Fluch der Leidenschaft
hatte eine so sichere Position, dass sie ihn nicht treffen konnte. Aufgebracht schlug sie mit beiden Fäusten auf das Bett ein. »Macht es Euch nichts aus, eine Frau zu heiraten, die Euch so sehr hasst?«
Er erwiderte nichts, doch einen verräterischen Moment lang schloss er die Augen.
Imogen hatte Blut geleckt. »Was schützt Euch vor einem Messer in der Nacht oder Gift in Eurem Becher, FitzRoger?«
»Der Scheiterhaufen, auf dem eine Gattenmörderin verbrannt wird?«
»Keine Sorge, ich bin sicher schlau genug, dass ich das verhindern könnte.«
»Das glaube ich auch. Die Wahrheit ist, dass ich Eurer Bösartigkeit ebenso ausgeliefert sein werde wie Ihr der meinen.«
Imogen schauderte. »Ist das eine Drohung?«
»Eine Tatsache. Ich werde an Eurer Seite schlafen, Imogen. Wenn Ihr mich ermorden wollt, werde ich dagegen nicht viel tun können.« Er nahm seinen Dolch aus der Scheide und warf ihn vor ihr auf das Bett. »Für den Fall, dass Ihr keinen habt, der scharf genug ist. Unerfahrene stechen in die Brust, aber das ist sehr riskant, sie ist gut geschützt. Wenn Ihr mich töten wollt, Ginger, dann schlitzt mir den Bauch auf oder stecht mir in die Kehle. Aber leistet gleich beim ersten Mal ganze Arbeit. Einen zweiten Versuch werdet Ihr nicht bekommen.«
Damit war er verschwunden.
Imogen ergriff das lange Messer mit zitternden Fingern und prüfte vorsichtig die Klinge. Trotz aller Achtsamkeit schnitt sie sich in den Daumen. Es war unglaublich scharf – ein Jagdmesser, nicht für den Gebrauch bei Tisch gedacht. Sie stellte sich vor, wie es Haut und Fleisch durchschnitt …
Nachdenklich leckte sie sich das Blut vom Daumen. Was sollte sie tun? Welche Möglichkeiten hatte sie, realistisch besehen? Keine außer dem Kloster; doch der Ehrlichkeit halber musste sie sich sagen, dass das nichts für sie war.
Sie wünschte, dies möge nicht ihr Hochzeitstag sein. Sie wünschte, ihr Vater wäre noch am Leben und würde sich um sie kümmern. Sie wünschte, FitzRoger würde wenigstens Freundlichkeit vortäuschen.
Aber danach sah es nicht aus. Nun, wenigstens spielte er nicht den Tugendhaften, der er nicht war. Bislang war er auf seine sehr spezielle Art ehrlich gewesen, und sie hatte aus triftigen, nachvollziehbaren Gründen entschieden, ihn zu heiraten. An diesen Gründen hatte sich nichts geändert.
Und sein erstes Geschenk an sie war ein Dolch, mit dem sie ihn töten konnte. Imogen legte die Waffe ordentlich auf das Kästchen neben ihrem Bett. Wenn er ihr zu übel mitspielte, würde sie ja vielleicht einmal den Mut finden, sie zu benutzen.
Den restlichen Tag verbrachte Imogen damit, das Kleid auszubessern, das sie für ihre Hochzeit ausgewählt hatte, und zu versuchen, nicht weiter zu grübeln. Allerdings konnte sie nicht umhin zu bedauern, dass sie so ärmlich heiraten musste – in einem geflickten Kleid und ganz ohne Schmuck.
Es war lächerlich, aber dennoch trieb ihr dieser Umstand Tränen in die Augen. Sollte sie schwach werden, fragte sie sich, und FitzRoger mitteilen, wo sie ihre Schätze verborgen hatte?
Just in diesem Augenblick hastete Martha mit einem geschnitzten Kästchen herein. Ihre Augen funkelten vor Aufregung. »Für Euch, Lady!«, rief sie und stellte es auf das Bett. »Vom Herrn!«
Imogen betrachtete die Schatulle argwöhnisch. Alles, was von FitzRoger kam, erregte erst einmal ihr Misstrauen; sie fühlte sich an jene Geschichte aus alter Zeit erinnert, in der die Stadt Troja mithilfe eines Geschenks erobert worden war.
Nun, dieses Präsent konnte zumindest keine Armee in sich bergen. Es war ein gewölbtes, etwa vier Handbreit langes Kästchen mit feinen Schnitzereien und Silberbeschlägen. Ein Schloss war daran, doch der Schlüssel steckte. Als sie es öffnete, fiel ihr Blick auf eine Anzahl Lederbeutel. Der erste enthielt einen goldenen Gürtel, der nächste einen Armreif, ein weiterer Ringe. Bald war eine glänzende Decke aus Ohrringen, Haarreifen und Halsketten, Broschen und sogar alten Fibeln aus verschiedensten edlen Materialien und in mannigfachen Formen auf dem Bett ausgebreitet.
Martha war hingerissen, doch Imogen betrachtete die Stücke gedankenvoll. Die Kollektion bestand ausschließlich aus delikatem Damenschmuck, schien aber wahllos zusammengestellt. Da FitzRoger keine Zeit gehabt haben konnte, all das zu kaufen, musste es sich um Beutestücke handeln. Offenbar hatte er alles an sich genommen, was schön und wertvoll war.
Die Beute eines Söldners.
Dennoch bewegte sie die
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