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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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geraten waren. Das trug ihm zwar eine ehrenvolle Erwähnung im offiziellen Kriegsbericht ein  – was nicht weniger bedeutete, als dass sein Name einige Monate später vor der englischen Königin verlesen wurde  –, aber das Victoriakreuz, die höchste Auszeichnung der britischen Armee, erhielt ein anderer Offizier seiner Einheit. Nicht, dass er danach gestrebt hatte; die Tat ist alles  – nichts der Ruhm! Er hatte nicht einmal darauf gehofft, aber verdient, verdient hätte er es wohl eher als Charles Heaphy!
    Von Tempsky zeichnete später ein recht gekonntes Bild von dieser Aktion, in dessen dramatischem Mittelpunkt ein Offizier
stand, der ihm ausgesprochen ähnlich sah, obwohl er das selbst jedes Mal abstritt. Die Tat allein zählte! Das erwähnte er bei jeder Gelegenheit, und seine Vorgesetzten zogen aus so viel demonstrativer Bescheidenheit den klugen Schluss, dass hier ein Mann war, der alles tun würde, um seinem verdrängten Ehrgeiz zu genügen.
    Colonel Thomas McDonnell oder »Fighting Mac«, wie er in Neuseeland familiär genannt wurde, war der älteste Sohn eines geradezu begnadeten neuseeländischen Händlers, Aufschneiders und Verschwenders gleichen Namens, der seinen vier Söhnen wenig mehr hinterließ als den brennenden Wunsch nach öffentlicher Anerkennung und einen fast paranoiden Hang zu Eifersucht und Verschwörungstheorien, wenn diese Anerkennung ausblieb. Nach zehn Jahren Herumtreiberei im gesamten australesischen Raum und mehreren gescheiterten Versuchen, sich eine Existenz aufzubauen, fand Thomas junior in den Kolonialstreitkräften und den Waikato-Kriegen endlich die Nische, die er gesucht hatte.
    Persönlicher Mut, geschickte Lobbyarbeit, aber auch eine echte Begabung für den Beruf eines kommandierenden Offiziers hatten seinen militärischen Aufstieg befördert und ihn nach Abzug der britischen Truppen zum ersten, wenn auch nicht zum populärsten Soldaten der Kolonie gemacht. Der populärste hieß nach wie vor Manu-Rau. Dass McDonnell und nicht von Tempsky die Position des Oberbefehlshabers einnahm, fand seinen einfachen Grund darin, dass »Fighting Mac« Neuseeländer war. Als es darum ging, eine eigenständige neuseeländische Armee aufzustellen  – die zunächst als »Armed Constabulary«, also bewaffnete Polizeitruppe deklariert wurde, um das Mutterland nicht zu brüskieren  –, war McDonnell der Mann der Stunde und der preußische Söldner derjenige, den die Kolonialregierung mit einem anerkennenden Schulterklopfen ins Privatleben entließ.
    Trotz ihrer Rivalitäten war sich McDonnell aber über die Qualitäten Manu-Raus vollkommen im Klaren und freute sich
darüber hinaus ehrlich, seinen Freund und Mentor »Von« wiederzusehen  – vielleicht auch gerade, weil der Deutsche nun endlich sein Untergebener war.
    »Wer ist es diesmal, Tom?«, fragte von Tempsky, wobei er ihren militärischen Rangunterschied demonstrativ überging. »Tawhiao?«
    Matutaera Te Pukepuke Te Paue Te Karato Te A Potatau Tawhiao Te Wherowhero war mehr als ein Häuptling; er war ein König. Oberhaupt einer Bewegung, die nach europäischem Vorbild die vorher lange zerstrittenen Stämme des Waikato-Beckens unter gemeinsamer Führung vereinte und sogar verschiedene Mechanismen moderner europäischer Staatswesen übernommen hatte: Steuern, Polizei und die Dienstpflicht in einer allerdings eher zwanglosen Armee. Das Entscheidende an dieser »Königsbewegung« war aber, dass sie dem Verkauf von Land an die Weißen, den bisher die einzelnen Häuptlinge und Stämme sozusagen auf eigene Faust betrieben hatten, ein Ende setzte. Das brachte die Kingites oder Königlichen natürlich in einen immer blutigeren Konflikt mit den Engländern, denen es dabei gar nicht so sehr um das Land ging. Sie hatten bereits mehr Land, als die weißen Siedler bearbeiten konnten. Es ging ums koloniale Prinzip, es ging um die natürliche Überlegenheit der weißen Rasse, der die Vorstellung von einem funktionierenden, eigenständigen Maoristaat mit zentralisiertem Königtum unerträglich war.
    »Nein«, sagte McDonnell, der sein Vorgesetztenverhältnis ebenfalls jovial vergaß. »Es ist Titokowaru, soweit wir wissen. Er hat noch nicht angefangen, und Gott allein weiß, wann er losschlägt. Aber unsere Kupapa sagen, dass er die Stämme am Taranaki aufwiegelt. Er … na, du kennst ihn ja!«
    Ja, Manu-Rau kannte den Häuptling der Ngaruahine vom Stamm der Ngati Ruanui, einen der gefürchtetsten Maorigeneräle in den nun schon zwei

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