Flucht aus der Zukunft
Dinge von allen Seiten beleuchten.
Er glaubte nicht, daß so etwas möglich war. Er hielt an dem Gedanken fest, daß man die Vergangenheit nicht verändern konnte. Denn die Vergangenheit war ein geschlossenes Buch. Sie war bereits geschehen. Jede Manipulation, die ein Zeitreisender vorgenommen haben könnte, war bereits aufgezeichnet.
Und das macht uns zu Marionetten, dachte Quellen düster. Er war am Ende seiner Folgerungen angelangt. Angenommen, ich ginge zurück in das Jahr 1772, um George Washington zu töten? In allen Geschichtsbüchern steht, daß Washington bis zum Jahre 1799 lebte. Ist es dadurch unmöglich gemacht worden, ihn 1772 umzubringen?
Er runzelte die Stirn. Solche Überlegungen machten ihn ganz schwindlig. Abrupt wandte er sich wieder der Arbeit zu. Er mußte einen Weg finden, um den verbotenen Strom in die Vergangenheit aufzuhalten. Er mußte es schon tun, um die Tatsache zu erfüllen, daß nach 2491 keine Zeitreisenden mehr in die Vergangenheit gekommen waren.
Einen Punkt gab es, an dem er einhaken konnte.
Viele der Zeitreisenden hatten das Datum zugegeben, an dem sie den Sprung gewagt hatten. Dieser Martin Backhouse zum Beispiel. Er hatte die Reise am 1. November 2488 gemacht. Dagegen konnte jetzt nichts mehr unternommen werden. Aber wenn sich unter den Entdeckten einer befand, der am 4. April 2490 aufgebrochen war? Das wäre nächste Woche. Wenn man so einen Menschen unter Bewachung stellen könnte, ließe sich ein Weg zu dem Unternehmen finden. Vielleicht konnte man den Mann sogar davon abhalten, die Reise zu machen ...
Quellens Mut sank. Wie konnte man jemanden davon abhalten in die Vergangenheit zu gehen, wenn jahrhundertealte Dokumente sagten, daß er dennoch angekommen war? Wieder ein Paradoxon. Es könnte die Struktur des Universums erschüttern, wenn ich eingreife, dachte Quellen, wenn ich einen Menschen aus seiner Lebensmatrix reiße ...
Er suchte die endlosen Reihen der Zeitreisenden durch. Mit dem verstohlenen Vergnügen eines Menschen, der genau weiß, daß er etwas Gefährliches tut, suchte Quellen nach der Information, die er brauchte. Es dauerte eine ganze Weile. Brogg hatte die Namen der Zeitreisenden alphabetisch geordnet und nicht darauf geachtet, in welchem Verhältnis die Abreisedaten zueinander standen. Außerdem hatten sich viele der Ankömmlinge geweigert, das Datum anzugeben.
Aber nach einer halben Stunde geduldigen Suchens hatte er den Mann, den er brauchte:
RADANT, CLARK R.: Entdeckt am 12. Mai 1987 in Brooklyn, New York. Acht Tage verhört. Angegebenes Geburtsdatum: 14. Mai 2458, angebliches Abreisedatum Mai 2490 ...
Das genaue Datum stand nicht da, aber es würde genügen. Während des kommenden Monats würde man Clark Radant genau überwachen. Mal sehen, ob er dann noch in die Vergangenheit fliehen kann, dachte Quellen.
Er drückte auf einen Komputerknopf und wählte die Personalaufzeichnungen.
»Ich brauche Auskunft über Clark Radant, geboren am 14. Mai 2458«, sagte er.
Der große Komputer, der sich irgendwo in der Tiefe des Gebäudes befand, war so konstruiert, daß er unmittelbar antworten konnte. Aber die Auskunft, die Quellen erhielt, war alles andere als brauchbar.
»KEINE AUFZEICHNUNGEN ÜBER CLARK RADANT, GEBOREN AM 14. MAI 2458«, lautete die Antwort.
»Keine Aufzeichnungen? Heißt das, daß die genannte Person nicht existiert?«
»JAWOHL.«
»Das ist unmöglich. Er wird in den Listen der Zeitreisenden geführt. Das kann man nachprüfen. Er tauchte am 12. Mai 1987 in Brooklyn auf.«
»DAS STIMMT. CLARK RADANT BEFINDET SICH UNTER DEN REISENDEN DES JAHRES 2490 UND KAM IM JAHRE 1987 AN.«
»Na also! Du mußt also irgendeine Information über ihn haben. Weshalb ...«
»VERMUTLICH HAT DER MANN EINEN FALSCHEN NAMEN EINGETRAGEN. UNTERSUCHEN SIE DIE MÖGLICHKEIT, DASS DER NAME RADANT NUR EIN PSEUDONYM IST.«
Quellen biß sich auf die Lippen. Natürlich! Dieser Radant hatte einen falschen Namen angegeben, als er im Jahre 1987 landete. Vielleicht waren alle Namen auf der Liste der Zeitreisenden falsch. Vielleicht riet man ihnen vor der Abreise, die Namen abzuändern, oder man brachte sie dazu, daß sie sie vergaßen. Der rätselhafte Clark Radant war acht Tage lang verhört worden, hieß es, und doch hatte er keinen Namen angegeben, der im Geburtenregister stand.
Quellen sah seinen kühnen Plan zu einem Nichts zerfließen. Aber er versuchte es noch einmal. Nach fünf Minuten stieß er auf eine neue Spur:
MORTENSEN, DONALD G.:
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