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Flucht aus Katmandu

Titel: Flucht aus Katmandu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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nächtlichen Dschungelgeräusche zu ignorieren und ein paar Äste zu sägen.
    Ich schien gerade einzuschlafen, als mir auffiel, daß ich eigentlich überhaupt keine Dschungelgeräusche hörte. Das kam mir komisch vor. Und Sunyash hob vor mir ihren großen Kopf, und sie hatte den Rüssel ausgestreckt und schien anscheinend herumzuschnüffeln.
    Und plötzlich legte sie den Kopf zurück, daß unsere Stirnen beinahe gegeneinander geprallt wären, und stieß einen Trompetenstoß aus wie von vierzig Waldhornspielern, die man gleichzeitig in den Magen getreten hatte, und dann setzte sie sich in Bewegung. Sie kümmerte sich gar nicht um das, womit Freds und Dawa sie angebunden hatten, und nach allem, was ich wußte, zerrten wir einen Saalbaum in unserem Kielwasser hinter uns her, doch auf jeden Fall donnerten wir durch den Dschungel. Ich klammerte mich aus nackter Angst ums Leben an dem vorderen Geländer der Plattform fest und rief Sunyash so einiges zu, doch nichts davon schien irgendeinen Einfluß auf ihr Toben zu haben. Sie wollte hier weg, und ich glaubte, den Grund dafür zu kennen. Ein Tiger! Würde er uns verfolgen, an Bord springen und mich fressen? Äste schlugen gegen meinen Körper, als Sunyash durch die Bäume preschte, und sie lief schneller, als ich es je für möglich gehalten hätte. Ein Elefant kann ein beträchtliches Tempo erreichen, und wenn er es erst einmal erreicht hat, scheint man auf einem Zug zu sitzen, einem Zug, der entgleist ist und heftig über unebenen Boden poltert. Ein Ast schlug mir gegen die Stirn, und danach nahm ich alles nur noch undeutlich wahr. Mein Leben schien davon abzuhängen, daß ich sie bremste, und ich sah keine andere Alternative, als unter dem vorderen Geländer hindurchzuschlüpfen und auf den Fahrersitz zu gleiten, wobei ich jeweils einen Stiefel unter ihren Ohren gegen ihren Hals drückte. Nachdem mir das gelungen war, stellte ich fest, daß es kein besonders sicherer Sitz war; man konnte sich nirgendwo festhalten. Ich beugte mich vor und packte ihre Ohren, die wild auf und ab schlugen, und zerrte an ihnen, so heftig ich konnte. Sunyash warf den Kopf hin und her und hätte mich beinahe abgeschüttelt, doch mein Rücken knallte gegen das Plattform- Geländer, und ich verlor nur meinen Atem.
    Und dann fiel sie in einen schnellen Trott zurück. »Gute Sunyash«, rief ich ihr zu und wünschte, ich würde mehr von der nepalesischen Elefantenführersprache beherrschen. »Sunyash«, sagte ich mit so ruhiger Stimme, wie ich sie aufbringen konnte. Sie würde das Wort erkennen. Ich wiederholte es wie ein Mantra. Sie wurde etwas langsamer, aber nicht viel. Ich wußte nicht, ob sie wußte, wo sie war. Vielleicht lief sie zu den Ställen des Lagers zurück; vielleicht hatte sie sich aber auch verirrt. Ich glaubte, über meine linke Schulter noch einen fernen Schimmer der Scheinwerfer des Tiger View sehen zu können.
    Ich verspürte keine Gewissensbisse, Freds und Dawa dort auf ihrem Hügel zurückzulassen, zumindest nicht, bis es hell wurde. Doch falls Sunyash einfach ziellos herumwanderte, würde ich bei Anbruch der Dämmerung genauso wenig wissen, wo ich war, wie jetzt. Also versuchte ich zögernd, ihr die Richtung zu weisen. Das war so ähnlich, als wollte man Autofahren lernen, während der Wagen ohne Kontrolle einen Berg hinabrollt, doch abgesehen von den gelegentlichen tiefhängenden Zweigen bestand keine unmittelbare Gefahr. Wie ich es mir gedacht hatte, brachte ein Tritt unter das linke Ohr sie dazu, etwas nach rechts zu steuern. Weitere Tritte unter beide Ohren bestätigten, daß sie um ein paar Grad abbog, wenn man nur hart genug trat, um sie zu überzeugen, daß man es ernst meinte. Also knuffte ich sie immer wieder unter ihr linkes Schlappohr, bis wir den Weg zurückkehrten, den wir gekommen waren, wobei sie dann allerdings langsamer wurde und schließlich sogar stehenblieb. »Komm schon, Sunyash.« Kein Mucks. »Geh!«
    Sie wollte nicht verstehen. Keine Bewegung. Nun würden die gröberen Führer ihre Eisen nehmen und die Tiere buchstäblich in den Kopf stechen und ihnen abwechselnd heftige Tritte direkt hinter beide Ohren versetzen. Ich hatte gesehen, wie ein Elefant, der sich weigerte, eine kleine Brücke zu überqueren, auf diese Weise dazu gebracht wurde, geradewegs in den Kanal zu treten, den die Brücke überspannte, und auf der anderen Seite hinaufzulaufen, wobei beide Bewegungen äußerst unbeholfen gewirkt hatten. Und andere Führer hatten diese Methode auf

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