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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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jetzt fast völlig weg! Ich habe nicht einmal mehr die Kraft, um aufzustehen!«
    Ein winziges Schuldgefühl machte sich in mir breit. Der arme Valefor, ganz allein eingesperrt in der Bibliotheca … Und wenn dann endlich jemand zu Besuch kommt, wird er prompt in Pudding verwandelt.
    »Was soll ich tun, Valefor?«, fragte ich mitfühlend.
    Sein Kopf zuckte hoch. »Nur eine klitzekleine Kleinigkeit. «

    »Was für eine Kleinigkeit?«
    »Eine klitzekleine Kleinigkeit, die so winzig ist, dass du sie nicht einmal bemerkst.«
    »Nämlich?«
    »So klitzeklein, dass …«
    »Rück raus, Valefor, oder ich gehe!«
    »Deine Anima. Wenn du mir nur ein klitzekleines bisschen davon abgibst, wäre das eine große Hilfe. Es würde mir gleich viel besser gehen, und es wäre so nett von dir.«
    »Meine Anima?«
    »Ayah, deine Anima – du weißt schon, die magische Essenz, die in dir steckt. Deine spirituelle Energie …«
    »Ich weiß, was Anima ist, Valefor. Aber wie kann ich dir etwas davon abgeben?«
    Er seufzte. »Du hast so wenig Kontrolle über dich selbst, Flora Segunda, dass du jedes Mal, wenn du ausatmest, ein bisschen von deiner Anima verlierst. Warum sie verschwenden, wenn du sie mir geben kannst? Bitte, ich werde dein allerbester Freund sein, und es wäre ein Labsal für mich.«
    Mitleid ist der schlimmste Feind der Königin, sagt meine Mutter immer. Sie meint, ich müsse unnachgiebiger werden. Sie sagt, dass mir die Hunde auf der Nase herumtanzen, weil ich sie bei mir im Bett schlafen lasse, und dass ich viel zu viel von meinem Taschengeld den Bettlern gebe und dass ich mein Herz stählen müsse, wenn ich es in dieser Welt zu etwas bringen wolle.
    Ich will aber kein hartes Herz haben, und selbst wenn ich so enden sollte wie Poppy und versuchen würde, mich zu Tode zu saufen, oder so wie Mama,
die sich das Herz aus dem Leibe schuftet, so wüsste ich doch, dass ich ein Herz habe und dass es ein ehrliches Herz ist. Vielleicht schuldete ich Valefor etwas, weil es ihm durch mich noch schlechter ging. Ich konnte den Anblick des armen Butlers nicht ertragen, der so verloren und verhungert auf dem Boden hockte, auf den er durch mich gesunken war, zu schwach, um aufzustehen.
    Eifrig sagte er: »Es ist ganz leicht – alles, was du tun musst, ist auszuatmen, ich werde einatmen. So kann ich gefüttert werden. Ein Kinderspiel.«
    »Also gut.« Ich kniete mich neben ihn und er griff mit seinen dünnen, zitternden Händen nach mir. Wir neigten unsere Köpfe einander zu. Ich schloss meine Augen, holte tief Atem und fühlte seine Lippen federleicht auf meinen. Langsam atmete ich aus. Ich spürte, wie seine Schultern unter meinen Händen bebten.
    »Ach, das ist die reine Glückseligkeit«, flüsterte Valefor. »Noch einmal, ja?«
    Wieder atmete ich ein und aus. Seine Lippen wurden wärmer, feuchter, und jetzt war ich es, die zitterte – nicht vor Kälte, sondern wegen eines flatternden Gefühls in meinem Innern, das nicht gänzlich unangenehm war. Ich öffnete meine Augen. Seine Pupillen hatten sich zu riesigen Kreisen erweitert, so strahlend wie kaltes Feuer. Sie glitzerten. Ein Hauch von Farbe überzog sein Gesicht.
    »Noch einmal, bitte. Nur noch einmal, ich verspreche es«, gurrte er lockend.
    Tief saugte ich den Atem in meine Lungen, die sich plötzlich klein und wie geschrumpft anfühlten.
Valefors Griff war viel stärker geworden. Als ich dieses Mal ausatmete, öffnete sich vor mir eine große Dunkelheit, in der Fragmente des Raums in farbigen Streifen und Punkten wirbelten. Das Flattern in meinem Innern wurde erst warm, dann heiß, und plötzlich konnte ich nicht mehr atmen. Keuchend riss ich mich los.
    Wie aus weiter Ferne sagte Val: »Danke. Du hast keine Ahnung, wie viel besser ich mich jetzt fühle.«
    Ich lehnte mich hustend gegen den Fenstersims. Der Saal drehte sich in einem Gewimmel aus Licht und Farben um mich. Wieder machte ich die Augen zu und das Kreiseln verlangsamte sich. Ich hatte das Gefühl, einen Schlag in den Magen bekommen zu haben. Aber es war ein köstliches Gefühl.
    »Sei nicht so theatralisch, Flora«, sagte Valefor. »So viel habe ich gar nicht genommen.«
    Ich öffnete die Augen und die bunten Bruchstücke des Raums setzten sich wieder zu einem Ganzen zusammen. Vor mir stand Valefor und sah merklich besser aus. Sein Gesicht hatte sich gerundet und seine Augen schimmerten in einem irisierenden Purpur. Er schüttelte sein Gewand aus und wirbelte es durch die Luft. Der Stoff, jetzt schwarz und glänzend,

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