Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
Vom Netzwerk:
Akribie und einigen chirurgischen Instrumenten, die er durch Vermittlung Lemuel Willards erstanden hatte. Er unterschied etwa das spontane Aufschreien und Brüllen unter regelmäßig oder unregelmäßig fallenden Peitschenhieben vom lang gezogenen Heulen, wenn etwa ein Brandschmerz nicht endete. Besonders liebte er den Übergang zum schrillen, entsetzten Kreischen, wenn seine Opfer begriffen, dass sie nicht mehr wegzucken, dem Schmerz nicht mehr ausweichen konnten. Sie gerieten dann außer sich, waren nicht mehr Mann, Frau, Kind, sondern nur noch leidendes Fleisch und völlig in seiner Hand. Stöhnen, Schluchzen und Wimmern bildeten gemeinhin den Schlussakkord seiner Symphonien, wenn sowohl die Opfer als auch ihr Peiniger der Folter gewissermaßen nachschmeckten.
    In wirtschaftlicher Hinsicht hatte sich der elegante Kreole ganz der Sklavenzucht zugewandt und hinter dem Herrenhaus ein langes, flaches Gebäude für die vielen jungen Frauen und Mädchen errichten lassen, die seine Aufkäufer in ganz Louisiana beschaffen mussten. Gelegentlich überließ er sie seinen Aufsehern und sogar verdienten schwarzen Vorarbeitern, aber meist besorgte er sein Geschäft selbst. Am liebsten hätte er, wie ein türkischer Sultan, in jeder Nacht mit einer anderen Frau geschlafen, und auch den egozentrischen Versuch, wie viele Kinder er in vierundzwanzig Stunden zeugen konnte, hatte Desmond Bonneterre nicht ausgelassen. Das körperliche Vergnügen erwies sich jedoch als der belangloseste Teil des Geschäfts, und die Aufzucht der zahlreichen bereits entstandenen Kinder verschlang sein Vermögen buchstäblich und so schnell, dass er bereits daran denken musste, sie zu lächerlichen Preisen zu verkaufen, sobald sie laufen konnten.
    All das blieb nicht ohne Einfluss auf den Ruf des Hauses Bonneterre, und in dieser Hinsicht erfüllten sich die schlimmsten Befürchtungen seiner Mutter, noch ehe ihr Grab eingefallen war. Seit General Willoughby, der gekommen war, um dem jungen Mann ins Gewissen zu reden, bei Tisch angeblich von einer nackten Hure bedient worden war, hatte man den gesellschaftlichen Verkehr mit Desmond
Bonneterre vollständig eingestellt. Keine Einladungen, Geselligkeiten, Geschenke; selbst aus der Louisiana-Miliz war ihr einstiger Verhörspezialist ausgeschieden. Seit die Dame des Hauses, Desmonds unglückliche Gattin Eleanor, an Leib und Seele gebrochen zu ihren Eltern zurückgekehrt war und die Scheidung wegen Unverträglichkeit beantragt hatte, dachte man sogar über juristische Schritte nach, um auch ihre beiden kleinen Kinder aus dem furchtbaren Haus zu bef reien.
    Beale wurde wieder von der gespenstisch stillen Negerin empfangen, die eine Kette aus ihren eigenen Zähnen um den Hals trug und die er zuerst für stumm gehalten hatte. Schon bei einem seiner ersten Besuche war ihm der seltsame Schmuck aufgefallen, und er hatte, ganz unbedarfter Yankee, gef ragt, was das sei und solle. Anstatt ihm zu antworten, hatte sie einfach den Mund geöffnet und ihm ihre bis auf ein paar abgebrochene Zahnstümpfe leeren Kiefer gezeigt. Immerhin konnte er bei dieser Gelegenheit feststellen, dass sie noch eine Zunge hatte.
    »Jesus!«, hatte der Detektiv gesagt, als sie dann, beinahe kokett, auch noch ihr Haar zurückstrich und ihn die kleinen vernarbten Löcher sehen ließ, die sie anstelle von Ohren besaß. Die Namen Gottes und all seiner Heiligen hätten jedoch nicht ausgereicht, wenn Darioleta dem bulligen kleinen Yankee erzählt hätte, worin ihre Aufgabe im Hause Bonneterre bestand. Nachdem sie zunächst einige Male versucht hatte, sich umzubringen, war der Lebensfunke in ihr wieder entflammt, und um nicht länger Opfer ihres Herrn zu sein, hatte sie sich ganz und gar zu seinem Werkzeug gemacht.
    Desmond Bonneterre hatte Darioleta beigebracht, wie man Menschen Schmerzen zufügt, und sie hatte sich als gelehrige Schülerin erwiesen, die  – insbesondere wenn es darum ging, Männer zu quälen  – die Grausamkeit ihres Meisters noch übertraf. Die stärksten, widerspenstigsten Feldsklaven senkten zitternd den Blick, wenn die finstere junge Frau an ihnen vorüberging. Das allerdings kam relativ selten vor, denn im Wesentlichen unterstanden Darioleta das »Zuchtgebäude« und seine Insassinnen. Sie sorgte dafür, dass die Frauen
sich selbst und ihre Umgebung sauber hielten, keinen Kontakt zu den übrigen Sklaven aufnehmen konnten und dass keine Kindstötungen oder Selbstmorde vorkamen. Ohne Peitsche, Feuer, Nadeln und Bonneterres

Weitere Kostenlose Bücher