Flora Segundas magische Missgeschicke
muss erst etwas essen.«
Udo trottete die Treppe hinauf. Ich richtete einen Stuhl auf und stellte ihn an den Küchentisch. Dann ließ ich mich darauf niedersinken, inmitten des ganzen Durcheinanders. Eine Tasse Tee wäre jetzt schön gewesen, aber ich konnte mich nicht aufraffen, das Feuer wieder anzuzünden. Außerdem lag die Teekanne zerbrochen auf dem Fußboden. Ich saß nur da, starrte in die schattige Dunkelheit auf nichts Bestimmtes und kaute auf meinem trockenen Brot herum.
Ich und mein großartiger Plan. Meine fantastischen Waldläuferfähigkeiten, mein magisches Talent. Ich hatte mich für so klug gehalten, und was hatte uns meine Klugheit gebracht? Nichts, rein gar nichts, nada, null. Ich war ein Idiot, eine Närrin, ein Kindskopf und eine totale Versagerin. Der lange
Spiegel über der Spüle warf das Bild eines schmollenden Mädchens zurück, das mitten in einer völlig demolierten Küche saß. Das Make-up war verschmiert und um die Augen zu schwarzen Flecken zusammengelaufen und das Haar stand in alle Richtungen ab. Der Lippenstift verlief um die Mundränder und ließ sie aussehen wie in Blut getaucht.
Ein ekelhafter Geschmack stieg in meiner Kehle empor, bitter und brennend, und ich dachte, ich müsste mich übergeben. Ich beugte mich nach vorn und schluckte schwer, fuhr mir mit dem schmutzigen Ärmel über den Mund und wischte den Lippenstift ab. Jetzt wirkte das Mädchen im Spiegel ausgewaschen, wie ein bleicher Geist. Sie würde nie im Leben eine Waldläuferin werden.
In wenigen Stunden würde der Morgen dämmern.
In wenigen Stunden würde meine Mutter heimkommen.
Morgen war meine Catorcena.
Ein kleines purpurfarbenes Licht leuchtete auf und wurde zu Valefor. Er sah wieder ziemlich durchscheinend aus, aber das war mir egal.
»Nun«, sagte er, »du hast dir Zeit gelassen, Flora Segunda.«
»Nun was?«, knurrte ich, weil ich ansonsten geflucht hätte. »Leg dich nicht mit mir an, Valefor. Ich bin nicht in der Stimmung.«
»So viel zu heldenhaften Rettungsaktionen. Ich bin zwar verbannt, aber selbst ich konnte die Schreie hören. So eine magische Schlacht habe ich nicht mehr erlebt, seit Harthand …«
»Nicht jetzt, Valefor!«
»Na, Schwamm drüber. Du hast dein Bestes getan, was zweifellos nicht gut genug war, Flora. Aber es ist passiert.«
»Geh weg, Valefor.«
»Flora Segunda – du bist viel zu ernst. Du gibst so leicht auf. War es deine Schuld, dass Boy Hansgen sterben musste? Nein, natürlich nicht. Dein Plan war vielleicht nicht der beste und von vornherein zum Scheitern verurteilt, aber es war nett von dir, dass du es versucht hast. Er wäre sowieso gestorben, weißt du?«
»Deine Worte muntern mich nicht im Mindesten auf, Valefor.«
»Vergiss Boy Hansgen. Er ist nicht der erste Magier, der es übertrieben hat, und er wird nicht der letzte sein. Wenden wir uns lieber wichtigeren Dingen zu.«
»Ja, Valefor, das sollten wir tun, in der Tat«, sagte ich. »Sagt dir zufällig der Begriff Animaschwäche etwas? «
Valefor zuckte leicht zusammen und seine Konturen erzitterten. »Ayah. Was ist damit?«
»Was ist das? Bitte, Valefor, erkläre es mir. Belehre mich, wie du es sonst so gerne tust.«
»Angesichts deines spitzen Tons, Flora Segunda, vermute ich, dass du es bereits weißt.«
»Nein, Valefor. Ich weiß, dass der Schöne Jack glaubte, ich würde verblassen, dass sich mein Körper auflöst, und er meinte, dass ein galvanisches Wesen meinen Willen absauge, und ich glaube, er meinte dich, Valefor. Er meinte weiterhin, dass es schon bald zu spät sei. Aber vielleicht kannst du es mir besser erklären, Valefor! Tu es!«
Jetzt rang Valefor die Hände und seine Stirn runzelte sich wie eine Backpflaume. »Ist es vielleicht meine Schuld, dass dein Wille so schwach ist und sich so schnell erschöpft? Jetzt werden wir beide in die Strömung zurückgezogen, aus der wir kommen.«
»Was meinst du damit, Valefor? Drück dich gefälligst deutlich aus und rede nicht um den heißen Brei herum.«
»Ich war in die Bibliotheca verbannt und hatte gerade genug Kraft übrig, um den Willensböen der Fyrdraacas zu widerstehen, die mir entgegenwehten. Aber dann kamst du, Flora Segunda, und hast mir geholfen. Das war so freundlich von dir und es ermöglichte mir, etwas von meinem früheren Glanz zurückzugewinnen, allerdings nicht besonders viel, denn, ehrlich gesagt, war dein Wille von Anfang an nicht der Rede wert. Allerdings war er sicher besser als gar nichts. Jetzt aber versiegt dein Wille
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