die Enttäuschung war überwältigend. Es war so wie damals, als Idden sich in Relais Evengardia, den Schauspieler, verknallt hatte und stundenlang mit schwärmerischem Blick
vor dem Bühneneingang des Cow-Palace-Theaters gestanden und auf ein Autogramm gehofft hatte. Aber als sie ihn dann schließlich kennengelernt hatte, erwies er sich als vollkommener Idiot, und ihre romantische Liebe für ihn (und für das Theater) erlosch für immer.
    Mit dieser Welle der Enttäuschung kam die Erinnerung, dass ich spät dran war, viel, viel zu spät, und dass es mit jeder Sekunde später wurde.
    Unvermittelt sagte ich: »Tut mir leid, Valefor. Normalerweise würde ich gerne noch bleiben und ein Schwätzchen halten, aber ich bin unglaublich in Eile, und ich werde mächtigen Ärger kriegen, wenn ich in die Schule komme, nicht zuletzt, weil ich mein Leihbuch nicht habe, das ich unbedingt abgeben sollte.«
    »Ein Leihbuch? Überfällig, stimmt’s? Und Naberius wacht wie ein Adler über seine Bücher. Es würde mich nicht überraschen, wenn er dich bei lebendigem Leib auffrisst.«
    »Mich auch nicht. Also wenn du nichts dagegen hast, hole ich jetzt mein Buch und gehe in die Schule. Es tut mir leid, dass ich nicht länger bleiben kann.«
    »Was ist das für ein Buch?«
    »Große Abenteuer an Dunklen Orten. Die Autobiografie von Nini Mo, Kojotenkönigin, Band 1.«
    Valefor schniefte. »Das ist übelste Trivialliteratur, weißt du das? Du solltest etwas Lehrreiches lesen. Ich habe ein wunderbares Buch über eschatologische Ausdehnungen und ihre Funktion in Immanenzen der …«
    Ich ignorierte Valefors Geplapper und schaute mich im Saal um, in der Hoffnung, irgendeinen anderen
Weg zu finden als den, auf dem ich hierhergekommen war. Und dort, in einem der massiven Bücherregale, war eine kleine silberne Tür angebracht. Eine kurze Berührung meiner Hand genügte und sie schwang auf und gab den Blick auf eine baufällige Holztreppe frei.
    »Da kannst du nicht hinuntergehen«, sagte Valefor. »Die Treppe führt in den Keller der Unerträglichen Qual. Das glaube ich jedenfalls. Dank deiner lieben Frau Mutter weiß ich es nicht mehr mit absoluter Sicherheit. Aber ich würde an deiner Stelle nicht da hinuntergehen, es sei denn, du willst dein Glück herausfordern. Willst du das, Flora Segunda?«
    Nach meiner Erfahrung vorhin mit dem Fahrstuhl wollte ich das garantiert nicht noch einmal. Ich starrte in den feuchten Tunnel, der sich abwärts neigte, und beschloss, es stattdessen über die Fenster zu versuchen. Ich kann ziemlich gut klettern.
    Von den Fenstern aus blickte man auf einen sonnenbeschienenen Hof, wo knorrige Rosenbüsche und staubgrüne Hecken wuchsen. Nach der Fahrt mit dem Fahrstuhl hatte ich vermutet, dass wir uns mindestens im fünften oder sechsten Stock befanden, aber so hoch kam es mir nun gar nicht vor. Jenseits des Hofes konnte ich direkt hinter einer Gruppe von Eukalyptusbäumen die Zinnen eines weiteren Dachs sehen. Dem Stand der Sonne nach zu urteilen, befand ich mich auf der Westseite des Hauses, und das Dach war vermutlich das der Ställe. Als ich meinen Kompass hervorholte, um meine Vermutung zu bestätigen, drehte sich die Nadel wie wild im Kreis.

    »Der funktioniert hier nicht«, sagte Valefor, der mir über die Schulter schaute. »Ich bin der Polarstern dieses Hauses und die Nadel wird immer auf mich weisen.«
    »Sie dreht sich wie ein Kreisel.«
    »Na, dann ist das Ding kaputt.«
    Ha!, dachte ich. Der Kompass war der Preis für den besten Kletterer beim Gymkhana-Wettbewerb im letzten Jahr gewesen, und er war ganz gewiss nicht kaputt. Aber ich war trotzdem sicher, dass ich das Stalldach erkannte. Außerdem wäre ich dann zumindest einmal draußen im Freien. Ich wollte lieber durch sonnenbeschienene Gärten laufen, als zurück in die staubige Dunkelheit der verlassenen Korridore zu gehen. Ich kletterte auf den breiten Fenstersims und fummelte am Fenstergriff herum.
    »Was machst du da?«, fragte Valefor.
    »Ich will an dem Efeu da hinunterklettern«, sagte ich. »An der Ranke, die im Übrigen fast schon die ganze Wand eingerissen hat.«
    »Das ist wirklich nicht meine Schuld. Dafür ist deine liebe Mama verantwortlich. Wenn sie mir erlauben würde, meine Arbeit zu machen,

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