Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
täte mich wundern. Er ist doch sonst nicht auf den Mund gefallen, der Lord und niemals um eine Floskel verlegen."
"Verzeiht, Majestät, wenn es mir schwer fällt, als Euer treu ergebener Untertan, so Euch gegenüber zu stehen und..."
"Papperlapapp, Lord Cooper, ich bat Euch, sich zu erheben, nicht um euch zu ehren, sondern weil ich in Eurem Gesicht lesen will, während Ihr Euch bemüht, meine Neugierde zu befriedigen. Nun denn, was hat es dies alles auf sich? Und was ist mit Aufzeichnungen, so es welche gibt?"
"Ich versichere Euch, Majestät, dass es keinerlei Aufzeichnungen gibt. Sogar das Logbuch wurde von mir eigenhändig in diesem Sinne geführt, dass niemals die näheren Umstände in falsche Hände geraten können."
"Das beruhigt mich, Lord Cooper, aber wo Ihr es ansprecht: Was ist nun mit diesen... Umständen? Und wie passt die Prinzessin zu dem Geheimauftrag, den ich Euch persönlich erteilte - unter dem Siegel der Verschwiegenheit natürlich?"
Aha, daher also wehte der Wind! Die Ankunft der Prinzessin war eine Überraschung, die von der Königin noch nicht gültig eingeordnet werden konnte: Handelte es sich um eine böse oder um eine positive Überraschung? Gab es mithin Anlass zur Freude oder sollte sie eher dessentwegen... Lord Cooper verfluchen?
Er wusste, dass er sich beeilen musste, mit seinem Bericht herauszurücken, ehe er trotz des immensen Erfolges seiner bestandenen Mission womöglich noch den Unmut der Königin erregte.
"Wir fanden die Prinzessin von Spanien auf dem Schiff der Piraten!", sagte er einfach.
"Nicht wahr!", entfuhr es der Königin. Es kam selten vor, dass sie auch nur ein wenig die Beherrschung verlor und dieser Augenblick war nun ein solch seltener.
"Wenn Ihr gestattet, Majestät, die ganze Geschichte zunächst in Kurzform?"
"Ich bitte sogar darum!"
"Prinzessin Carla von Spanien soll mit einem ihr fremden und daher ungeliebten Mann vermählt werden. Sie floh davor aus dem Palast ihres Vaters, König Philipp II. und wollte mit einem Schiff ohne Wissen des spanischen Hofes in die Neue Welt übersetzen."
"Das sieht ihr ähnlich!" Die Königin schüttelte wie tadelnd den Kopf. Sie konnte sich sehr wohl an die Prinzessin von deren letzten Besuch her erinnern. Positive Erinnerungen waren das allerdings nicht. "Und wie gelangte sie sodann auf das Piratenschiff?
"Der britische Pirat, der das Schiff überfiel, erkannte sie im buchstäblich letzten Moment und ließ sie überleben. Sie geriet in Gefangenschaft. Später wurde das Piratenschiff vom 'Fluch der Meere'
überfallen. Diese Piraten nennen ihr Schiff übrigens WITCH BURNING
- also so ähnlich wie brennende Hexe. Sie übernahmen nicht nur das zum Wrack geschossene Piratenschiff, sondern auch die Prinzessin."
"Wo befindet sich das Wrack inzwischen? Ist es etwa doch noch untergegangen?"
"Mitnichten, Majestät: Ich habe es unterwegs einem Kriegsschiff der Marine überlassen, um schneller hier in London sein zu können. Ich vermute, dass es bis morgen früh im Hafen einläuft. Der Kommandant des Kriegsschiffes wird jedenfalls alles tun, damit das Wrack unbeschadet im Scblepptau hier anlandet."
"Und wie gerietet letztlich Ihr an die Prinzessin?"
"Eurem geheimen Auftrag folgend, Majestät, provozierte ich mit den Piraten eine Pattsituation, um Verhandlungen zu erzwingen. Nur so war es möglich, Euren Auftrag zu erfüllen - mit Verlaub gesagt."
"Das erschient mir äußerst geschickt - wie von euch nicht anders zu erwarten gewesen war!"
Lord Cooper ließ sich keine Zeit, dieses offenkundige Lob aus dem Munde seiner Königin auszukosten, sondern fuhr sogleich fort: "Und dann machte ich die überraschende Feststellung, dass der Captain des Piratenschiffes... eine Frau ist! Sie nennt sich Jeannet und ist eine Engländerin."
"Sie ist doch wohl nicht so ohne Weiteres auf Euren Vorschlag eingegangen, nicht wahr?"
Kurz erlaubte er sich, den Blick zu senken, um sich zu sammeln. Hoffentlich konnte ihm die Königin nichts anmerken. Manchmal hatte er das Gefühl gehabt, sie könnte Gedanken lesen. Aber das war sicher Unsinn.
Mit festem Blick schaute er sie dann an. Er nahm das Bild in sich auf, das sie ihm bot: Die Königin war eine Erscheinung, die auf ihre Untertanen und auch auf alle, die von außerhalb des Landes zu ihr kamen, im gewissen Sinne zwiespältig wirkte, einmal abgesehen davon, dass sie ihre Umgebung allein schon mit ihrer Anwesenheit gewissermaßen in die Knie zwang. Einerseits wirkte sie wie die gütige Mutter ihrer
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