Fluch der Engel: Roman (German Edition)
Bleibende Schäden werden dabei sicher nicht entstehen.«
Mein Gegenschlag traf besser als seiner. Raffaels rechte Augenbraue zuckte. Die Haut darüber verschwand und zeigte sein wahres, vom Feuer gezeichnetes Gesicht. Ich schaute beiseite, um mein Entsetzen zu verbergen. Der gequälte Zug um Raffaels Mund entging mir trotzdem nicht.
»Wie ich sehe, seid ihr beiden noch zusammen«, sagte Christopher mit Blick auf Raffaels um Julianes Taille geschlungenen Arm – bestimmt, um mich aus der Schusslinie zu rücken.
»Und ihr, wie ich sehe, wieder?«, antwortete Raffael. Sein scharfer Ton ließ mich nach Luft schnappen. Er musste lebensmüde sein – oder ziemlich sicher, dass Christopher ihm nichts antun würde. Ich tippte auf Letzteres.
»Ich hoffe, du hast kein Problem damit?«, setzte Christopher das Wortgefecht fort.
»Ich?! Ganz bestimmt nicht!« Zum Beweis zog Raffael Juliane dichter an sich heran und drückte ihr einen innigen Kuss auf den Mund. Ich hoffte, dass Juliane ihm eine kleben würde. Doch anstatt sich zu wehren, schmiegte sie sich enger an ihren Freund .
Raffaels Geruch nach Kiefernholz wehte zu mir herüber. Ich verdrängte ihn mit dem Kakaoduft aus meiner Tasse. Raffael war ein Flüsterer. Für ihn war es eine Kleinigkeit, Juliane davon zu überzeugen, dass sie gerne von ihm vorgeführt wurde. Und obwohl meine Freunde unter besonderem Engelschutz standen, schlich sich ein ungutes Gefühl bei mir ein – Philippe war schließlich trotzdem entführt worden. Juliane nach Venedig zu locken, würde Raffaelnicht schwerfallen. Ich sollte ihr die Augen öffnen – oder Raffael vertreiben.
»Ja, dann … Da es dich ja wohl doch nicht so sehr erwischt hat mit … mit der Grippe und du offensichtlich in besten Händen bist, können wir ja wieder gehen.« Marisa stand noch immer ein wenig neben sich. Christopher bei mir im Zimmer vorzufinden machte sie sprachlos. Dass sich hier ein Gewitter zusammenbraute, entging ihr dennoch nicht. »Juliane, ich und … äh … wir … wir schauen vielleicht besser vor dem Abendessen noch mal bei dir vorbei, falls … wenn das okay für dich ist.« Raffael hatte sie bestimmt absichtlich ausgespart.
»Klar, gerne«, antwortete ich und grinste ihr verschwörerisch zu, als sie Raffael und Juliane aus meinem Zimmer bugsierte. Sie war schon immer der Meinung gewesen, dass Christopher und ich zusammengehörten.
»Du darfst ihm nichts tun?«, fragte ich Christopher, als wir wieder allein waren.
»Du auch nicht«, erwiderte er. »Er steht unter dem Schutz eines Ratsmitglieds – was uns bekannt ist. Sollte ihm etwas zustoßen, würde das Konsequenzen nach sich ziehen.«
»Und die wären?«
»Nicht besonders erfreulich.« Christophers Gesichtszüge verhärteten sich. Seine Augen blickten in eine andere Welt – eine Welt voller Schmerz und Dunkelheit.
Am Abend gab Christopher mir mein silbernes Armband mit dem Engelsmedaillon zurück, damit ich ins Schloss der Engel wechseln konnte, um auch dort meine Schulkarriere fortzusetzen.
»Deinen Wangen nach zu urteilen, scheint Christopher dir wieder ein wenig Leben eingehaucht zu haben«, begrüßte Aron mich mit einem amüsierten Blick, worauf das zarte Rosa sich in ein kräftiges Rot verwandelte.
»War es nicht das, was du wolltest? Dass Christopher mich wärmt? Oder gab es einen anderen Grund, warum du mich eigenhändigins Internat gebracht hast, obwohl du nicht besonders gerne in der Menschenwelt bist?«
»Hätte ich dir jemand anderen schicken sollen?«, wechselte Aron auffallend schnell das Thema.
»Nein – und danke, dass es Christopher war.«
»Wer sonst könnte dich schneller wieder beruhigen?!«
Darum also. Christopher sollte weiterhin auf mich aufpassen, falls meine Selbstkontrolle bröselte. Schließlich durfte in der Menschenwelt niemand erfahren, dass ich ein Engel war – und schon gar nicht, was noch in mir steckte.
Anstatt nachzuhaken, kam ich auf Arons Themenwechsel zurück. »Welches Problem hast du eigentlich mit der Welt der Menschen?«
»Keines«, war seine knappe Antwort. Als er sah, dass ich nicht bereit war, mich so schnell abspeisen zu lassen, blieb er stehen. »Obwohl ich nicht dein Tier- oder Engelskundelehrer bin, werde ich dir jetzt ein paar grundlegende Dinge beibringen. Eines haben alle Spezies gemeinsam, egal ob Schlangen, Vögel, Menschen, Engel oder Dämonen: Wir pflanzen uns fort.«
»Schon klar, aber Engel werden ja nicht geboren, sondern …« Aron ließ mich nicht ausreden – mal
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