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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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meine Begleitung und meinen Schutz anbieten?!«
    »Danke, Mr. Elderton«, erwiderte die Gnädigste, in deren Kopf sich bereits eine neue Geschichte entwickelte; plausibler als die erste und mit weitreichenden Folgen sowohl für sie selbst als auch für den ahnungslosen Jeremiah Elderton.
    John Gowers blickte ihnen nach, klopfte den Staub aus seinen Kleidern und rieb sich die lange nicht mehr rasierte Wange. Verdient, dachte er im Gedanken an das, was er an diesem Abend gesehen hatte. Verdient, einer wie der andere!

128.
    August Petermann hatte erst zweimal in seinem Leben ein Schiff bestiegen, und die weiteste Reise dieses Lebens hatte ihn nach Schottland, von dort nach London und schließlich zurück auf den Kontinent, in das kleine thüringische Landstädtchen Gotha, geführt. Dennoch kannte der Mann die ganze Welt, hatte sie aufgezeichnet in seiner engen Gelehrtenstube und den Produktionsräumen der Verlagsbuchhandlung & geographischen Anstalt Justus Perthes . Petermann war der beste Kartenzeichner seiner Generation und mit den Geographischen Mittheilungen oder einfach Petermanns Monatsheften , die er seit 1855 herausgab, brachte er die Welt oder was er dafür hielt, in alle Klassenzimmer, Salons und Bibliotheken des bürgerlichen Zeitalters.
    Expeditionstagebücher, flüchtige Bleistiftskizzen, Höhenmessungen und andere Daten von Forschungsreisenden aus aller Welt landeten irgendwann in der deutschen Provinz, auf Petermanns Schreibtisch, der sie mit seltener Kunstfertigkeit in Karten umwandelte, die die Vorstellung von der Erde für mehrere Generationen, ja eigentlich bis zur Einführung von Satellitenbildern prägten. Als der junge Geologe Ferdinand von Hochstetter 1859 von seiner zweijährigen Forschungsreise nach Neuseeland zurückkam und noch ehe er aufgrund dieser Leistung Vorsitzender der Wiener Geographischen Gesellschaft und schließlich Direktor des Naturhistorischen Museums in Wien wurde, schickte er deshalb seine Aufzeichnungen an den ebenso weltfremden wie weltkundigen kleinen Professor in Gotha, der sie mit den englischen Küstenaufnahmen von Stokes und Drury kombinierte und so die  – nach Cook  – erste im europäischen Bewusstsein »gültige« Karte der neuseeländischen Nordinsel erstellte.
    Sogar von Tempsky hatte sich an dieser Karte orientiert, sie hier und da handschriftlich korrigiert, aber im Wesentlichen verlässlicher gefunden als alles, was englische Missionare über das Landesinnere zu Papier gebracht hatten. Leider hatte der Investigator Petermanns Karte nur ein einziges Mal gesehen, aber sie hätte ihm auch wenig genützt, denn die meisten Gebiete, die er auf seinem Weg nach Norden durchqueren musste, hatte Hochstetter nie gesehen und Petermann nur als weiße Flecken mit dem Vermerk »völlig unerforscht« eingezeichnet.
    Immerhin wusste er, dass jenseits der Te Whaiti Range und der Kaingaroa-Ebene eine Gruppe vulkanischer Seen lag, von denen gut ausgetretene Pfade in die Bay of Plenty führten. Er hatte über sein Ziel nachgedacht, solange er noch über etwas anderes als Hunger und Kälte nachdenken konnte. Das Naheliegendste,
nämlich von Nga Tapa in den Süden zu gehen, hätte bedeutet, mitten in den Aufmarsch der Pakeha- und Kupapa-Milizen zu geraten, die gegen den »Schlächter von Matawhero« zusammengezogen wurden. Es war ihm bewusst, dass ein einzelner Mann in seiner Aufmachung, mit seinem Gesicht hier nur wenig Hilfe zu erwarten hatte.
    Der Weg nach Nordwesten war beschwerlicher, führte in den Urwald von Te Wera hinein statt hinaus, aber dort lag ein von Krieg und Aufstand noch unberührtes Gebiet, in dem er auf Unterstützung zumindest hoffen konnte. Es war seine Absicht, die Coromandel-Halbinsel zu erreichen und sich bei von Tempskys Familie, so gut es ging, in einen Menschen zurückzuverwandeln, ehe er einen weiteren Versuch machte, Otago und die Südinsel zu erreichen. Dass er aus der Patea Field Force mehr oder weniger desertiert war, dass er Te Kooti bei seiner Flucht von Chatham geholfen hatte, würde seine Jagd nicht eben erleichtern, ja er würde wahrscheinlich aufpassen müssen, dass er nicht selbst als Verräter gejagt wurde.
    Aber als er nach drei Tagen die Wasserscheide zwischen südöstlicher und nordöstlicher Küste noch immer nicht erreicht hatte, als Flüsse und Bäche ihm noch immer entgegenstürzten auf seinem Weg die dicht bewaldeten, fast überwucherten Berge hinauf, als er den Hunger zu spüren begann und die Schlammschichten, mit denen er sich

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