Fluch der Leidenschaft
und gänzlich Bastard FitzRogers Gemahlin seid!«
Sie versuchte, sich von ihm loszureißen, doch er packte sie eisern am Handgelenk. Trotz seines schwabbligen Fleisches war er sehr kräftig.
»Ihr habt kein Recht, mir so etwas abzuverlangen, Mylord. Ich habe Euch gesagt …«
»Tut es«, zischte er, »oder ich bringe diese Sache vor ein Kirchengericht und lasse Euch in ein Kloster sperren, bis sie entschieden ist. Eine Untersuchung wird schon bald die Wahrheit ans Licht bringen!«
Imogen erstarrte. Wenn sie jetzt um Hilfe rief, war sie zwar für den Augenblick gerettet, doch die Drohung würde bestehen bleiben. Wenn sie die Wahrheit eingestand, endete sie womöglich als Lancasters Gemahlin; Henry konnte sich nicht auf alle Zeit gegen ihn stellen. Das Beste, was passieren konnte, war, dass sie und FitzRoger noch eine Chance bekamen und ihr Gemahl sie skrupellos zum Vollzug der Ehe zwang.
Lieber das als Ersteres, dachte sie. Aber es würde ihre Ehe wohl zerstören.
Sie bat Gott um Vergebung und legte dann eine Hand auf das Kreuz. »Ich bekenne beim Kreuz, dass ich wahrhaft und gänzlich die Gemahlin Tyron FitzRogers, des Lords von Cleeve, bin.« Dieses Mal ließ Lancaster zu, dass sie von ihm abrückte.
Kein Blitz zuckte vom Himmel hernieder, um sie zu verbrennen, doch sie hatte ein Gefühl, als sei ihre Seele gestorben.
Imogen stand auf und strich sich mit zitternden Händen die Röcke glatt. »Daran habt Ihr nicht gut getan, Mylord. Ihr wisst, dass ich sehr behütet aufgewachsen bin und solche Dinge mir äußerst unangenehm sind. Es tut mir leid, dass Euer Wunsch, mich zu heiraten, enttäuscht wurde, aber wenn Ihr dem König treu dient, wird er sein Versprechen sicher einlösen und sogar noch eine größere Auszeichnung für Euch finden.«
Lancaster starrte sie wütend an. »Es gibt in England keine Auszeichnung, die größer wäre als Ihr, Imogen von Carrisford. Wenn ich daran denke, wie sehr ich mich in den letzten Monaten bemüht habe … ich habe Euch behandelt wie die Selige Jungfrau. Ich hätte Euch einfach niederwerfen und vergewaltigen sollen!«
Sie wich seinem aufgebrachten Blick aus. »Mein Vater hätte Euch getötet.«
Er lachte höhnisch. »Euer lieber Vater war ein Pragmatiker, und meine Macht war der seinen ebenbürtig. Es wäre ihm nichts anderes übrig geblieben, als Euch mit mir zu vermählen.« Er erhob sich und beugte sich drohend über sie. »So oder so, Imogen von Carrisford, Ihr werdet Mein werden!«
Damit stolzierte er davon.
Imogen war speiübel. Die letzte Drohung war ebenso gegen FitzRoger gerichtet wie gegen sie, und nun wusste sie ja, dass man selbst in der Blüte seiner Manneskraft nicht gegen einen plötzlichen, verfrühten Tod gewappnet war.
Ihr Vater war ermordet worden.
Und nun hatte sie einen falschen Eid geleistet.
Sie wollte in die Kapelle eilen und um Führung und Vergebung bitten, aber wahrscheinlich würde Lancaster sie beobachten und gerade auf einen solchen Hinweis lauern.
Sie wollte bei Father Wulfgan die Beichte ablegen, doch das würde sicher noch verhängnisvollere Folgen nach sich ziehen.
Aber was, wenn sie mit einer solchen Sünde auf ihrer Seele starb?
Nachdenklich spazierte sie im Garten auf und ab. Was sollte sie von der Art, wie ihr Vater gestorben war, halten? Sie konnte und wollte nicht glauben, dass FitzRoger dabei seine Hand im Spiel gehabt hatte, aber vielleicht der König …
Noch wahrscheinlicher Warbrick.
Erleichtert klammerte sie sich an diesen Gedanken. Denn wenn der König dabei eine Rolle gespielt hatte, würde die Verbundenheit mit ihm auch auf FitzRoger ein schlechtes Licht werfen.
Aber bestimmt hatte Henry Schuld am Tod seines Bruders. Durch einen Pfeil, bei der Jagd.
Und nun war FitzRoger zum Feind von Lancaster geworden. Würde ihr Gemahl der Nächste sein, der durch einen »Unfall« sein Leben einbüßte? Er war gerade in diesem Moment auf der Jagd …
Sie zwang sich, solche Gedanken zu verdrängen, um sich nicht selbst verrückt zu machen. Er war schließlich auch gestern auf der Jagd gewesen.
Aber gestern war Lancaster noch nicht hier gewesen.
Doch nun verdächtigte sie ihn eines heimtückischen Mordkomplotts! Er konnte nicht schuldig sein, denn sonst hätte er weder seinen eigenen Arzt geschickt noch sich so lange Zeit gelassen, um hierherzukommen …
Imogen bemerkte, wie die Gärtner sie neugierig beäugten. Sie durfte ihr Entsetzen nicht so offen zeigen. Und sie konnte auch nicht tun, was sie am liebsten getan hätte,
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