Fluch des Wolfes: Alpha & Omega 3 - Roman (German Edition)
mit seinen Befehlen, durch seine Charakterstärke, dadurch, dass er die jungen Männer nie vergessen ließ, dass er es war, der für ihre Sicherheit sorgte und ihnen eine Richtung gab– und sie, falls nötig, umbringen würde.
Die Körpersprache, die Anna an Les Heuter beobachtete, wann immer der alte Mann ihn nicht ansah, verriet ihr außerdem, dass Heuter mit seiner Position in der zweiten Reihe nicht zufrieden war: Er war bereit, schon beim ersten Zeichen der Schwäche die Macht zu übernehmen. Das hatte sie auch in seiner Stimme gehört. Der alte Mann hätte es wissen müssen. Die Tatsache, dass er nichts ahnte, verriet Anna, dass er schwächer wurde und nicht mehr lange herrschen würde.
» Lass dich anschauen, Süße!«, flötete der alte Mann, als er an den Käfig trat. Dass sie sich in einen Wolf verwandelt hatte, schien ihn nicht zu stören. » Schwarz wie Teer mit eisblauen Augen. Ich habe noch nie einen Wolf mit blauen Augen gesehen.«
Sie musste sich dazu zwingen, nicht zurückzuweichen. Er roch nach Pfeifenrauch. Charles roch auch manchmal so, nachdem er eine der Zeremonien durchgeführt hatte, die sein Großvater ihm beigebracht hatte.
Charles tat das nicht oft, aber Anna hatte gelernt, die Zeichen zu erkennen. Er wurde für ein paar Tage ruhelos, dann verschwand er allein in die Wälder– oder schleifte sie mit–, um einen Ort zu finden, an dem er Tabak verbrennen und in der Sprache seiner Mutter zu den Geistern singen konnte.
Manchmal erklärte er ihr, was er tat; manchmal nicht. Sie fragte nicht, warum er zu bestimmten Jahreszeiten Steine heranschleppte oder kleine Stoffstücke darauflegte. Er hatte ihr einmal erklärt, dass man manche Dinge teilen konnte, andere aber nicht– und das reichte ihr.
Aber Charles’ Tabakgeruch hatte sich zu etwas entwickelt, was sie beruhigte. Sie hasste den alten Mann dafür, dass er das nun zerstörte.
» Onkel Travis, sie ist ein Wolf.« In Benedicts Stimme lag ein weinerlicher Unterton, der besser zu einem Teenager gepasst hätte, der über den Zapfenstreich verhandelt, als zu einem erwachsenen Mann. Anna war sich inzwischen absolut sicher, dass etwas mit ihm nicht stimmte, über die Tatsache hinaus, dass er ein soziopathischer– oder war es psychopathischer?– Serienkiller war. » Als Wolf ist sie nutzlos. Ich mag keine alten Männer oder Jungs, aber ich kann es mit ihnen. Mit einem Wolf mache ich es nicht– das ist einfach nur krank!«
» Ruhig!«, ermahnte der alte Mann ihn. » Sie können nicht ewig Wölfe bleiben. Morgen ist Vollmond; so lange kann sie ein Wolf bleiben. Aber wenn der Mond untergeht, muss sie sich wieder verwandeln.«
Er irrte sich. Solange es ihr nichts ausmachte, sich an ihre Wölfin zu verlieren, konnte sie unendlich lange ein Wolf bleiben. Aber er klang sehr selbstsicher. Vielleicht enthielt die Datenbank von Cantrip mehr Falschmeldungen als nur die Information, wer zum Feenvolk gehörte und wer nicht.
» Ich kann nicht bis morgen warten«, erklärte Heuter.
» Du bist kein Werwolf«, belehrte Benedict ihn. » Du brauchst den Vollmond für gar nichts.«
» Nein, der Mond ist mir egal.« Heuter lächelte. » Ich kann es kaum erwarten zu sehen, wie dieser selbstgefällige Bastard austickt, weil wir seine Frau haben und er sie nicht finden kann.«
» Du gehst nicht einmal in seine Nähe!«, blaffte ihn Onkel Travis gereizt an. » Sei nicht so dumm! Du wirst selbstgefällig, und dann wittert er es. Vielleicht nimmt er sogar ihren Geruch an dir wahr.« Er wandte seinen Blick nicht von Anna ab, also bemerkte er die Feindseligkeit nicht, die in Les Heuters Blick aufblitzte und wieder verschwand.
Anna verfügte nicht über Charles’ gutes Gedächtnis, aber sie war sich ziemlich sicher, dass Heuter fast dreißig war– zu alt, um immer noch herumkommandiert zu werden wie ein Kind. Werwölfe allerdings mussten den Befehlen ihres Alpha folgen, oder sie wurden getötet. Vielleicht war es bei Heuter ähnlich? Möglicherweise kannte sein Onkel ihn besser als sie, und die ständige Todesdrohung reichte, um ihn unter Kontrolle zu halten.
» Du wirkst so brav da drin«, sagte Onkel Travis– und Anna brauchte einen Moment, bis sie verstand, dass er mit ihr sprach, weil er seit seinen Worten, die er an Heuter gerichtet hatte, weder Stimmlage noch Körperhaltung verändert hatte. » Hast du Angst, Prinzessin? Das solltest du auch. Deine Art versucht, die Welt zu übernehmen. Mich führt ihr nicht in die Irre mit euren PR -Maßnahmen nach
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