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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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zuvor verpasst hatte. Nur die beiden Willoughbys waren leer ausgegangen, zweifellos weil ihr alter Vater in einem gepolsterten Rollstuhl saß, in den ihn der Amerikanisch-Mexikanische Krieg befördert hatte.
    Das Gespräch wogte lange hin und her, ehe General Willoughby seine versammelten Nachbarn zum Verstummen brachte, indem er mehrmals mit einer völlig überflüssigen Reitpeitsche über die eisernen Speichen seines Jammergefährts strich.
    »Schluss jetzt«, sagte er leise. »Es hat sich nichts Neues ergeben, und wir werden auch nichts erfahren, solange wir alle nur raten.« Er wandte sich an einen hochgewachsenen, weißhaarigen Gentleman, der sich eben aus einer Karaffe mit Branntwein bediente. »Lem! Besteht die Chance, dass der alte Nathan überlebt?«
    »Nein«, sagte der Angesprochene achselzuckend. »Ich bin Arzt, kein Zauberer! Und selbst wenn: Reden wird er nie wieder, und schreiben kann er nicht.«
    »Gut«, erwiderte der General. »Dann sehe ich keinen Grund, sein Leiden unnötig zu verlängern.« Er gab seinem Sohn Michael einen Wink, und der ging wortlos hinaus, um die offenbar vorher abgesprochenen
Instruktionen an einen der Sklavenaufseher weiterzugeben. »Also«, sagte wieder der alte Willoughby, als das erledigt war. »Wie kriegen wir diesen Moses?«
    Die kleine, aber feine Gesellschaft zuckte kollektiv zusammen, als sie den verhassten Namen hörte. »Dieser Moses«, eine Art Prophet für die Schwarzen, hatte in den vergangenen Jahren überall im Süden immer wieder Sklaven entführt beziehungsweise zum Weglaufen überredet, ohne dass man bisher mehr von ihm wusste als seinen Namen.
    »Achtunddreißig Nigger können doch nicht spurlos verschwinden!« , sagte erbost Thomas Enderby. »Sie müssen essen und irgendwie wegkommen, also sich bewegen.«
    »Meine Jungs reiten sich seit einer Woche den Hintern wund«, erwiderte Henry Hunter, Chef der Louisiana-Miliz, Regiment Denham Parish, mit einer tief im Rachen nahezu gurgelnden Stimme. Der nun schon zum dritten oder vierten Mal zwischen den Zeilen geäußerte Vorwurf mangelnder Wachsamkeit ließ ihn kurzfristig sogar die Anwesenheit einer Dame wie Marie-Therese Bonneterre vergessen, deshalb fuhr er erst nach einem verlegenen Räuspern fort. »Entschuldigung, Madame, aber so ist das nun mal. Ich habe sechzig Mann auf allen Straßen, Tag und Nacht. Die beschweren sich schon, weil sie ihre eigenen Farmen nicht so lange liegen lassen können.«
    »Vielleicht war der Kreis, den wir gezogen haben, von Anfang an zu klein«, sagte Madame Bonneterre und fügte bewusst derb hinzu: »Also erlösen wir die Ärsche unserer Jungs und schicken wir sie auf ihre Farmen zurück!« Dröhnendes Gelächter antwortete ihr, und erst als es verebbt war, fuhr sie mit mildem Lächeln fort: »Warten wir, Gentlemen. Vergessen wir diese achtunddreißig Nigger und bauen wir eine Falle für Moses, wenn er das nächste Mal zuschlägt.«
    »Entschuldige, Mary«, schaltete sich wieder General Willoughby ein. »Aber achtunddreißig Nigger, das sind fünfzigtausend Dollar. Keiner von uns«  – und hier lächelte er ironisch  – »die Bonneterres einmal ausgenommen, kann es sich leisten, auf so viel Geld einfach zu verzichten.« Zustimmendes Gemurmel erhob sich. »Außerdem«,
fügte Willoughby hinzu, »habe ich das Gefühl, dass sie noch nicht im Norden sind, sondern immer noch hier unten. An einem Ort, den wir nicht kennen. Die gottverfluchten Railroader 4 werden es nicht wagen, einen solchen Haufen Nigger auf einen Schlag wegzubringen. Die werden sie tröpfchenweise raufschaffen  – und das ist unsere Chance!«
    »Aber wir können doch nicht den ganzen Mississippi überwachen«, grollte Hunter. »Wir brauchen mindestens einen Anhaltspunkt, eine Stelle, an der wir anfangen. Wir können nicht jeden einzelnen Nigger auf jedem verdammten Schiff überprüfen.«
    »Müssen wir auch nicht«, beschwichtigte der General. »Vielleicht nicht. Ich habe schon letzte Woche nach New York telegrafiert und einen Mann hergebeten, der uns helfen kann.«
    »Einen Yankee?!«, schnaubte Enderby entrüstet.
    »Die Yankees, Tom«, entgegnete Willoughby, »haben bei all ihrer Charakterlosigkeit einen Vorzug, und das ist ihre Geldgier. Man kann sie für alles mieten.«
    »Wofür um alles in der Welt willst du denn einen Yankee mieten, Pa?«, warf der junge Dick Willoughby vorwitzig ein. »Ist er ein Zauberer?« Das leise Gelächter, das daraufhin entstand, galt weniger dieser Äußerung als vielmehr

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