Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
dazu dient, jene hochwohlgeborene Prinzessin aufzuheitern, um ihr den Aufenthalt im mal wieder verregneten England so angenehm wie möglich zu gestalten?"
Das ist der Richtige, der einzig Richtige!, jubelten ihre Gedanken.
"Das wiederum ist Euch vortrefflich gelungen!", sagte sie laut und unterstrich es auch noch mit einem allzu heftigen Nicken. In der Tat war ihre Laune bestens - nach außenhin zumindest. Lord Cooper war das sehr recht, denn er hatte schon ein wenig Bange vor der Begegnung mit der Königin. Zwar hatte er auf der ganzen Linie vollen Erfolg zu vermelden, was der Königin sicherlich gefallen würde, aber die bevorstehende Weiterreise der Prinzessin war ein Problem, das ihm schier unlösbar erschien. Er hatte es ja geschafft, die Prinzessin weitgehend darauf vorzubereiten, aber nun oblag es ihm, der Königin klar zu machen, dass sie dabei keine übertriebene Eile an den Tag legen durfte. Wenn die gute Laune der Prinzessin erst einmal verflog, konnte alles sehr problematisch werden. Und wenn sie gegen ihren erklärten Willen, sozusagen mit äußerster diplomatischer Gewalt, zurück gebracht wurde nach Madrid, war dadurch zu Gunsten der Belange Englands sicher nichts gewonnen, sondern ganz im Gegenteil: Je zorniger sie über den englischen Hof sein würde, desto übler würde sie über diesen ihrem Vater gegenüber berichten. Zur Zeit war sie noch gut gelaunt und freute sich auf die Königin und auf alles andere, was sie ihrer Meinung nach erwartete. Aber wenn es zu arg wurde, vergaß sie ihre gute Erziehung, wie die Praxis oft genug gezeigt hatte - und der Schaden für England würde größer werden als der mögliche Nutzen jemals hätte sein können. Es galt, in dieser Hinsicht nicht nur das Schlimmste zu vermeiden, sondern alles sogar auch noch zum absolut Guten zu wenden. Lord Cooper war es allerdings zum jetzigen Zeitpunkt schleierhaft, wie ihm dieses eigentlich Unmögliche gelingen mochte. Letztlich war dies alles ja nicht seine Entscheidung, sondern die Entscheidung der Königin. Egal, wie diese ausfallen würde: Alle würden sich dem beugen müssen, ohne jegliche Abstriche. Die Königin hörte sich nur dann einen Rat an, wenn sie danach verlangte. Ob, wie und wann sie den Rat jemals befolgte, war ganz allein ihr überlassen.
Trotz all der guten Nachrichten, die er sozusagen im Gepäck mit brachte, schlich sich eine gewisse Skepsis in sein Denken ein und verdarb ihm die Laune. Dabei dachte er nicht zufällig auch wieder an seine Jeannet: Sie würde es sicher nicht leicht haben, in ihrer rauen Piratenwelt. Zwar war sie Herrscherin über die Piraten, aber in ihren Enscheidungen genauso Sachzwängen unterworfen wie er. Obwohl sie ihm doch noch um einiges freier erschien in ihren Entscheidungen, weil sie nicht noch jemanden über sich hatte, der weitgehend unberechenbar war - wie Ihre Majestät, Königin Elisabeth von England.
*
Während der Fahrt mit der Kutsche war Prinzessin Carla von Spanien äußerst zurückhaltend. Lord Cooper dachte sich nichts weiter dabei. Er vermutete, dass es wegen der bevorstehenden Audienz bei der Königin war. Außerdem schaute sie sehr aufmerksam aus dem Seitenfenster, als würde sie London zum ersten Mal in ihrem Leben sehen.
Ja, sie war ja eigentlich das zweite Mal in London, doch beim ersten Mal hatte sie sich eigenem Bekunden nach dafür offenbar überhaupt nicht interessiert. Vielleicht fand sie London mit seinen ehrwürdigen Gebäuden deshalb jetzt so beeindruckend?
Die Wahrheit sah - wie so oft in den letzten zwei Tagen - völlig anders aus: Für Prinzessin Carla war es ziemlich schlimm, dass "ihr" Lord unmittelbar vor ihr saß. Egal, in welche Richtung sie innerhalb der ihrem Empfinden nach viel zu engen Fahrgastkabine schaute: Immer sah sie Lord Cooper, zumindest aus den Augenwinkeln.
Nicht, dass sein Anblick in irgendeiner Weise unangenehm für sie gewesen wäre. Ganz im Gegenteil: Er vergrößerte zu sehr das Gefühlschaos in ihrer Brust. Sie hatte Bange, sich letztlich zu verlieren und sich zu Dingen hinreißen zu lassen, die einer Prinzessin in keiner Weise würdig waren und die sie möglicherweise später bitter bereute. Selbst wenn er die gleichen Gefühle für sie hegte, durfte sie ihm nicht zu offen zeigen, wie wichtig er ihr war. Das wäre unschicklich im höchsten Maße. Was sollte er denn von ihr denken? Sollte er gar... enttäuscht sein von ihr?
Dabei: Ach, wie gern hätte sie sich einfach auf seinen Schoß gesetzt, hätte ihre Arme um
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