Fluch der Engel: Roman (German Edition)
und entkam Naguals Angriff mit einem gekonnten Sprung zur Seite. Mit den Eigenarten von Racheengeln kannte er sich bestens aus.
»Warum sollte ich lügen?«, provozierte er Goldauge. »Und warum sie?« Aron zeigte auf mich.
Mein Herz pochte in Discolautstärke. Naguals Aufmerksamkeit war mir sicher. Selbst seine Gereiztheit übertrug sich auf mich. Ichatmete tief durch und zwang mich, einen kühlen Kopf zu bewahren.
»Aron hat mir gezeigt, was ich tun muss, um meine Engelseele zu schützen – was sie leider nicht vor mir selbst bewahrt«, gab ich zu, nicht völlig immun gegen meine dämonische Seite zu sein.
»Verrat es mir!« Naguals fordernde Stimme flößte mir Angst ein. Dass er mit seinen Klauen mich anstatt Aron am Kragen packte, half nicht gerade, sie zu vertreiben.
»Es wird dir nicht viel nützen, zu wissen, dass du deine Engelskräfte auf deinen verwundbarsten Punkt konzentrieren musst. Du warst schon zu oft ein Schattenengel, um deinem kämpferischen Naturell widerstehen zu können«, erklärte Aron an meiner Stelle.
»Und sie kann es?« Nagual blieb skeptisch.
»Ja«, antworteten Aron und ich gleichzeitig.
»Dann zeig es mir, kleiner Engel .« Nagual ließ mich los. Die Drohung, die in seiner erbarmungslosen Stimme lag, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Er würde weder mich noch Aron schonen, falls wir ihm etwas vormachten.
Aron warf mir einen fragenden Blick zu. Ich nickte. Er wollte wissen, ob ich bereit war, Nagual zu beweisen, dass ich meine Seele schützen konnte.
»Sie benötigt ein wenig Hilfe, solange sie noch menschlich ist«, erklärte Aron. »Ich habe zwar nicht mehr genügend Bannzauber übrig, um Lynn dauerhaft zu schützen, aber genug, um dir zu beweisen, wozu sie fähig ist.«
Aron verließ die Basilika, um den Bannzauber zu holen, und Nagual brachte mich in einen der angrenzenden Räume. Immerhin erlaubte er Paul, die Schnittwunden zu versorgen, während er mit dem geübten Blick eines erfahrenen Racheengels beobachtete, wie meine Panik mit jeder Minute wuchs.
Als Aron zurückkehrte, bebte ich vor Anspannung. Er schenkte mir ein beruhigendes Lächeln und schickte Paul aus dem Zimmer. Je weniger Paul wusste, umso besser war es für den angehendenWächterengel – auch wenn uns Paul sichtbar ungern mit Nagual allein ließ.
»Was hast du da?«, fragte Goldauge misstrauisch, als Aron das von einem silbernen Netz umsponnene Fläschchen hervorholte.
»Einen Bann, der verhindert, dass Lynn Schutz in einer Ohnmacht findet.«
»Du Schinder!« Flüssige Goldsprenkel loderten in Naguals Augen. »Du nimmst ihr die Möglichkeit, dem Schmerz zu entfliehen?«
»Besser, als ein Schatten zu werden«, zischte ich. Naguals Argwohn Aron gegenüber ärgerte mich.
»In dem Moment, in dem Lynn zu sich kommt, wäre sie angreifbar. Doch abgesehen davon kann sie sich vor einem Übergriff schützen – solange es keine körperlichen Schmerzen sind«, setzte Aron seine Erklärung fort, ohne auf meinen Kommentar einzugehen. Obwohl er gelassen wirkte, wusste ich, dass er es nicht war. Die Falten auf seiner Stirn verrieten ihn. Mich an meine Grenzen zu treiben gefiel weder Aron noch mir. Allerdings war das nicht der alleinige Grund für seine Sorgenfalten. Doch erst als er Nagual das silberumwobene Fläschchen reichte, dämmerte mir, was Aron vorhatte: Nicht er, sondern Goldauge sollte die Widerstandskraft meiner Engelseele testen.
Ich zuckte zurück. Adrenalin schoss durch meine Adern. Flucht schien meine einzige Rettung – und gleichzeitig Christophers Untergang. Aron spürte meine Panik und zog mich beiseite, während Nagual das Silberfläschchen beäugte.
»Er wird schnell erkennen, dass ein normaler Engel deiner Seele nichts anhaben kann. Und falls er zu weit gehen sollte, werde ich einschreiten«, raunte er mir ins Ohr. »Aber ich glaube nicht, dass er das tun wird.«
»Und weshalb bist du dir da so sicher?« Arons Zuversicht teilte ich nicht. Nagual war ein mächtiger Engel, vielleicht sogar stärker als Christopher. Grausamer allemal.
»Nagual ist ein Racheengel. Er weiß besser als ich, wie du dich fühlst, wenn er versucht, dich in deinen Schatten zu zwingen.«
Obwohl Arons Aufmunterungsversuch mich nicht im Geringsten beruhigte, trat ich einen mutigen Schritt auf Nagual zu. Je schneller ich es hinter mich brachte, umso besser standen die Chancen für Christopher, Sanctifer zu entkommen.
»Knie nieder und nimm den Bann auf«, befahl Nagual, bereit, mir die geöffnete Dose
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