Flucht aus der Zukunft
Anwesen blühte auf. Wenn der Herr oder die Herrin etwas wünschten, so hatten sie es noch nicht ausgesprochen, als er schon ihre Gedanken las und sich sofort auf den Weg machte, ohne erst den Befehl abzuwarten. Er wußte, wo sie ihr Gold und ihre Edelsteine verborgen hatten. Und er sprach des öfteren zu ihnen: »Wozu diese kleinliche Horten von Gold und Silber? Ist das Leben nicht kurz? Darum macht es euch schön, gebt euer Gold aus, sonst scheidet ihr hin, ohne das Leben und das Gut genossen zu haben, das ihr so geizig verwahrt.« Er sah darauf, daß es das Gesinde und die Bauern gut hatten, und ließ ihnen ausgewählte Speisen und Getränke zukommen ... Dieser merkwürdige rothaarige Mann setzte keinen Fuß über eine Kirchenschwelle, er besaß kein Brevier, und er brachte kein katholisches Wort über die Lippen. Er hegte auch keine religiösen Gefühle. Er schlief nicht im Herrenhaus. Aber er war doch stets bereit, wenn er irgendwo gebraucht wurde.
Der Chronist berichtet weiter, daß die Stakepole-Kinder auf den geheimnisvollen Simon aufmerksam wurden und ihn heimlich zu beobachten begannen.
Und eines Nachts, als sie hinter einem Hollerbusch hervorlugten, während der fremde Mann in das stille Wasser des Mühlteiches starrte, sahen sie, wie er die Lippen bewegte, als spräche er mit einem Unbekannten.
Das berichteten sie ihrem Vater, und der tugendsame Ritter handelte.
Als sie ihm die Schlüssel abnahmen, fragte die Hausherrin: ›Wer seid Ihr?‹
Er erwiderte: ›Gezeugt hat mich eine Bauersfrau dieser Gemeinde, der ein Dämon in Gestalt ihres eigenen Ehgemahls beischlief.‹
Er nannte den genarrten Mann mit Namen, und es stellte sich heraus, daß er seit einiger Zeit tot war. Die Mutter lebte noch, und als man sie streng befragte, bekannte sie die Tat in einem öffentlichen Geständnis.
Interessant, dachte Quellen. Woher hat Brogg diese Dinge? Es konnte sich bei dem Rothaarigen sehr gut um einen Zeitreisenden handeln, der durch einen Zufall zu weit in die Vergangenheit geraten war. Und es gab noch mehr Zeugnisse von Chronisten aus Klöstern. Nach Broggs Zusammenstellung war das zwölfte und dreizehnte Jahrhundert eine wahre Fundgrube für solche unerklärlichen Fälle. Und es waren nicht immer nur Menschen aufgetaucht. Quellen las einen Bericht aus dem Jahre 1171, der im Eulogium Historiarium der Malmesbury-Abtei stand:
In der Weihnacht, der Geburtsstunde des Herrn, vernahm man Donner und Blitz wie noch nie zuvor. Und zu Andover wurde ein Pfaffe um Mitternacht vor versammelter Gemeinde vom Blitz niedergeschlagen, ohne daß er verletzt wurde ... und zwischen seinen Füßen lief ein Wesen hin und her, das wie ein Schwein aussah ...
Brogg hatte einen Parallelfall in den Annales Francorum Regium des Mönches Bertin gefunden. In einem Eintrag des Jahres 856 stand zu lesen:
Im August las Teotogaudus, Bischof zu Trier, vor Klerikern und Laien das Hochamt, als eine gar schreckliche Wolke, begleitet von Donner und Blitz, die ganze Kirchengemeinde erschreckte und das Geläute der Glocken übertönte. Die ganze Kirche wurde so von Dunkelheit erfüllt, daß die Menschen kaum ihre Nachbarn sehen konnten. Und plötzlich erschien ein riesiger Hund aus einer Öffnung in der Erde und rannte um den Altar herum.
Schweine? Hunde? Ob es die ersten Versuche waren, Lebewesen in die Vergangenheit zu befördern? Er konnte sich vorstellen, daß die Maschine noch neu und unerprobt war und daß man zuerst Tiere in das Feld gebracht hatte. Diese Tiere waren es dann, die die abergläubischen Menschen des Mittelalters zu Tode erschreckt hatten. Wahrscheinlich waren anfangs Irrtümer in der Berechnung der Zeit noch häufig vorgekommen, denn mit Absicht hatten die Erfinder der Maschine die Tiere und Menschen bestimmt nicht in ein Zeitalter jenseits der Industrierevolution versetzt.
Aber Broggs Material enthielt nicht nur Episoden aus dem Mittelalter. Eine ganze Menge Beispiele stammten aus späteren Zeiten. Quellen studierte den Fall eines jungen Mädchens, das an einem Aprilabend im Jahre 1817 vor einer Hütte in Bristol erschienen war und in »einer fremden Sprache« um Essen gebettelt hatte.
Woher wußte man dann, was sie wollte? Die Spule gab keine Antwort darauf. Quellen erfuhr statt dessen, daß man das unverständlich redende Mädchen vor den Magistrat, einen gewissen Samuel Worral, gebracht hatte, der sie zu sich ins Haus nahm, anstatt sie wegen Landstreicherei zu verhaften. (Verdächtig! fand
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