Flora Segundas magische Missgeschicke
flog um seine Knie. »Ist es nicht schön?«, sagte er.
Es war tatsächlich schön, aber ich wollte es nicht zugeben. Das verkrampfte Gefühl von Angst und düsterer Vorahnung, das ich gewöhnlich in meiner Magengrube mit mir herumtrage, hatte sich mit einem Mal gelockert.
Val drehte sich immer noch im Kreis und versprühte dabei kleine Funken. Plötzlich blieb er stehen.
Um seine glitzernden Augen bildeten sich kleine Fältchen, als er mich stirnrunzelnd ansah. »Du schmeckst anders. An dir ist etwas, was mir nicht vertraut ist. Was könnte das bloß sein?«
»Ich weiß es nicht, und ich habe keine Lust, hier zu hocken und zu warten, bis du es herausgefunden hast.« Ich stand auf. Ein Schwindelanfall überkam mich. Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte mich einfach wieder zurückfallen lassen.
»Rebellion! Das ist es, Flora Segunda. Du bist voll von unverantwortlichen Gedanken. Du willst also eine Waldläuferin werden und dich dem Bataillon der Waldläufer anschließen, ja?«
»Es gibt kein Bataillon der Waldläufer mehr. Es wurde nach dem Krieg aufgelöst.«
»Ach, dieser dumme Krieg, ayah, ich erinnere mich. Eine Waldläuferin! Verschwiegen und geschickt sind sie, die Waldläufer. Wer außer Nini Mo kennt sie? Wer könnte sagen, wo sich einer aufhält oder wer ein Waldläufer ist und wer nicht? Ich bin überrascht, Flora, dass du solch revolutionäre Wünsche hegst. Fyrdraacas gehen in die Kaserne, das weißt du doch.«
Daran wollte ich am liebsten gar nicht erinnert werden, besonders nicht von einem Faktotum, der diese Bemerkung mit einem überlegenen Lächeln vorbrachte. »Ich muss gehen. Ave, Valefor.«
»Wirst du zurückkommen, Flora Segunda?«, fragte er mit weicher, sehnsüchtiger Stimme.
»Ich weiß nicht, ob es mir gelingen wird, dich wiederzufinden. «
»Ich werde den Weg markieren«, versprach er. »Und jetzt, da ich mich so viel besser fühle, werde
ich dafür sorgen, dass du genau am richtigen Ort landest.«
»Ich werde versuchen, wiederzukommen.« Ich schob das Fenster auf, schwang mich auf die unebene Steinmauer, verlor an dem glatten Efeu den Halt und fiel in einen Laubhaufen, wobei ich eine große Staubwolke aufwirbelte.
Etwas landete mit einem dumpfen Aufprall direkt neben meinem Kopf. Als ich wieder zu Atem gekommen war, grub ich in den trockenen Blättern, bis ich den Rücken des überfälligen Leihbuches unter meinen Händen spürte, das ich auf dem Sofa in meinem Zimmer liegen gelassen hatte. Idden hatte recht gehabt: Valefor und seine magischen Tricks waren wirklich hilfreich! Ich rollte mich auf die Füße und schaute nach oben. Das Fenster war jetzt geschlossen, aber ich bildete mir ein, eine zarte, bleiche Hand zu sehen, die mir wild zuwinkte. Ich winkte zurück und rannte, um die Droschke zur Schule zu erreichen. Ich fühlte mich merkwürdig fröhlich.
Kapitel 5
Poppy wirft einen Kuchen. Kläffende Hunde. Zerbrochenes Glas. Ein Wutanfall.
A n diesem Abend saß ich in der Küche, genehmigte mir einen späten Nachtisch und dachte nach. Merkwürdigerweise war ich bei Weitem nicht so lange in der Bibliotheca gewesen, wie ich geglaubt hatte. Ich musste zwar rennen, so schnell mich meine kurzen Beine tragen konnten, aber ich hatte die Droschke um Viertel vor acht tatsächlich noch erwischt und war in die Runde Halle geschlüpft, gerade als die Glocke das erste Mal ertönte. Beim zweiten Glockenschlag stand ich schon ordentlich in der Reihe, bereit für die morgendliche Versammlung. In der Mittagspause akzeptierte Naberius meine Strafgebühr von einundfünfzig Glorien mit einem feuchten Grinsen und überreichte mir den zweiten Band von Nini Mos Autobiografie.
Kein Besuch im Büro der Schulleiterin, kein Brief an Mama. Es war knapp gewesen, aber ich hatte es geschafft.
Den restlichen Tag war ich fleißig gewesen. Im Nähunterricht schnitt ich das Mieder für mein Catorcena-Kleid
aus. Im Skripturunterricht schrieb ich beinahe alle meine Einladungskarten, und in Literatur bekam ich 100 Prozent auf den Vokabeltest. Während der ganzen Zeit hatten sich meine Gedanken um Valefor gedreht, und das taten sie auch jetzt noch.
Der arme Valefor, so einsam und allein. Ich weiß Bescheid, wie man sich fühlt, wenn man einsam und allein ist. Ayah, er war ein echter Angeber, das ist richtig, aber er war unser Butler und somit ein Teil der Familie. Er war ein magisches Wesen und wusste daher sicher eine Menge über die Magische Strömung. Vielleicht konnte er mir mit meinen Ambitionen
Weitere Kostenlose Bücher