Fluch der Nacht: Roman
wie Musik in ihren Ohren und von einer Zärtlichkeit, die sie jedes Mal erschütterte, wenn sie sie wahrnahm. Dann spürte sie Nicolas’ überwältigendes Gefühl für sie und glaubte ihm sogar.
Und weil er sie davon überzeugt hatte, dass ein Mann wie er sie lieben und akzeptieren konnte, selbst traumatisiert wie sie war von den Erlebnissen ihrer Kindheit, fand sie die Kraft, die Mikrobe zu suchen und zu überprüfen, ob er oder sie infiziert waren – wobei Lara feststellen musste, dass nur sie es war. Die Mikrobe in ihr war erst seit Kurzem dort und hatte noch keine Zeit gehabt, sich festzusetzen. Ihr Körper behandelte sie noch wie einen Eindringling. Diese neue Erkenntnis bedeutete entweder, dass die Männer nicht infiziert waren und Sheas Theorie nicht zutraf oder dass Nicolas die Mikrobe an sie weitergegeben hatte und selbst noch nicht reinfiziert worden war.
»Du hast nicht in der Erde geschlafen, Nicolas. Du bist bei mir im Bett geblieben.«
»Wir müssen zu Francesca und Gregori gehen und mit ihnen darüber reden«, sagte Nicolas sofort.
Lara wusste, dass sie sich in Gregoris Gegenwart nie wohlfühlen würde -wahrscheinlich wegen seiner seltsamen Augenfarbe -, doch sie nickte trotzdem. Heute Abend musste sie die anderen schwangeren Frauen untersuchen, und Francesca würde ihr hoffentlich auf der schwachen Spur des Extremophils folgen können, um mit ihr gemeinsam all die anderen Frauen von den Mikroben zu befreien. Und Lara wollte auch die in ihr entfernt haben – an diesem Abend noch.
Lara war wie ausgelaugt, als sie mit Nicolas aus der heilenden Höhle kam. Sie hatte zwei anderen schwangeren Frauen geholfen und auch die Mikrobe aus sich selbst herausgelockt, damit Natalya sie vernichten konnte. Sie hatte das Experiment gewagt, Natalya und Francesca auf die Reise ins Körperinnere der Frauen mitzunehmen, aber Francesca konnte beim besten Willen nicht den schwachen Pfad entdecken, der Xaviers Handschrift war, und irgendetwas in Natalya diente dem Extremophil als Warnung, sodass es sich vor ihnen verbarg und damit jede Möglichkeit ausschloss, die Mikrobe von Natalya aufspüren zu lassen.
In Mikhail und auch in Gregori war eine Mikrobe gefunden worden. Shea war ungeheuer aufgeregt und hoffte, endlich auf der richtigen Spur zu sein, um das Problem der Fehlgeburten zu lösen. Sie, Gregori und ein Mann namens Gary, dem Lara noch nie begegnet war, hatten sich zusammen zurückgezogen, um zu überlegen, wie die Mikrobe sich bekämpfen ließe.
Und nun gingen Nicolas und sie durch das Dorf zum Gasthof, weil Lara Gerald besuchen und nach Terry sehen wollte, während Nicolas und Vikirnoff endlich nach einem anderen Eingang zu der Eishöhle suchen würden.
»Ich werde nicht lange fortbleiben«, versprach Nicolas.
»Und du wirst auch nicht ohne mich in die Höhle gehen«, fügte sie mit einem warnenden Blick hinzu.
Am Fuß der Eingangstreppe des Gasthofs schlang er einen Arm um sie und zog sie an sich. »Ich sagte dir doch schon, dass ich es nicht tun werde. Aber du siehst blass aus, und es wäre gut, wenn du ein bisschen Brühe zu dir nehmen könntest. Wenn nicht, Lara, können wir mit deiner Umwandlung nicht viel länger warten.«
Sie befeuchtete die Lippen. »Ich habe Verdrängungsprobleme, fürchte ich. Wenn ich an irgendetwas nicht denken mag, verbanne ich es aus meinem Kopf und rede mir ein, es würde sich von selbst regeln. Ich bin gern Magierin, Nicolas. Und darauf angewiesen, Magierin zu sein.«
»Magier-Blut hilft bei Zaubersprüchen und beim Lernen, aber karpatianisches Blut vermag das auch. Unsere beiden Spezies waren jahrhundertelang eng verbunden, Lara. Xavier erfand die Schutzzauber, doch am Ende verbesserten die Karpatianer sie. Magier sind langlebig wie auch die Werwölfe, doch selbst tödliche Verwundungen können manchmal von Karpatianern geheilt werden, was andere zu der Annahme verleitet, dass unsere Spezies unsterblich ist. Aber wir können durchaus getötet werden.«
Lara legte den Kopf zur Seite und stellte sich ihrer größten Furcht. »Und darum ging es bei den Experimenten an Razvan, nicht? Das ist der Grund, warum Xavier ihn am Leben erhalten hat. Er versuchte, einen Weg zu finden, Karpatianer umzubringen.«
Nicolas drückte sie an sich. »Ich fürchte ja, Lara.«
»Wenn also noch eine Möglichkeit besteht, dass er am Leben ist, müssten wir den Beweis dafür in den Eishöhlen finden. Das bin ich ihm schuldig, Nicolas.«
Er hob ihr Gesicht zu sich empor und küsste sie
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