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Florian und das Geisterhaus

Florian und das Geisterhaus

Titel: Florian und das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Cesare müssen mit ihren Eltern sofort nach Hause zum Osteressen; Teresa redet mit Frauen und findet kein Ende. Da kann er herumstreifen zwischen den Gruppen vor der Kirche.
    Drei Männer, die Filippo nicht kennt, stehen zusammen und reden. Florian verlagert das doppelte Bewußtsein, tritt in den Kreis und fragt: „Sagt mal, wie findet ihr mich? Nett? Liebenswert? Toller Bursche?“
    Einen Augenblick stutzen die Männer; sie sind aber nicht überrascht, sie lachen.
    Einer fährt ihm mit der Hand durchs Haar und sagt: „Von allen Kindsköpfen, die ich kenne, bist du der größte!“
    Die beiden anderen lachen schallend.
    Florippo hat sich auf dem Absatz herumgedreht. Mit verhakten Mittelfingern und gespitzten Ohren schlendert er weiter zwischen den Gruppen herum.
    Eine Mutter klagt einer anderen ihr Leid über ihren Sohn, der überall rausfliegt, weil er ständig lügt. Florian stellt sich dazu und verkündet: „Ich lüge nie! Dazu bin ich zu klug. Lügen trainiert zwar das Gedächtnis, weil man sich viel merken muß, aber das kann man auch mit Wissen.“
    „Ja, so was!“ sagt die erste, und die andere meint spitz: „Du lügst schon, bevor du den Mund aufmachst. Das sieht man sofort, kleiner Angeber!“
    Florian hat kehrtgemacht und schaut sich nach neuen Versuchskaninchen um. Die schwarze Kugel redet zum Glück noch immer.
    Zwei große Familien stehen zusammen, mit insgesamt fünfzehn Kindern — handgezählt. Es geht entsprechend laut zu. Die Eltern prahlen gerade mit ihren Größten.
    „Rosina ist achtzehn!“ sagt der eine Vater.
    „Mein Francesco ist schon neunzehn!“ übertrumpft ihn die andere Mutter.
    Da tritt Florippo ungeniert in die Mitte und verkündet: „Ich bin sogar neunzehneinhalb!“
    „Du?“ Die Kinder johlen, ihre Eltern schütteln die Köpfe.
    „Bestimmt!“ bekräftigt er todernst. „Ich mag nur nicht so alt aussehen.“ Dann spitzt er auf die Reaktion. Sie lachen nicht einmal, sehen ihn nur mitleidig an.
    Langsam, ohne ein weiteres Wort, schlendert er davon und hört noch, wie die eine Mutter flüstert: „Das war Filippo, der Ärmste von allen. Er scheint ein bißchen verdreht im Kopf. Wahrscheinlich vor Unterernährung.“
    Interessant! denkt Florian. Wird Filippo deswegen nicht ernst genommen? Vorurteil? Oder ist es das Aussehen? Vielleicht beides zusammen? Muß zu Hause unbedingt die Gegenprobe mit meinem eigenen Körper machen! Was für Vorurteile könnten sie dort haben? Neffe einer Hellseherin? Ist vielleicht noch schlimmer als Armut...?
    Allmählich bekommt er sie zu spüren. Als Sonntagsessen wärmt Teresa den Rest Spaghetti auf. Beide werden nicht satt. Die Laune aber läßt sich die schwarze Kugel dadurch nicht verderben. Für den Abend verspricht sie Delikates, denn am Nachmittag muß sie bei wohlhabenden Leuten auf ein krankes Kind aufpassen, solange die ihre gleichfalls kranke Oma in der Stadt besuchen.
    „Vielleicht kannst du dich auch irgendwo nützlich machen, Ippocampo !“ meint sie fröhlich. „An Feiertagen sind die Leute spendabler als sonst.“
    Das trifft sich gut.
    Am Nachmittag wollte er unbedingt hinüber zum Hotel und versuchen , mit den Eltern ins Gespräch zu kommen, als armer, einheimischer Junge. Und ins Wasser wollte er auch, Filippos Riesenlunge beim Tauchen ausprobieren.
    Seine Sonntagssachen darf er nicht anbehalten.
    „Wenn du mit den Schuhen ankommst, gibt dir kein Mensch was!“ hat Teresa gesagt. Sie kennt sich aus. Sie hat eine lange Berufserfahrung im Geschäft mit dem Mitleid. Da kommt es auf jede Kleinigkeit an.
    Barfuß, mit der ausgefransten Hose und dem ärmellosen Trikot von undefinierbarer Färbung, macht er sich auf den Weg am Strand entlang, nachdem die schwarze Kugel weggerollt ist. Das Haus läßt sich nicht abschließen. Zu holen gibt’s da sowieso nichts.
    Zuerst zu den Eltern oder zuerst ins Wasser?
    Florian entscheidet sich für die Eltern, was er mit dem eigenen Körper nicht getan hätte. Er will sehen, ob sie überhaupt da sind.
    Vom Strand schaut er in die Liegestühle und zur Terrasse hinauf. Da kommt einer vom Hotel auf ihn zu und fährt ihn an: „Scher dich weiter. Sofort!“

    Gäste schauen gestört auf.
    „Ich mach doch gar nichts“, sagt Filippo.
    „Das sagt ihr immer!“ gibt der Mann zurück. „Und nachher fehlt was. Los, verschwinde!“
    „Mit Vorurteilen soll man vorsichtig sein!“ sagt Florian.
    Der Hotelmensch hat schon ausgeholt. Filippo duckt sich und rennt davon.
    Was jetzt? überlegt Florian in

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