Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
Vom Netzwerk:
nur, dass diese Aussicht ihn kaum noch befriedigte. Er fühlte sich müde, zu müde sogar, um an Emilia zu schreiben. Einmal mehr hatte er sich wacker geschlagen, und einmal mehr hatte es überhaupt nichts bewirkt, im Gegenteil. Er wusste, dass »Fighting Mac« jetzt mit Sicherheit einen letzten verzweifelten und daher unüberlegten Versuch machen würde, den Aufstand niederzuschlagen.
    Die Einzige, die sich über die Entwicklung der Dinge freute, war Takiora, denn solange der Krieg weitergehen würde, wäre Manu-Rau an ihrer Seite. Er hatte ihr aus Te Ngutu die einzige nennenswerte Beute mitgebracht, die er finden konnte: einen zahmen Papagei, der »Whakarongo!« sagen konnte: »Hört mir zu!« Aber eben nicht mehr.

138.
    Der Amerikanische Bürgerkrieg hatte in seiner wörtlichen Bedeutung, als nicht mehr nur bewaffnete, sondern kriegerische Auseinandersetzung zwischen Bürgern desselben Staates, bereits 1855 im Territorium Kansas begonnen. Es gab politische Vorgaben, militärische Strategien, organisierte Truppenverbände, Aufmarschpläne, Rückzugs- und Nachschublinien und all das übrige Groß und Klein eines richtigen Krieges, mit einer Ausnahme: Die Kontrahenten trugen keine Uniformen und kämpften alle unter derselben, der amerikanischen Flagge. Sie kämpften paradoxerweise sogar alle im Namen
der Freiheit. Dass beide Seiten auch in göttlichem Auftrag unterwegs waren, verstand sich, wie in allen Kriegen, von selbst.
    Im Kansas-Nebraska Act von 1854 hatte der US-Kongress beschlossen, dass die Wähler in Kansas selbst entscheiden sollten, ob die Sklaverei in ihrem Territorium eingeführt würde oder nicht. Es galt also sowohl für die Sklavereigegner als auch ihre Befürworter, möglichste viele »Wähler« nach Kansas zu schaffen. Die New England Emigrant Aid Company , von Abolitionisten gegründet, ging dabei insofern noch rechtmäßig vor, als sie tatsächliche Siedler ihrer Denkrichtung, die sogenannten freesoiler , ins Territorium brachte, während die Sklavenhalter im benachbarten Missouri lediglich bezahlte Habenichtse über die Grenze schickten, die ihre Stimme abgaben und dann wieder nach Missouri zurückkehrten. Diese »hageren, unrasierten und ungewaschenen, trinkfesten Kerle aus Missouri« wurden als border ruffians , Grenzschläger, bekannt, weil sie sich auf ausdrückliche Aufforderung ihrer politischen Führer mit gezückten Messern und Revolvern Zugang zu den Wahlbezirken von Kansas verschafften.
    Ein auf diese abenteuerliche Weise gewähltes, sklavereifreundliches Territorialparlament war natürlich eine Farce, wurde aber aufgrund massiver politischer Einflussnahme der Sklavenhalterstaaten von der Bundesregierung anerkannt, während eine von den tatsächlichen Kansas-Siedlern und ihrer sklavereifeindlichen Mehrheit berufene verfassungsgebende Versammlung in Topeka als illegal angesehen wurde. Daraufhin bewaffneten sich beide Seiten, die politischen Töne wurden schriller und gingen bis zum Aufruf zur Lynchjustiz. Die Spaltung vollzog sich bis in den Senat der Vereinigten Staaten, und während ein Südstaatenmitglied des Hohen Hauses einen abolitionistischen Senatorenkollegen im Senatssaal blutig schlug, kam es in Kansas zur Bildung von Guerilla-Einheiten und ersten Raids , also Kommandooperationen gegen vermeintliche oder tatsächliche Gegner in der Zivilbevölkerung. Farmen und Felder wurden niedergebrannt, geplündert, ihre Besitzer erschossen, gehängt oder auf noch mittelalterlichere Weise zu Tode gebracht.
    Diese bis an die Zähne bewaffneten Banden, die sich stets nur zu ihren feigen nächtlichen Überfällen zusammentaten und dann wieder zerstreuten, die abolitionistischen Jayhawker und die noch im Bürgerkrieg berüchtigten Bushwacker auf Sklavenhalterseite, waren ein Sammelbecken von Fanatikern, Psychopathen, Killern, Wirrköpfen und Schlägern, die ihr Vergnügen darin fanden, ihre Nachbarn zu terrorisieren. Der Schlimmste unter ihnen war der sechsundfünfzigjährige Abolitionist John Brown, Vater von zwanzig Kindern, Träger eines alttestamentarischen Barts und ein in jedem Geschäft, ja sogar als Farmer gescheiterter Mann.
    Im Mai 1856 schätzte Brown, dass seit Beginn der Kämpfe in Kansas mindestens fünf seiner Gesinnungsgenossen ums Leben gekommen waren, und fühlte sich von Gott berufen, die Morde an diesen free soilers zu rächen. In seiner unmittelbaren Nachbarschaft am Pottawatomie Creek entführte er also mit seiner nicht minder verrückten Truppe fünf

Weitere Kostenlose Bücher