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Florentinerpakt

Florentinerpakt

Titel: Florentinerpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner Verlag
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und mit
dem Kunden einige Worte wechselte, fiel ihr plötzlich ein, wer der Kerl war.
Oder zumindest, an wen er sie erinnerte. Sie war sich plötzlich ziemlich
sicher, dass es sich dabei um den flüchtigen Weihnachtsmann handelte, den
Bankräuber, dem die Flucht geglückt war. Rasch ging sie zum Kundenpult, um
wieder einmal einen Kugelschreiber als Beweisstück sicherzustellen. Herr
Palinski würde sicher wissen, was damit am besten zu geschehen hatte.
    Nachdem sie das Ding mit einem Taschentuch aufgenommen und
vorsichtig in einem Plastiksackerl deponiert hatte, ganz so, wie sie es aus
›Tatort‹ und den anderen Krimireihen kannte, bat sie den Kollegen von der Kasse
um eine kurze Unterredung.
    »Der Mann wollte wissen, wann Direktor Garber wieder im
Dienst sein wird und ob man ihn irgendwo erreichen kann«, berichtete der
Kassier auf Annis Frage. »Er hat gemeint, er hätte dringend etwas sehr
Wichtiges mit ihm zu besprechen.«
    »Und was haben Sie darauf geantwortet?«
    »Nur die Wahrheit«, erwiderte der Kassier, »dass ich nicht
die geringste Ahnung habe, wann Herr Garber wieder gesund sein wird. Und daher
auch nicht, wann er wieder da sein wird.«
    »Ist Ihnen sonst etwas Ungewöhnliches an dem Herrn
aufgefallen?« Frau Enigler war wirklich nicht so leicht zufriedenzustellen.
    »Das kann man wohl sagen«, meinte ihr Kollege. »Der Mann hat
gelispelt. Aber nicht schlampert.«
    Gut, fand Anni Enigler, damit konnte die Polizei sicher etwas
anfangen. Der Gedanke an diesen unmöglichen Inspektor Musch veranlasste sie
aber, sich neuerlich nicht direkt mit den Ordnungshütern in Verbindung zu
setzen, sondern ein weiteres Mal die Vermittlung Palinskis in Anspruch zu
nehmen. Rasch tippte sie seine Handynummer ein, doch der »Teilnehmer ist im Augenblick
leider nicht erreichbar. Versuchen Sie es später noch einmal«. Na bitte, dann
eben etwas später.

     
    *

     
    Der Anruf für Axel Rossbach leitete gleichzeitig
auch den Auflösungsprozess der Runde in Palinskis Büro ein.
    »So was Dummes«, moserte der Zahnarzt, »hat die Kammer ein
paar Tage vor Weihnachten wirklich nichts Besseres zu tun, als ihre Mitglieder
zu besuchen? Ich muss kurz in die Ordination«, meinte er zu Palinski, »unsere
Bärbel braucht dringend meine Unterstützung.«
    Im Hinausgehen rief ihm Wallner noch ein »Sie kommen doch
heute auch zu meinem Ausstand zum ›Wurzbacher‹? Würde mich freuen« nach. »Falls
mein Wachhund es erlaubt, gerne«, scherzte der Zahnarzt und war schon draußen.
    Das war so schnell gegangen, dass Palinski keine Chance
gehabt hatte, gegen den spontanen Ausritt Axels zu protestieren. Aber was
sollte jetzt auch groß geschehen, am Vormittag und mit der Polizei im Haus,
versuchte er sich zu beruhigen. Allerdings mit nur geringem Erfolg. Irgendwie
erschien es ihm eigenartig, dass gerade jetzt jemand von der Ärztekammer
Rossbach sprechen wollte. Das war zumindest ungewöhnlich. Und auf
Ungewöhnliches reagierte Palinski nun einmal mit Argwohn.
    Wallner hatte inzwischen auch alle anderen Anwesenden für den
Abend zum ›Wurzbacher‹ gebeten und war dabei, aufzubrechen. Ebenso wie Major
Brandtner, der hoffte, dass die Einladung auch für Margit Waismeier galt und
vor allem auch von ihr angenommen wurde.
    Unruhig ging Palinski zum Fenster und blickte in den
Innenhof. Es hatte zwar zu schneien aufgehört, aber die knappe Stunde
Schneefall hatte gereicht, die Szenerie vor seinen Augen in eine wunderschöne
Winterlandschaft zu verwandeln. Irgendetwas fehlte allerdings. Zuerst konnte er
nicht erkennen, was das war. Als aber die Schuhe Wallners ihre ersten Spuren im
jungfräulichen Schnee hinterließen, wusste er plötzlich, was ihn störte. Falls
der Herr von der Kammer innerhalb der letzten halben Stunde gekommen war, und
daran bestand vernünftigerweise ja kein Zweifel, dann musste er von der Straße
zum Eingang Stiege 2, auf der sich Rossbachs Ordination befand, geflogen sein.
Denn der verschneite Zugang war frei von jeglichen Schuhabdrücken.
    Das konnte aber nur eines bedeuten, nämlich, dass etwas nicht
stimmte, irgendeine riesige Sauerei gegen Rossbach im Gange war.
    Er rannte aus seinem Büro, schnappte sich im Vorzimmer einen
dieser langen Schuhlöffel aus Metall, die mit viel Fantasie wie ein römisches
Kurzschwert aussehen konnten, brüllte: »Holt schnell Wallner oder Brandtner
zurück, in der Ordination Rossbachs stimmt irgendetwas nicht!«, und rannte auch
schon

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