Fluch der Leidenschaft
hat eine Gemahlin, hat also nicht einmal diese Entschuldigung für seine Lasterhaftigkeit!«
»Wenigstens ist FitzRoger nicht so lasterhaft.«
»Er hat Euch, um seine frevelhafte Lust zu befriedigen.« Der Priester sah sie durchdringend an. »Seid Ihr im Herzen rein geblieben, Tochter? Ich habe gesehen, wie er Euch noch vor Sonnenuntergang aus der Gesellschaft wegführte.«
»Wir haben Schach gespielt!«, entgegnete sie rasch.
»Schach?« Er kniff die Augen zusammen.
»Jawohl.« Imogen wollte nicht noch mehr Fragen und nicht noch eine Gebetsstunde über sich ergehen lassen. Lieber traf sie den Grafen. »Ich werde mit Lord Lancaster im Garten sprechen«, erklärte sie. »Sagt ihm das bitte.«
Wulfgan musterte sie etwas ungläubig ob dieser Aufforderung, doch er segnete sie und fügte sich.
Lieber Gott, wie sollte sie es schaffen, Wulfgan zu entlassen, wenn es ihm ein Leichtes war, sie in die Rolle eines Kindes zu drängen? Es war ein verlockender Gedanke, dies FitzRoger zu überlassen, aber sie wusste, dass das einzig und allein ihre Aufgabe war. Zuerst musste sie sich jedoch mit Lancaster auseinandersetzen.
Dass der Graf Wulfgan auf seine Seite gezogen hatte, war so interessant wie gefährlich. Er hatte seine Niederlage also nicht akzeptiert. Argwöhnte er, dass die Ehe noch nicht wirklich vollzogen war? Hatte sie etwas zu Wulfgan gesagt, woraus dieser einen solchen Schluss ziehen konnte?
Nein, das glaubte sie nicht.
Also musste sie nun Lancaster überzeugen.
Sie wischte sich die feuchten Hände an ihrem Rock ab und rief nach Elswith, um sich zu vergewissern, dass ihr Äußeres makellos war. Am Morgen hatte sie sich von ihrer neuen Zofe als Erstes zwei dicke Zöpfe machen lassen, in die Seidenbänder eingeflochten waren, doch nun legte Imogen auch noch einen Schleier an und befestigte ihn mit einem schweren Goldreif, um ihren Status als Ehefrau zu unterstreichen.
Dann schritt sie würdevoll nach unten.
Ihre Mutter hatte den Garten in einem ummauerten, rechteckigen Areal neben dem Wohnturm angelegt. Lord Bernard hatte ihn im Gedenken an seine Gemahlin sorgsam gepflegt, und auch Tante Constance hatte sich darum gekümmert. Imogen liebte ihn, sie selbst arbeitete jedoch nicht darin, denn mit Pflanzen hatte sie keine glückliche Hand.
Sie hätte sich wegen des Gartens keine Gedanken zu machen brauchen. Bislang hatte sie ihn bei ihren Erkundungen ausgelassen, und umso größer war nun ihr Entsetzen. Wie hatte sie nur glauben können, Warbrick hätte ausgerechnet dieses Fleckchen Erde verschont?
Die kostbaren Rosen hatten keine Blüten mehr, und die Äste der meisten Bäume waren niedergebogen oder abgebrochen. Offenbar hatten nur die dornigen Büsche den Zorn der Invasoren unbeschadet überstanden. Die kleineren Pflanzen – Blumen und Kräuter – waren zertrampelt.
Zwei Männer waren damit beschäftigt, die Spuren der Zerstörung zu beseitigen.
»Der Garten wird erst im nächsten Jahr wieder hergerichtet werden«, sagte sie zu dem einen. »Und bis er seine einstige Schönheit wiedererlangt hat, wird es wohl noch Jahre dauern.«
Der Mann verbeugte sich mit einem Lächeln. »Nein, Lady. Schon in ein paar Wochen wird sich vieles zum Besseren verändert haben. Es sieht schlimmer aus, als es ist. Das überstehen wir, und der ganze Garten wird so schön, wie er war, wenn nicht sogar noch schöner.«
Als Imogen genauer hinsah, bemerkte sie, dass der Gärtner recht hatte. Pflanzen wirkten fragil, doch sie hatten ihre eigene innere Kraft. Viele verbogen sich nur, statt zu brechen. Warbricks Leute hatten es zu eilig gehabt, um hier wirklich großen Schaden anzurichten; der überwiegende Teil der Pflanzen würde überleben.
Hier und da waren doch noch vereinzelte Rosen zu sehen, selbst wenn die Hälfte der Blütenblätter fehlte und so mancher Stiel geknickt war. Nicht alle Blätter fehlten, und sie sah auch Knospen, die erst noch aufblühen würden. Die niedergetrampelten Pflanzen richteten sich aus eigener Kraft bereits wieder auf, wuchsen und trieben neue Blüten.
Imogen pflückte einen zu Boden gedrückten Rosmarinzweig ab und sog den herrlichen Duft ein.
Der Garten war ein Symbol für die Zukunft. Carrisford konnte sich von diesem brutalen Ereignis erholen, und auch sie würde es können. Wurde sie nicht »die Blume des Westens« genannt? Blumen waren keine schwachen Geschöpfe. Dass man ihr so zugesetzt hatte, das würde sie nur stärker machen …
»Ah, da seid Ihr ja!«
Imogen drehte sich um und sah
Weitere Kostenlose Bücher