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Fluch der Nacht: Roman

Fluch der Nacht: Roman

Titel: Fluch der Nacht: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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zurückholen konnte. Sie schwankte nach wie vor zwischen zwei Welten und schien eher bereit zu sein, zu den Schrecken ihrer Kindheit zurückzufliehen, als auch in ihrem Erwachsenenleben eine Gefangene zu sein.
    »Bleib bei mir, Lara, und lass mich dir zeigen, wie ein karpatianischer Mann seine Frau verehrt und achtet!«, flüsterte Nicolas und schob ihr langes Haar beiseite, um sich die Bisswunden an ihrem Nacken anzusehen. Es waren seine, zwei kleine Einstichwunden und ein winziges rotes Mal. Behutsam drückte er seinen Mund darauf und strich mit der Zunge über dieses Zeichen seiner Inbesitznahme, um es zu heilen. Während es ihm vorher darum gegangen war, die ganze Welt wissen zu lassen, dass sie ihm gehörte, war jetzt das einzig Wichtige für ihn, sie von allen Erinnerungen an ihre Kindheit zu befreien. Lara erschauderte und versteifte sich, aber wieder schien ihr Geist zu schwanken und nur abzuwarten.
    Hab keine Angst, Lara, ich muss nur deinen Rücken untersuchen. Er wählte die intimste Form der Kommunikation, von Geist zu Geist, damit seine Motive ihr völlig klar sein würden. Ich muss mir deinen Rücken und deine Beine ansehen.
    Das Bedürfnis, mit eigenen Augen zu sehen, was ihr angetan worden war, hatte sich zu einem ausgewachsenen Zwang entwickelt, gegen den er nicht mehr ankam. Sein eigener Körper war mit dünnen weißen Streifen bedeckt, die schon verheilten. Sie ließen für ihn aber nur den Schluss zu, dass Lara überall am Körper Narben haben musste, ständige Erinnerungen daran, wie hilflos und gedemütigt sie einst gewesen war. So sanft wie möglich legte er sie mit dem Gesicht nach unten auf die weichen Decken und Kissen, die er für sie herbeigezaubert hatte. Es erforderte auch nur einen Gedanken, ihre nackte Haut unter dem flackernden Kerzenschein vor sich zu haben. Sie war so angespannt, dass sie zitterte, doch wieder blieb sie gefügig unter seinen streichelnden Fingerspitzen liegen.
    Ihr Rücken war mit einem Gewirr von kreuz und quer verlaufenden weißen Erhebungen und Linien überzogen. Das Muster setzte sich über ihr Gesäß bis zu den Rückseiten ihrer Beine fort. Die meisten Narben waren flach und nicht sehr ausgeprägt, aber über einigen hatte das Gewebe sich schon stark verhärtet. Von dem Brennen an seinem eigenen Rücken und Beinen wusste er, dass er die gleichen Spuren trug, nur würden sie bei ihm in ungefähr einer Stunde verschwunden sein, als wären sie nie da gewesen.
    Nicolas’ Augen brannten, und für einen Moment schloss er sie und hasste sich dafür, nichts von alldem gewusst zu haben, sich nicht die Zeit genommen zu haben, den Körper seiner Seelengefährtin in allen Einzelheiten zu erforschen und so viel wie möglich über ihre Vergangenheit herauszufinden, um ihr zukünftiges Glück gewährleisten zu können. Er hatte geschworen, sie zu ehren, ihr Glück über alles andere zu stellen, und selbst ohne die Bande zwischen Seelengefährten hätte die Ehre ihm diktieren müssen, es zu tun. Aber er war so von seiner eigenen Wichtigkeit erfüllt gewesen, von seinen eigenen Wünschen und seinem Glauben, dass er stets im Recht war und andere ihm Gehorsam schuldeten, dass er für alles andere blind gewesen war.
    Nicolas beugte sich vor und drückte seine Lippen auf eine besonders tiefe Narbe. Verzeih mir, päläfertiil! Es gibt keine Entschuldigung für mein Verhalten, und ich werde auch keine suchen. Worte werden den Schmerz, den ich dir zugefügt habe, nicht wiedergutmachen, nur Taten können das.
    Seine Zunge fuhr über die weißen Striemen und die tiefen Narben, während er im Geist, der so intim verbunden war mit Laras, die heilenden Beschwörungen seines Volkes sprach, Worte voller Macht und Energie. Gleichzeitig schwenkte er eine Hand und ließ aromatische Kerzen erscheinen, um den Raum mit beruhigenden, heilsamen Düften zu erfüllen. Auf der anderen Seite des Teichs, in dem mineralisierten Wasser, schwammen Kräuter und fügten der therapeutisch wirksamen Umgebung nun auch noch ihren kräftigenden Duft hinzu.
    Nicolas’ Magen verkrampfte sich vor Ärger, als er sich mit einer Hand durchs Haar fahren wollte, aber nichts als Stoppeln auf der Kopfhaut spürte. Er verdrängte jedoch das störende Gefühl hilflosen Zorns und beugte sich noch tiefer über Laras Rücken, um mit der langwierigen Aufgabe zu beginnen, jede Narbe einzeln zu behandeln. Er bezweifelte, dass sie nach all der Zeit noch ganz verschwinden würden, doch er konnte sie zumindest lindern und so weit

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