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Florian der Geisterseher

Florian der Geisterseher

Titel: Florian der Geisterseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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schlafen!“ Und sie wankte hinaus.
    Als Florian am andern Morgen in der Küche beim Frühstück saß, klingelte das Telefon. Agathe war gerade draußen bei den Gästen.
    Das kann nur Tante Thekla sein! dachte Florian. Er kaute zwar noch, aber vor ihr brauchte er sich nicht zu genieren. „Sensitiv“, meldete er sich, um ihr zu zeigen, daß er das Wort nicht vergessen hatte.
    „Hallo! Ist dort Pension Schicksal?“ fragte jemand. Der Stimme nach gab es keinen Zweifel.
    Florian antwortete: „Ja, Papa.“
    „Ach, du bist es, Flori ! Sehr gut. Hör zu: Wir sind früher zurückgekommen, und ich hole dich ab. Etwa in einer Stunde. Pack inzwischen deine Sachen.“
    „Ich möchte aber gern noch bleiben“, bettelte Florian.
    „Das geht nicht!“ erwiderte der Vater streng. „Wir dürfen Tante Thekla nicht länger belasten, als unbedingt sein muß. Wird auch zu teuer, und Mutter möchte dich zu Hause haben.“
    „Jaja.“ Florian bemühte sich mit Erfolg um einen lustlosen Ton. „Dann komm halt.“
    Agathe trat ein. Sie sagte nichts, sah ihm aber an, wer angerufen hatte. Das sah Florian ihr wiederum an und sagte auch nichts. Denn sie trainierten gerade wieder.
    Merkwürdig. Der Anruf stört mich überhaupt nicht. Weil ich drauf vorbereitet bin und weiß, daß ich wiederkomme. Schon bald. Florian setzte sich an seinen Platz und frühstückte weiter.
    August kam herein und suchte etwas in der Tischschublade.
    Florian tippte ihn an: „Ich werde nachher abgeholt. Können Sie’s meiner Tante sagen, wenn Sie den nächsten Kunden zu ihr bringen? Mein Vater möchte sie sicher sprechen.“
    „Oh, Bub!“ Mit verzweifeltem Ausdruck kratzte sich August am Kopf. „Das wirft mir meine ganze Disposition über den Haufen.“
    „Sind ja nur fünf Minuten.“ Florian zwinkerte Agathe zu. „Mein Vater wird sich auch erkenntlich zeigen!“
    „Aber, aber!“ August rang sich sogar ein Lächeln ab. „Das ist doch selbstverständlich. Ich meine, daß ich das hinkriege. Verlaß dich auf mich!“ Mit beschwingtem Schritt, nicht ganz geradeaus, verließ er die Küche.
    Agathe und Florian grinsten. Dann sahen sie einander lange in die Augen.
    „Ja!“ sagte Agathe.
    Und Florian sagte: „Okay.“
    „Du wolltest wissen, ob wir Schnaps zum verkaufen haben. Damit du deinem Vater sagen kannst, er soll August eine Flasche spendieren. Stimmt’s?“
    „Genau!“ bestätigte er.
    „Toll. Wir haben’s ganz schön weit gebracht, seit gestern abend.“
    Da hob Florian den Zeigefinger, sah ihr in die Augen und konzentrierte sich. Bis sie nickte und aufstand.
    Auch er stand auf und ging hinauf in sein Zimmer. Mensch, Agathe! jubelte er unterwegs ohne Ton. Diese wortlose Verständigung ist ja riesig! Bin schon gespannt, ob wir das auch über die Entfernung Neustadt — Pension Schicksal schaffen. Dann wären wir wirklich sensitiv! Er packte seine Sachen zusammen. Gemerkt hab ich’s eigentlich schon an dem Buch über die Kreuzzüge! Irgendwie hab ich gewußt, daß ich da nicht drin lesen würde. Nur hab ich noch nicht drauf geachtet.
    Wie bei seiner Ankunft, trat er auch jetzt, vor der Abreise, ans Fenster. Drunten standen die Pilzschirme; auf dem Parkplatz kehrte August Blätter zusammen. Ein Blick auf die Uhr. Florian blieb am Fenster. Er sah den Vater kommen, sah ihn zaghaft parken, während August zügig winkte, ihm die Tür öffnete und ihn mit großen Gesten zu Tante Thekla geleitete, damit er ausreichend Grund habe, sich erkenntlich zu zeigen. Erst als sie im Haus verschwunden waren, nahm Florian sein Gepäck. Es war schön gewesen, hier oben.
    „Auf Wiedersehn“, sagte er auf dem Vorplatz zwischen den drei Türen. Unten im Flur hing wieder das Schild: Bitte nicht stören!
    Von drinnen hörte Florian die Spieldosenmusik.
    Mein Vater bezahlt für meinen Aufenthalt! kombinierte er. Ist auch richtig! Tante Thekla war für ihn bisher wie eine Fremde — das schwarze Schaf in der Familie.
    Er drückte die Klinke.
    „Da bist du ja!“ Sein Vater stand vor dem Besucherstuhl. „Wir warten schon auf dich.“ Mehr sagte er nicht.
    „Ich wollte nicht stören, solang du bezahlst“, antwortete Florian und erntete einen erstaunten Blick vom Vater, während Tante Thekla vor sich hin schmunzelte.
    „Wir haben uns glänzend verstanden, dein Sohn und ich!“ berichtete sie. „Er kann jederzeit wiederkommen. Dann aber als mein Gast.“
    „Soso.“ Der Vater schaute, als sei das sein Verdienst.
    „Papa, du mußt August noch was geben!“

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