Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fluch der Leidenschaft

Fluch der Leidenschaft

Titel: Fluch der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Beverley
Vom Netzwerk:
einen prüfenden Blick zu. »Er schien heute Morgen nicht ganz er selbst zu sein.«
    Imogen verzog keine Miene. Seine berühmte Effizienz war also offenbar doch leicht in Mitleidenschaft gezogen. Gut zu wissen. Sie senkte sittsam den Blick. »Ein verheirateter Mann zu sein ist sicher etwas gewöhnungsbedürftig.«
    »Davon bin ich überzeugt. Und wie fühlt Ihr Euch jetzt, da Ihr eine verheiratete Frau seid?«
    Sie sah ihn fragend an, verwundert über seinen Ton. Aber sogar zwischen ihrem Gemahl und Renald musste es Geheimnisse geben. »Hatte ich jemals eine Wahl?«, fragte sie zurück, stand auf und schüttelte ihre Röcke aus. »Momentan bin ich mehr damit beschäftigt, meiner Rolle als Herrin von Carrisford gerecht zu werden. Entfernt diese Frauen aus meinem Saal, Sir Renald. Und macht bekannt, dass ich dem Gesinde, wenn es nicht innerhalb einer Stunde fleißig bei der Arbeit ist, mit der Peitsche nachhelfen werde.«
    Ein Funke der Bewunderung blitzte in seinen blutunterlaufenen Augen auf. »Jawohl, Mylady!«
    Imogen stolzierte aus dem Saal und auf die Stufen zum Burghof zu, hielt dann jedoch ernüchtert inne. Sie konnte nicht barfuß in den Hof gehen.
    Wegen dieser Einschränkung ungehalten, nahm sie den Weg durch die Speisekammer und die Treppe zu den Lagerräumen und Kellern hinunter. Diese Stufen waren sauberer, aber auch sie taten ihren bloßen Füßen nicht gut.
    Auf der untersten Etage des Wohnturms sah sie sich mit dem bestürzenden Anblick leerer Regalbretter, zerbrochener Behälter, verschütteter Nahrungsmittel und dem unangenehmen Geruch ausgegossenen Biers und Weins konfrontiert. Man hatte sie zwar darüber unterrichtet, doch mit derartigen Zuständen hatte sie nicht gerechnet.
    FitzRoger hatte alles für die Hochzeit Nötige herbeigeschafft. Hätte er nicht auch dieses Chaos beseitigen können?
    Sie schob diesen misslaunigen Gedanken rasch beiseite. Er war beschäftigt gewesen und hatte zu wenige Leute gehabt. Außerdem war das nicht seine Aufgabe, sondern ihre. Aber alles wieder in Ordnung zu bringen, das würde eine Menge Arbeit sein. Sie brauchte Leute und Geld.
    Die nötigen Mittel hatte sie, aber sie hatte keinen Zugriff darauf. Der Geheimgang zur Schatzkammer war bewusst so angelegt worden, dass niemand ihn gerne benutzte – er war dunkel und schmutzig, und an manchen Stellen musste man mehrere Zentimeter tiefes Wasser durchqueren. Er sollte aussehen wie einer der Gänge, die aufgegeben worden waren. Ihn mit bloßen Füßen entlanggehen zu wollen wäre verrückt gewesen.
    Mit einem tiefen Seufzer verschob Imogen den Plan, an ihr Vermögen zu kommen, auf einen späteren Zeitpunkt, an dem sie in der Lage sein würde, wieder Schuhe zu tragen, und stieg stattdessen die enge Wendeltreppe zu ihrem Turmzimmer hinauf.
    Erst als sie das Gemach betrat und sah, wie kärglich es im Moment ausgestattet war, wurde ihr klar, dass es nicht mehr ihr Zimmer war. Es sei denn, FitzRoger hatte beschlossen, sein Quartier nicht mit ihr zu teilen. Sie wusste nicht, wie er das handhaben wollte. Sie wusste nur, dass es unklug sein würde, ihre Probleme dadurch bekannt werden zu lassen, dass sie getrennt schliefen; gleichzeitig befürchtete sie aber, dass es wieder zu diesen grauenvollen Intimitäten kommen würde, wenn sie zusammen waren.
    Sie presste die Hände zusammen. Es musste getan werden. Ohne Vollzug war die Ehe unvollständig und anfechtbar.
    Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass ihre Jungfräulichkeit eine Möglichkeit zur Flucht darstellte. Natürlich, solange sie vollkommen auf FitzRoger und den König angewiesen war, konnte sie nichts tun; aber sollte diese Situation längere Zeit anhalten und sich das Kräfteverhältnis verändern …
    Imogen trat vor die Maueröffnung, in der sich einmal ihr Buntglasfenster befunden hatte, und blickte über ihre Burg und ihr Land.
    Wollte sie dieser Ehe entfliehen?
    Ihr Gemahl war ein harter Mann, und sie war sich nicht klar darüber, ob sie ihm wirklich vertrauen konnte. Seine Stellung war unsicher, denn der Streit um die Krone zwischen Henry Beauclerk und seinem Bruder war noch nicht entschieden. Wenn Henry fiel, dann fiel FitzRoger ebenfalls, und womöglich würde mit ihm dann auch Carrisford fallen.
    Eine kluge Frau würde versuchen, Bastard FitzRoger zu entkommen. Doch mit diesem Gedanken ging auch ein Schmerz einher. Auf eine seltsame Weise war dieser Mann bereits ein Teil ihres Lebens; sein Weggang würde eine klaffende Lücke hinterlassen.
    Ehe Imogen sich weiter

Weitere Kostenlose Bücher