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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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informiert, die ihre Ohren überall hatte. Sie kannte allerdings weder seine genaue Lage noch die gut verborgenen Pfade, die hinführten, und glaubte zudem, dass es nur eine Meile von Te Ngutu entfernt sei. Eine oder zwei Meilen aber trennten in der Wildnis des Buschwalds, mit seinen dicht stehenden Bäumen, den Ästen, die einander umklammerten wie verschränkte Finger, und seinem Dickicht von Farn und Schlingpflanzen, Welten.
    McDonnell wusste, dass sein Angriff erwartet wurde, und ein Kommandeur, der das weiß, hat nur zwei Möglichkeiten: Er kann an einem unerwarteten Punkt oder an einem unerwarteten Tag angreifen. »Fighting Mac« entschied sich am 10. August für das Erstere. Mit dreihundert Männern überquerte er am Nachmittag die Furt des Waingongoro, teilte seine Streitmacht aber bei hereinbrechender Dunkelheit. Die eine Hälfte unter Captain Page wich südwärts vom Pungarehu-Pfad ab, machte dabei gerade so viel Lärm, wie die Maori es von weißen Soldaten erwarten konnten, und zündete hier und da die kleinen Mais- und Weizenfelder an, die sich auf den Lichtungen fanden, um möglichst viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die andere Hälfte  – von Tempsky und seine Ranger  – marschierte unter strengstem Stillschweigen nach Norden, auf Pfaden, die selbst Takiora oft erst nach längerem Suchen fand. Auf diese Weise erreichten sie erst bei Einbruch der Dunkelheit das winzige, schon seit geraumer Zeit aufgegebene Eingeborenendorf Utawaka und beabsichtigten, am folgenden Tag Te Ngutu o te Manu zu umgehen und stattdessen das Eulennest anzugreifen.
    Aber der nächste Morgen brachte sintflutartige Regenfälle, auf die die Kampftruppe nicht vorbereitet war. Ein Offizier namens Brown rutschte aus, brach sich den Knöchel und musste, weil er ein schwerer Mann war, von vier Soldaten getragen werden. Eine ganze Abteilung unter Harry Hastings ging im strömenden Regen in die Irre und musste mühsam wieder aufgetrieben werden, und Hunderte schlammiger kleiner Bäche, die jetzt von den Hängen herabstürzten, veränderten die Landschaft so sehr, dass weder Takiora noch von Tempsky mehr einen gangbaren Weg finden konnte.
    An einen Angriff war nicht mehr zu denken, und fluchend befahl »Fighting Mac« am Nachmittag den Rückzug. Der Großteil seines Zorns traf Takiora, die behauptet hatte, die nötigen Pfade zu kennen oder zu finden, und McDonnell verstieg sich zu der Behauptung, dass ihm das mit Katene als Scout nicht passiert
wäre; woraufhin es beinahe eine ernste Auseinandersetzung mit von Tempsky gegeben hätte, der seine Geliebte gegen derlei ungerechtfertigte Angriffe natürlich in Schutz nahm.
    Im Busch war ihm der bei den Männern so populäre Deutsche natürlich überlegen, aber kaum in Camp Waihi angekommen, erteilte McDonnell Takiora den demütigenden Befehl, sich ins Lazarett und in ärztliche Behandlung zu begeben, da sie den Strapazen des Urwaldkriegs als Frau nicht gewachsen sei. Von Tempsky schluckte das nur, weil sein Freund Tom ihm gleichzeitig den Befehl gab, in aller Stille einen neuen, diesmal direkten Angriff auf Te Ngutu vorzubereiten, den er auch anführen sollte. Sie entschieden sich, nach einer mit Whisky und Zigarren ausführlich begangenen Versöhnung, jetzt für die andere Option: Sie würden an einem Tag mit so schlechtem Wetter angreifen, dass kein normaler Mensch mit einem Angriff rechnen konnte.
    Aber neun Tage lang blieb das Wetter fast vorfrühlingshaft schön. Erst am Abend des 20. August zogen sich dichte Regenwolken zusammen, und am nächsten Morgen konnte man unter Wassergüssen, die nicht mehr aus einzelnen Tropfen, sondern aus langen grauen Fäden zu bestehen schienen, kaum noch die Hand vor Augen sehen. Die Männer, diesmal nur ihre besten, waren jedoch darauf vorbereitet und überquerten ab halb sechs Uhr morgens und in bester Stimmung, an Stricken gesichert, die Stromschnellen, die sich während der Nacht an der Waingongoro-Furt gebildet hatten. Sie verständigten sich nur per Handzeichen, und das einzig Trockene an ihnen waren ihre Waffen, die sie in wasserdichten Kautschuk-Decken transportierten.
    Gegen zehn standen sie verwundert vor einer Palisade, die quer über den Pungarehu-Pfad verlief, und fragten sich, was das sein sollte. Von Tempsky, der die Anlage als einen genialen Hinterhalt erkannte, entdeckte schließlich die verborgenen Schützenlöcher und stellte anhand der zum Teil noch warmen Asche der kleinen Lagerfeuer fest, dass sie bis zum Abend zuvor noch

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