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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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viel, aber genug, um ein paar Feuer zu entzünden und es regnen zu lassen, wenn die Göttin mir hold ist.«
    »Für Soldaten ist Grammatica verboten, Poppy, das weißt du.«
    »Dasselbe gilt für Fälschung, meine Liebe, aber das kann manchmal ganz nützlich sein, nicht wahr? Übrigens brauchst du gar nicht so selbstgerecht zu tun, Flora. Auch in dir steckt Grammatica. Ich kann sehen, wie sie in dir fließt – und zwar nicht nur die kleinen Worte, sondern dicke, strahlende – solche, die brennen. Wenn dir die Grammatica erst einmal im Blut steckt, kannst du sie niemals mehr herausbekommen. Sie wächst und verändert dich, wenn du nicht aufpasst.«
    Ein leichter Schauer durchzog mich und ich dachte an die Sache mit dem Haferflockenwort – es war mir in den Kopf gesprungen und aus meinem Mund heraus, obwohl ich schwören könnte, dass ich es vorher weder gehört noch irgendwo gelesen hatte.
    Der kleine glimmende Zigarrenstummel flog durch die Dunkelheit und fiel ins Wasser. »Du weißt doch, dass Barbizon wieder zum Leben erwachen und zu unserer Rettung eilen wird, wenn die Fyrdraacas einmal in echten Schwierigkeiten stecken, nicht wahr? Genauso, wie sie es bei Azucar getan hat.«
    »Ayah, Poppy. Ich kenne die Geschichte.«
    »Nun, ich denke oft, dass ich schon viele Male hier
gesessen habe und der Meinung war, echte Schwierigkeiten zu haben, aber Barbizon ist nie aufgetaucht, um mir zu helfen. Weißt du, was ich glaube?«
    »Dass es nur eine Geschichte ist?«
    »Nein, nein. Dass meine Schwierigkeiten eben keine echten Schwierigkeiten sind. Und dass die Dinge, für wie schlimm ich sie auch halte, nicht wirklich schlimm sind.« Poppy wandte seinen Blick von Barbizon ab und schaute mich an. »Du solltest schwimmen gehen, Flora. Du siehst so tot aus wie das Gras im Winter. Komm schon. Wir springen vom Dach der Torheit. Es wird dir guttun.«
    Die »Torheit« ist ein Sommerhaus, das direkt am Ufer des Teichs steht, wie ein Törtchen auf Stelzen. Seit Generationen benutzen es die Kinder der Fyrdraacas als Spielhaus, aber ich war seit Jahren nicht mehr darin gewesen. Jetzt blickte ich auf seinen dunklen Schemen. »Es ist viel zu hoch, Poppy.«
    »Nayah, ganz und gar nicht. Es ist gerade richtig. Man muss natürlich Anlauf nehmen, um die Regenrinne und das Verandadach davor zu überspringen. Aber man fühlt sich, als würde man fliegen – ganz wundervoll. Der Bogen, den man in der Luft beschreibt, und der Aufprall auf dem Wasser. Und dann der Sog der Strömung.«
    »Das klingt, als würde es wehtun.«
    »Ayah, aber es ist ein köstlicher Schmerz. Komm mit!«
    Er packte meine Hand und zog, und ich war so überrascht, dass ich mich nicht wehrte, sondern mich von dem Stein, auf dem ich gesessen hatte, wegzerren ließ. Während des Krieges war Poppy verwundet
worden, und in der Gefangenschaft hatte man ihn gefoltert. Einer seiner Arme ist kaum noch zu gebrauchen und er humpelt stark. Aber in seinem irren, festen Griff lag keine Schwäche, und ich konnte mich nicht daraus befreien.
    »Poppy!«, protestierte ich. Gestrüpp peitschte gegen meinen Körper, als wir den Pfad entlangrannten. Flynnie sprang hinter uns her und kläffte begeistert, dieser treulose Verräter. Wir stolperten die Eingangsstufen zum Sommerhaus hinauf und hinein in das modrig riechende Innere. An der Treppe nach oben griff ich geistesgegenwärtig nach dem Geländer und hielt mich mit einer Kraft fest, die noch vor wenigen Minuten, als ich in tiefe Verzweiflung versunken gewesen war, nicht in mir gesteckt hatte.
    »Ach, komm schon, Flora, sei kein Spielverderber«, sagte Poppy und zog fester. Ich klammerte mich an das Geländer und er zerrte, und weil er mich mit seiner gesunden Hand gepackt hatte, gewann er das Tauziehen. Polternd liefen wir zwei Treppen nach oben, und wie sehr ich mich auch sträubte und wehrte, Poppys Griff hielt mich eisern umklammert. Als er die Tür zum Dachboden aufstieß, schimmerte der Staub, den wir mit unseren Füßen aufgewirbelt hatten, wie glitzernder Nebel im rosigen Morgenlicht, das durch das offene Flügelfenster hineinfiel.
    »Wer als Letzter drin ist, ist ein Hosenscheißer!«, krähte Poppy vergnügt.
    Ich versuchte es mit einem letzten Ruck, atemlos von unserer Hast die Treppe hinauf, und schaffte es, mich zu befreien.
    »Poppy, bitte nicht …«

    Er wandte sich mir zu, und vielleicht lag es am bleichen Licht und den Schattenstreifen, jedenfalls sah sein Gesicht aus wie ein Totenkopf, ausgebleicht und knochig. Er

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