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Florian der Geisterseher

Florian der Geisterseher

Titel: Florian der Geisterseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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sie. „Das errätst du nie!“
    Im Kombinieren war Florian jedoch stark. „Moment!“ überlegte er. „August glaubt, Tante Thekla hätte die Flaschen verschwinden lassen, weil er so laut war, vor ihrer Tür...?“
    „Telekinese, genau!“ bestätigte Agathe. „Allmählich wirst du mir unheimlich.“
    Florian hatte inzwischen weiterkombiniert. „Wenn wir sie jetzt wieder reinstellen, weiß er, daß wir’s waren.“
    Agathe sah ihn an. „Da komme ich nicht mehr mit.“
    „Paß auf: Telekinese ist sehr anstrengend. Das weiß er. Zweimal macht sich Tante die Mühe nicht — wird er sich sagen..."
    Agathe schüttelte den Kopf. „Sie kann ja auch an den Wandschrank gegangen sein und die Flaschen versteckt haben. Auf normalem Weg...“
    Da hatte sie recht. Blitzschnell kombinierte Florian. „Nein. Das täte sie nie! Bei ihrer Abneigung gegen Alkohol faßt sie Flaschen nicht einmal an. Auch das weiß er.“
    Agathe lachte und fuhr ihm mit der Hand durchs Haar. „Was in dem Kopf da alles vorgeht! In diesem Dickschädel. Am besten, du läßt dir einfallen, wie die Sache weitergehen soll. Aber sag mir nichts vorher. Manchmal hab ich Überraschungen nämlich ganz gern.“

Medial begabt

    Heute war Florian früher dran.
    Während er das dritte Butterhörnchen mit Honig verdrückte, dachte er angestrengt nach. Agathe war bei den Gästen, und August saß wieder auf dem Holzklotz hinter dem Haus und ließ seinem Selbstmitleid freien Lauf. Wie sehr er litt, war nicht zu übersehen.
    Ob ich Tante Thekla doch verständige? überlegte Florian. Bevor sie’s von Kunden erfährt, oder August selbst zu ihr geht. Ich mach das am besten gleich.
    Kaum gedacht, stand er vor ihrer Tür. Zwar hing das Schild Bitte nicht stören! an seinem Platz. Aber nach seiner Erfahrung war Tante Thekla gar nicht zu stören.
    Ein Klopfen als Ankündigung, er drückte die Klinke und trat ein. Wie immer saß sie in ihrem Sessel. Der Besucherstuhl war leer. Ein günstiger Augenblick also.
    „Entschuldige, ich wollte dir nur sagen, ich... Du! Tante! Hallo! Was ist denn?“ Florian berührte ihre Hand, die auf der Armlehne lag. Sie pendelte leblos hin und her. Er faßte sie an den Schultern: „He!“
    „He!“
    Der Kopf sank zur Seite.
    „Mach keine Scherze!“
    Florian hielt ihr einen Finger unter die Nase. Kein Atemzug. Ratlos sank er auf den Besucherstuhl. Doch gleich sprang er wieder auf, griff mit beiden Händen nach ihren Handgelenken, um sie zu rütteln. Da durchfuhr es ihn wie ein Stromstoß. Starr blieb er stehen und fühlte ein immer stärker werdendes Vibrieren, das von ihrem Körper ausging. Plötzlich sahen ihn die grünen Augen an.
    „So. Da bin ich wieder! In mir. Du Schlingel!“ sagte sie. „Ich war grad in Italien und hab nach deinen Eltern geschaut. Sie kommen zurück. Ich bin ein Stück mit ihnen gefahren. An der Grenze mußte dein Vater den Kofferraum aufmachen und alle mitgebrachten Sachen nachverzollen. Seitdem streiten sie so, daß ich ausgestiegen bin und schleunigst wieder nach Hause. Wie ich so über die Grenze schwebe, am Waldweiher vorbei, seh ich, wie hinten am Haus an unserer neuen Wäscheleine ein Rucksack heruntergelassen wird. Aus Agathes Badezimmer. Kurz darauf erscheinst du, schaust dich um, ob dich auch niemand beobachtet, machst den Rucksack auf und verteilst Augusts Schnapssammlung im Gemüsegarten! Ich bin sehr dafür, daß er ab und zu einen Dämpfer bekommt und verschaffe sie ihm auch in unregelmäßigen Abständen, aber das geht zu weit, Flori ! Seit mehr als zwanzig Stunden keinen Schnaps! Der Mann bekommt Entzugserscheinungen und wird mir ernstlich krank. Denn Agathe — sie steckt ja mit dir unter einer Decke, auch tagsüber — hat die Gästevorräte in der Küche weggesperrt. August saß völlig auf dem Trockenen. Da hab ich ihn schnell in den Garten dirigiert, damit er seine Flaschen wiederfindet. Jetzt ist er zwar geschäftsunfähig, aber morgen wieder fit. Daß du’s mir gerade sagen wolltest, zeigt deine Sensibilität. Du achtest auf die leise innere Stimme, auf die die meisten nicht hören. Du bist absolut medial begabt!“
    Merkwürdig. Durchschaut zu werden — sonst eine Qual, besonders in der Schule — , hier störte es Florian überhaupt nicht. Fast nicht. Tante Thekla war ein Sonderfall. Sein Kopf, der schon wieder kombiniert hatte, meldete: Von dem Zettel hat sie nichts gesagt!
    Die Freude darüber wurde jedoch getrübt. „Meine Eltern kommen wirklich früher zurück?“
    „Mir

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