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Fluch der Leidenschaft

Fluch der Leidenschaft

Titel: Fluch der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Beverley
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einem Tuch und servierten Fleisch, Brot und Ale.
    Erst als die beiden gegangen waren, begrüßte er sie. »Guten Morgen. Du siehst gut ausgeschlafen aus.«
    »Ja.« Sofort fragte sie sich, ob das die falsche Antwort gewesen war. Hätte sie von Kummer oder Sorgen geplagt wach liegen sollen? Hatte er die Nacht so verbracht? Der Gedanke schien lächerlich, denn er sah ernst und unerschütterlich aus wie immer.
    Er wies einladend auf den Tisch, und sie verließ das Bett und setzte sich zu ihm, nahm ein Brötchen und fragte sich, was sie wohl Kluges und Unverfängliches sagen könnte. Das frische, warme Brot erinnerte sie an dasjenige, das sie in Cleeve gegessen hatte. Wäre sie nicht dorthin gegangen, was wäre wohl aus ihr geworden?
    Vielleicht wäre sie Warbrick in die Hände gefallen. Dann wäre sie jetzt bereits tot, denn sie hätte sich umgebracht. An diesem schönen, sonnigen Tag mit Vogelgesang und dem Geruch der warmen Erde, der in der Luft lag, freute sie sich, am Leben zu sein.
    Vielleicht aber hätte sie sich auch bis zum König durchschlagen können. Dann wäre sie FitzRoger überlassen worden ohne eine Chance, irgendwelche Bedingungen zu stellen.
    Vielleicht hätte sie darauf bestehen können, dass es eine Vereinbarung gegeben hatte, dass sie Lancaster heiraten sollte. Sie stellte sich den alten Grafen im Ehebett vor. Seine fleischigen, klammen Hände. Er fuhr sich andauernd mit der Zunge über die Lippen, sodass sie immer feucht waren, und wegen seiner schlechten Zähne roch er aus dem Mund. Und ganz gewiss hätte Lancaster den Vollzug der Ehe nicht abgebrochen, selbst wenn sie noch so laut gebrüllt hätte …
    »Was ist los?«, fragte FitzRoger wachsam.
    »Nichts.«
    Imogen merkte, dass er ihr nicht glaubte. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf sie konzentriert; sie war ein Problem, das es zu lösen galt. Das war zermürbend.
    »Sind schon einige Leute auf?«, fragte sie.
    Er schenkte ihr etwas Ale ein, und sie trank den Becher in einem Zug leer.
    »Ein paar verschlafene Hausangestellte und die unglücklichen Wachen, die letzte Nacht Dienst hatten. Ich schätze«, fuhr er trocken fort, »außer denen haben sich alle prächtig amüsiert.«
    Bis auf uns, dachte Imogen und konzentrierte sich auf ihr Brot. »Ich denke, ich sollte hinuntergehen und mich an die Arbeit machen …«
    »Das ist nicht nötig. Wir können uns etwas Müßiggang erlauben. Oder zumindest du. Hal ist schon auf und ganz wild darauf, jagen zu gehen.« Er nahm sich einen Bissen Fleisch.
    Imogen blickte auf; sie hatte schon wieder das Gefühl, in die Hätschelecke geschoben zu werden. »Ich gehe auch gern jagen«, sagte sie herausfordernd.
    »Aber nicht heute.«
    »Heißt das, ich habe Stubenarrest?«
    »Imogen, Carrisford gehört dir. Geh, wohin du willst. Tu, was du willst. Geh jagen, wenn du das willst. Ich bin sicher, mein Ruf hält dem stand; über deinen scheinst du dir ja keine Gedanken zu machen.«
    Jetzt verstand sie und errötete. Wenn sie den ganzen Tag im Sattel saß, würde man wissen, dass die Ehe nicht vollzogen worden war, oder man würde denken, sie sei keine Jungfrau mehr gewesen. »Gut. Ich gehe nicht zur Jagd«, lenkte sie ein.
    »Wie du willst.«
    Sie schüttelte kläglich den Kopf. Diese Augenblicke der Wärme vor dem Desaster waren kurz gewesen, aber sie wirkten nach. Sie konnte sie nicht vergessen und wünschte sie sich zurück. Sie wollte über das Geschehene sprechen, jetzt, in der Sicherheit des hellen Tages. Sie wollte ihm von ihren Dämonen erzählen und sich für ihre Torheit entschuldigen. Aber sie konnte nichts sagen; sie glaubte, an ihren eigenen Worten ersticken zu müssen.
    »Was dir fehlt«, erklärte er kurz angebunden, »sind ein paar Frauen um dich herum. Hast du Verwandte, die bereit wären, bei dir zu leben?«
    Sie schüttelte den Kopf. Da er sie nicht ansah, machte es ihr große Mühe, ihm zu antworten. »Nein. Nur meine … meine Tante. Mein Vater hat … hatte Verwandte in Flandern, aber sie sind mir fremd …«
    »Ich werde etwas arrangieren. Als Erstes werde ich um ein paar Nonnen aus Hillsborough anfragen. Ich bin sicher, dass du mit solcher Gesellschaft gut zurechtkommst.«
    »Wie du meinst.« Imogens Anliegen war eher, seine eisige Schale zum Schmelzen zu bringen, als Gesellschaft zu bekommen.
    Sie wollte den neckischen, entspannten FitzRoger zurück. Diese Sehnsucht plagte sie wie ein physischer Schmerz in ihrer Brust. Er wurde noch vergrößert dadurch, dass sie selbst ebendies durch ihr

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