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Fluch der Leidenschaft

Fluch der Leidenschaft

Titel: Fluch der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Beverley
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anders.
    Die aufgehende Sonne hätte durch rotes, gelbes und blaues Glas scheinen sollen, doch das Licht fiel ungefiltert ein. Imogen stöhnte leise auf, als sie sah, dass ihr kostbares Buntglasfenster in Scherben lag.
    Niedergeschlagen sah sie sich das ganze Ausmaß der Zerstörung an. Die Wandteppiche waren heruntergerissen und hingen in Fetzen, Truhen und Kästen waren ausgeleert worden, ihre Kleider lagen im Raum verstreut. Mutwillige Verwüstung. Sie konnte sich vorstellen, wie der vor Wut rasende Warbrick ihre Garderobe mit bloßen Händen zerrissen hatte.
    FitzRoger stieß mit dem Fuß gegen einen der Haufen. »Ihr müsst ihn ja wirklich ziemlich verärgert haben, wie?«, meinte er lächelnd.
    Und Imogen merkte, dass sie sein Lächeln erwiderte, wenn auch nur schwach. Plötzlich kam ihr die Zerstörung wie der Preis des Sieges vor, nicht wie eine Niederlage. Sie wischte die Tränen ab, die ihr über die Wangen liefen. »Offenbar habe ich das.«
    Er trat ans Fenster, wohl um die Lage zu überblicken. Immer am Kontrollieren, stets auf der Hut, dachte sie bei sich. »Ich habe nur wenige Burgbewohner gesehen«, bemerkte er. »Die meisten Toten sind Leute von Warbrick. Wir haben zwei Männer verloren, soweit ich weiß.«
    »Ist meine Tante hier?«
    »Von einer Lady habe ich nichts gesehen.«
    Imogen wollte sich nach Bert erkundigen, wagte es jedoch nicht. Wenn er tot war, dann war es allein ihre Schuld.
    »Sobald Eure Fahne wieder im Wind flattert«, sagte FitzRoger, »werden Eure Leute schon zurückkommen.« Er drehte sich um. »Bis dahin essen wir alle kärglich, und Ihr werdet eine ziemlich raue Dienerschaft haben. Seid Ihr verletzt?«
    »Nein«, erwiderte sie und war selbst überrascht. »Nach diesem Schlag auf den Schild tut mir zwar alles noch mehr weh, aber ich glaube, verletzt bin ich nicht.«
    »Das habt Ihr sehr gut gemacht. Ihr habt nicht versucht, den Schild von Euch weg zu halten – dabei hättet Ihr Euch den Arm gebrochen –, und die Leiche hat den Schlag abgefedert.«
    Imogen wollte abstreiten, absichtlich einen toten Körper für einen solchen Zweck benützt zu haben, aber es erschien ihr zu mühselig.
    FitzRoger lehnte sich aus dem Fenster, rief hinunter und wandte sich dann wieder ihr zu. »Braucht Ihr irgendetwas?«, fragte er sie und fügte dann hinzu: »Ich meine, etwas Dringliches?«
    Sie sagte sich, dass er dabei kaum an etwas Kaltes zu trinken und frische Kleider dachte, und schüttelte den Kopf. Wieder fragte sie sich, was er wohl vorhin gemacht hatte, als er nicht bei seinen Männern gewesen war.
    Dann setzte ihr Herz vor Schreck einen Schlag lang aus. Hatte er am Ende ihre geheime Schatzkammer geplündert?
    »Die Männer dort draußen hätten gut etwas Führung gebrauchen können«, bemerkte sie versuchshalber. »Hättet Ihr die Sache nicht in die Hand nehmen sollen?«
    Er warf ihr einen vorsichtigen Blick zu. »Sie sind ganz gut zurechtgekommen. Was ist los? Habt Ihr Angst, dass Euer Arbeiter seinen Lohn nicht wert ist, Lady Imogen? Dabei haben wir über die Bezahlung doch noch gar nicht gesprochen.«
    Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie bei ihm soeben einen Nerv getroffen hatte, doch bevor sie weiterbohren konnte, erklärte er: »Ich lasse eine Wache vor der Tür. Dieses Mal bleibt Ihr, wo Ihr seid. Wenn wir einigermaßen Ordnung geschaffen haben, komme ich wieder.« Damit war er verschwunden, noch ehe sie Einwände erheben oder weitere Fragen stellen konnte.
    Imogen hatte dazu auch gar nicht wirklich Lust. Sie war zu Hause, und Bastard FitzRoger kümmerte sich um alles, mochte er auch noch so viele Fehler haben. Nicht nur die letzte Nacht, in der sie kaum geschlafen hatte, sondern auch der Schrecken und die Anstrengung der letzten beiden Tage hatten sie vollkommen erschöpft.
    Vorübergehend legte sie ihre Welt in stärkere Hände. Beim Einschlafen hörte sie immer wieder seine raue Stimme: »Das habt Ihr sehr gut gemacht.« Es war ein überraschend schöner Trost für sie.
    Ja, sie hatte es sehr gut gemacht. Schließlich hatte sie ihre Burg wieder. Vielleicht wäre ihr Vater stolz auf sie gewesen.
    Imogen wachte auf, halb verdurstet, schwach und mit Kopfschmerzen, und stellte fest, dass es noch immer früh am Morgen war. Die Sonne begann eben erst, den Raum voll zu erhellen. Ein Geräusch ließ sie hochfahren, und eine Frau trat an ihre Seite.
    »Martha?«, fragte sie, eine der Bewohnerinnen von Carrisford erkennend. Martha war eine besonders geschickte Weberin. War vielleicht alles

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