Fluch der Leidenschaft
wenn es zweifelsohne stimmte. Aber immerhin gab sie sich Mühe. Zählte das nicht? Er hatte gesagt, manchmal sei sie tapfer und stark, und das tröstete sie.
Sobald er gegangen war, zündete Imogen eine Kerze an und richtete das Bett neu. Angewidert bürstete sie alle zerdrückten Rosenblätter auf den Boden. Duft stieg von ihnen auf, doch er gefiel ihr nicht; ihr war der andere lieber, der moschusartige, den sie als den seinen erkannte.
Die Hände fest gefaltet, betrachtete sie das Bett. Er glaubte, ihr Problem seien lediglich religiöse Zweifel, doch im Grunde ihres Herzens wusste sie, dass das nicht stimmte. Es war vielmehr diese andere, weitaus dunklere Furcht, die zwischen ihnen lag und die Wulfgans Worte noch verschlimmerte.
Sie wollte diese Furcht nicht, schien jedoch nicht in der Lage, sie zu beherrschen. Aber so eine Sache musste man in den Griff kriegen. Wenn ihr Kopf klar war, so wie jetzt, dann wusste sie natürlich, dass FitzRoger kein Warbrick war, dass er sie nicht vergewaltigen wollte, dass sie mit ihm vereint sein wollte.
Aber als es geschah, war es gewesen wie mit den Ratten. Nichts konnte sie davon abhalten, vor einer Ratte davonzulaufen. Nichts konnte sie dazu bewegen, freiwillig so ein Tier anzufassen.
Sie war sicher, dass es diese Furcht gewesen war, die ihr solche Schmerzen bereitet hatte. War es wirklich möglich, dass nichts sie dazu bringen konnte, sein Eindringen in sie zu bejahen?
Imogen barg das Gesicht in den Händen. Wenn es so war, würde das die Hölle auf Erden bedeuten.
Sie musste es in den Griff kriegen.
All ihren Mut zusammennehmend, zog sie sich aus, schlüpfte unter die Bettdecke und verscheuchte jegliche Gedanken, damit sie sich dieses Mal richtig verhalten würde.
Einige der heiligen Märtyrerinnen kamen ihr in den Sinn. Wenn die heilige Katharina das Rad besiegt und die heilige Agatha es ausgehalten hatte, dass man ihr die Brüste abschnitt … zu spät fiel ihr ein, dass diese Geschichten nur Wulfgans Predigten stützten, denn die Märtyrerinnen waren bestraft – und von ihren Sünden gereinigt – worden, weil sie sich geweigert hatten, sich von Männern beflecken zu lassen.
Stattdessen dachte sie an den Gang nach Cleeve, der entsetzlich und beängstigend gewesen war, aber er musste getan werden, und so hatte sie ihn getan. Und auch dies war etwas, das getan werden musste.
FitzRoger trat ein mit einem vollen Tablett, einem Krug und zwei Kelchen. Schlagartig schob der schlichte Hunger Imogens edle, ja philosophische Gedanken beiseite. Ihr Magen knurrte; sie setzte sich erwartungsvoll auf, und er stellte ihr die Mahlzeit mit einem spöttischen Lächeln direkt vor die Nase. Sie nahm sich ein Stück kaltes Safranhähnchen und biss hinein mit einem Laut in der Kehle, der fast einem Schnurren gleichkam.
Nach dem Hähnchen ließ sie sich einen Honigkuchen mit Mandeln munden, der ihr so gut schmeckte, dass sie sich danach die Finger ableckte. Durch ihren Heißhunger plötzlich verlegen, blickte sie zu ihm auf. Er beobachtete sie wie eine Raubkatze, schien jedoch nicht unangenehm berührt, sondern bot ihr sogar einen Kelch Wein an.
Sie griff danach und versuchte ein Lächeln. »Danke, Mylord.«
Er hielt den Kelch fest. »Tyron«, korrigierte er sie. »Oder Ty. Oder auch Bastard, wenn du willst.«
Zögernd erlaubte sich Imogen, ihn zu necken. »Bastard«, wiederholte sie.
Seine Lippen zuckten, als er ihr den Wein reichte.
»Macht dir das denn nichts aus?«, fragte sie, ihn über den Kelch hinweg beobachtend.
»Hinter meinem Rücken werde ich schon mein ganzes Leben lang so genannt. Ich habe allerdings Männer getötet, die es mir ins Gesicht gesagt haben.«
Sie musterte ihn nachdenklich. Er gab sich freundlich, aber die Maske war fest an ihrem Platz. Sie wünschte, er hätte sie wieder fallen gelassen.
»Und was machst du mit mir, wenn ich diesen Namen benutze?«
»Ich habe dir die Erlaubnis dazu erteilt, oder etwa nicht? Und falls du jemanden brauchst, um dein Fleisch zu kasteien – ich bin sicher, Wulfgan wird sich nicht dagegen sträuben.« Sie bemerkte, wie er sich nach diesem plötzlich aufflammenden kleinen Anzeichen von Ärger wieder beherrschte. Dann fuhr er ruhig fort: »Aber wenn du mich in der Öffentlichkeit als Bastard bezeichnest, meine Gemahlin, dann musst du die komplizierte Beziehung meiner Mutter zu Roger von Cleeve erklären.«
Imogen war, als würde sie auf Zehenspitzen über Dolche laufen, doch dass er sie als seine Gemahlin ansprach, gab
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