Flucht aus der Zukunft
»Sollen wir dem Befehl der Hohen Regierung folgen, den Mann einfangen und die Zeitreisen einstellen? Oder sollen wir, wie Koll es vorschlägt, alles laufen lassen – was nicht nur gegen die Oberen ist, sondern auch mit der Geschichte nicht übereinstimmt.«
»Ich brauche Zeit, um den Fall zu studieren«, sagte Quellen zurückhaltend. Er wollte sich auf keinen Fall zwingen lassen, einem seiner beiden Vorgesetzten recht zu geben.
»Dann lassen Sie sich von mir gleich jetzt aufklären«, sagte Spanner mit einem Seitenblick auf Koll. »Wir haben unsere Instruktionen von der Hohen Regierung, und es ist zwecklos, sie zu diskutieren. Koll weiß recht gut, daß Kloofman ein persönliches Interesse an dem Fall gezeigt hat. Unsere Aufgabe ist es, die illegale Tätigkeit aufzuspüren und unter unsere Kontrolle zu bringen. Koll, wenn Sie nicht dieser Meinung sind, sprechen Sie am besten mit der Hohen Regierung.«
»Ich habe keine Einwände«, meinte Koll. »Quellen?«
Quellen versteifte sich. »Ja, Sir?«
»Sie haben gehört, was Mister Spanner sagte. Machen Sie sich schnell an die Arbeit. Spüren Sie diesen Kerl auf, der die Zeitreisen organisiert, und stellen Sie ihn kalt, aber nicht, bevor Sie hinter sein Geheimnis gekommen sind. Die Hohe Regierung möchte den Vorgang kontrollieren. Und der illegalen Tätigkeit ein Ende bereiten. Es liegt an Ihnen, Quellen.«
Er war entlassen.
2
Norman Pomrath sah seine Frau kühl an und fragte: »Wann wird dein Bruder endlich etwas für uns tun, Helaine?«
»Ich sagte dir doch schon, daß er es nicht kann.«
»Er will nicht, meinst du wohl.«
»Er kann nicht. Wofür hältst du ihn denn? Für Danton? Und jetzt geh bitte auf die Seite. Ich möchte eine Dusche nehmen.«
»Wie nett, daß du wenigstens bitte gesagt hast«, knurrte Pomrath. »Man ist schon für die kleinsten Aufmerksamkeiten dankbar.«
Er trat zur Seite. Aus einem Gefühl der Zurückhaltung heraus sah er nicht zu, wie seine Frau die grüne Tunika abstreifte. Sie schob ihr Kleid achtlos zur Seite und trat unter die Moleküldusche. Wie sie mit dem Rücken zu ihm dastand, beobachtete er sie. Zurückhaltung war wichtig, dachte Pomrath. Selbst wenn man elf Jahre verheiratet ist, muß man dem Partner in diesen stinkenden Einzimmerwohnungen etwas Privatleben gönnen. Sonst schnappt man über. Er kaute an seinem Fingernagel und warf einen verstohlenen Blick auf den mageren Körper seiner Frau.
Die Luft in ihrem Apartment war schlecht, aber Pomrath wagte es nicht, die Sauerstoffzufuhr aufzudrehen. Er hatte den Vorrat für diese Woche schon verbraucht, und wenn er den Hebel herunterdrückte, würde ihm der Komputer tief unter der Erde ein paar unangenehme Dinge sagen. Pomrath hatte das Gefühl, daß seine Nerven das Geschwätz des Sparsamkeitskomputers jetzt nicht ertragen konnten. Seine Nerven konnten überhaupt wenig vertragen. Er war Klasse Vierzehn, und das war schlimm genug, und seit einem Vierteljahr hatte er keine Arbeit, was noch schlimmer war. Dabei war sein Schwager in Klasse Sieben. Das wühlte besonders in ihm. Aber was nützte ihm dieser Joe Quellen? Der verdammte Kerl war nie daheim. Entzog sich seinen Familienpflichten.
Helaine hatte ihre Dusche beendet. Beim Molekülbad wurde kein Wasser verwendet. Nur Klasse Zehn und darüber hatten das Vorrecht, Wasser zur Körperreinigung zu benutzen. Da die meisten Menschen auf der Welt Klasse Elf und darunter waren, hätte der Planet zum Himmel gestunken, wenn es nicht die praktischen Molekülbäder gegeben hätte. Man zog sich aus, stellte sich vor die Düse, und Ultraschallwellen entfernten geschickt den Schmutz von der Haut und gaben einem das Gefühl, sauber zu sein. Pomrath sah nicht weg, als Helaine sich umdrehte und nackt vor ihm stand. Sie zwängte sich in ihre Tunika. Früher, erinnerte er sich, hatte er sie für atemberaubend gehalten. Und dann hatte sie immer mehr an Gewicht verloren. Sie war jetzt mager. Es gab Zeiten – besonders nachts –, in denen sie überhaupt nichts Weibliches mehr für ihn hatte.
Er setzte sich auf die Schaumstoffbank, die an der fensterlosen Wand stand, und fragte: »Wann kommen die Kinder heim?«
»In einer Viertelstunde. Deshalb habe ich jetzt noch eine Dusche genommen. Bleibst du hier, Norm?«
»Ich gehe in fünf Minuten.«
»In die Traumbar?«
Er sah sie stirnrunzelnd an. Sein von vielen Niederlagen gezeichnetes Gesicht sah immer so aus, als runzelte er die Stirn. »Nein«, sagte er. »Nicht in die Traumbar. Zur
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