Flora Segundas magische Missgeschicke
und ich auch und ich … ich fürchte, dass ich bald schon in den Abgrund gezogen werde und du auch, denn wir sind jetzt miteinander verbunden …«
»Dann löse uns wieder voneinander, Valefor. Jetzt sofort. Wo immer du hineingezogen wirst, du wirst alleine gehen.«
»Ach, aber das kann ich nicht, Flora Segunda. Wir sind verknüpft, und das entzieht sich meiner Kontrolle. Ich kann nichts dagegen tun.«
»Wie konntest du das nur zulassen?«, wollte ich wissen.
»Ich?! Ich bin geschwächt, Flora – ich kann mir nicht selbst helfen! Du bist die Magierin, ich bin bloß der Butler. Es ist deine Aufgabe, Vorkehrungen zu
treffen!« Es sah so aus, als würde er immer noch die Hände ringen, aber ich merkte, dass er sie so fest zusammendrückte, dass die Knochen knackten, und seine Augen waren jetzt zu glimmenden Schlitzen verengt.
Ich starrte ihn an. Ich hätte wütend auf ihn sein müssen, aber aus irgendeinem Grund war mir plötzlich alles egal.
»Du bist verdorben, Valefor. Ich weiß jetzt, warum Mama dich verbannt hat.«
»Verdorben! Nach allem, was ich für dich getan habe, Flora Segunda. Du bist so undankbar. Alles, was du wolltest, war deine eigene kleinliche Bequemlichkeit. An dem armen, treuen Valefor hat dir nie etwas gelegen. Du hast nur vorgegeben, meine Freundin zu sein. Meine Bedürfnisse haben dich nie gekümmert, also bekommst du nur das, was du verdienst, treulose Flora!«
»Lass mich in Ruhe, Valefor, lass mich einfach nur in Ruhe.« Ich legte den Kopf auf den Tisch, ohne mich darum zu kümmern, ob meine Haare in Butter oder Glassplittern landeten, und schloss die Augen. Wenn ich verblasste, würde nichts mehr eine Rolle spielen. Keine Catorcena, keine Kaserne, keine Mama, kein Versagen.
»Aber es gibt noch Hoffnung, Flora«, sagte Valefor eifrig. Ich fühlte, wie er zögernd meinen Kopf tätschelte. »Es gibt noch Hoffnung, wir dürfen nicht verzweifeln. Du kannst uns immer noch retten.«
»Es kümmert mich nicht, Valefor«, sagte ich, ohne die Augen zu öffnen oder den Kopf zu heben. »Geh einfach weg.«
»Aber Flora, willst du dich nicht erlösen? Wir haben nicht viel Zeit, aber wenn ich wiederhergestellt wäre, dann wäre ich stark und glücklich und du auch, denn wir sind miteinander verbunden. Wir sitzen im selben Boot, Flora!«
»Es ist mir egal«, wiederholte ich. »Geh weg, Valefor. «
Aus dem leichten Tätscheln wurde ein leichtes Zupfen und Zerren und ich zog den Kopf weg. »Komm schon, Flora, nur weil du so eine verdrießliche Natur hast, musst du mich nicht mit in den Untergang reißen. Denk mal zur Abwechslung nicht an dich selbst …«
Ich duckte mich unter seinen Händen weg und erhob mich ruckartig, wobei ich den Stuhl umwarf, auf dem ich gesessen hatte. Valefor türmte sich vor mir auf. Seine Augen waren weiß, seine Zähne waren weiß, seine Finger lang und spitz.
»Lass mich in Ruhe, Valefor. Geh weg und lass mich endlich in Ruhe!«
Er wollte sich mir in den Weg stellen, aber er war zu gegenstandslos, um wirklich ein Hindernis zu sein. Ich schob mich einfach durch ihn hindurch und lief nach draußen.
Kapitel 28
Barbizon. Der Teich. Ein Sprung.
V alefor folgte mir nicht, vielleicht war er dazu nicht in der Lage. Der Himmel sah aus wie milchiger Tee und der Mond war ein ausgefranster runder Fleck oberhalb der Baumkronen. Das Tor zum Garten hinter dem Haus stand offen und ich ging hindurch, hinein in die struppige Wildnis. Valefor hatte mit seinen prächtigen Gärten geprahlt – wie vollkommen seine Hecken geschnitten waren, wie makellos die Tierfiguren, die er daraus geformt hatte, wie groß und gerade seine Zypressen –, aber wie überall auf dem Anwesen war auch hier nichts von all seiner Herrlichkeit übrig geblieben außer leerer Prahlerei. Ohne seine Zuwendung war aus den Sträuchern ein Gewirr von Zweigen und Ästen geworden und das Gras war so hoch, dass man sich darin verstecken konnte. Ein schmaler Pfad, den ich im Mondlicht gerade so erkennen konnte, schlängelte sich durch das Gestrüpp und führte zur Versunkenen Pfütze, Crackpots Zierteich.
Hinter dem Tor, am Rand der Pfütze, lag das Grab
von Barbizon, dem Schlachtross meines Urgroßvaters Azucar Fyrdraaca. Das Denkmal für die Stute ist eine so lebensechte Statue, dass es aussieht, als ob Barbizon selbst zu Stein erstarrt wäre, genau im Moment des Angriffs. Sie balanciert auf ihren muskulösen Hinterbeinen, während sie einen Vorderhuf gen Himmel schleudert und ihre Zähne bleckt.
Ich setzte mich
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