Flucht Der Sklaven
müde zu sein, als hätte sie diesen Unterricht erteilt. Vandene gab ihr auch keine Ratschläge, jedenfalls keine dieser Art. Elayne hatte im Rahmen ihres Schulunterrichts auch die Nationen an der Grenze zur Großen Fäule studiert und ihr Vorhaben mit der weißhaarigen Grünen besprochen, die die Grenzländer gut kannte, dennoch hätte sie Vandene nur zu gern mitgenommen. Jemand, der dort gelebt hatte, würde vielleicht Nuancen sehen, die ihr verborgen blieben. Aber sie wagte es nicht, mehr als nur ein paar hastige Fragen zu stellen, während Essande sie ankleidete, nur um sich ein paar der Dinge wieder ins Gedächtnis zurückzurufen, die Vandene ihr bereits erzählt hatte. Dabei wurde ihr klar, dass sie keine Ermutigung brauchte. Sie fühlte sich so konzentriert wie Birgitte, wenn diese einen Bogen spannte.
Schließlich musste man Reanne von dem Ort holen, an dem sie wieder damit beschäftigt war, einstige Sul'dam davon zu überzeugen, dass auch sie die Macht lenken konnten. Reanne hatte das Gewebe im Stallhof jeden Tag seit Merililles Aufbrach gewoben; sie konnte es mühelos an derselben Stelle im Braem-Wald öffnen. Im Palast gab es keine Karten dieser Gegend, die gut genug waren, dass Merilille die Position der Lager genau bestimmen konnte, und wenn Elayne oder Aviendha das Wegetor woben, öffnete es sich unter Umständen zehn oder noch mehr Meilen weiter von den Lagern entfernt statt auf der kleinen Lichtung, die Reanne kannte. Der Schneefall hatte kurz vor der Rückkehr der Grauen Schwester aufgehört, dennoch würden zehn Meilen in frisch gefallenem Schnee mindestens zwei weitere Stunden Ritt bedeuten. Elayne wollte das schnell erledigt wissen. Schnelligkeit. Jeder musste schnell handeln.
Dem Meervolk blieb die Aufregung, die den Palast erfasste, gewiss nicht verborgen; Gardistinnen, die durch die Gänge liefen und Nachrichten überbrachten oder diese oder jene Person holten, aber Elayne sorgte dafür, dass man ihnen nichts sagte. Angenommen, Zaida wollte mitkommen, so war sie durchaus dazu fähig, eine ihrer Windsucherinnen ein eigenes Wegetor weben zu lassen, falls Elayne sich weigerte, und die Herrin der Wogen war eine Komplikation, die es zu vermeiden galt. Die Frau führte sich schon so auf, als hätte sie genauso viel Recht im Palast zu sein wie Elayne. Eine Zaida, die versuchte, alles an sich zu reißen, konnte ihr Vorhaben genauso sicher ruinieren wie Mellar, der sie lüstern angrinste.
Sich zu beeilen schien außerhalb Essandes Möglichkeiten zu liegen, aber alle anderen arbeiteten mit fliegenden Fingern, und als die Sonne genau im Zenit stand, saß Elayne auf Feuerherz und ritt langsam durch den Schnee im Braem-Wald, fast fünfzig Meilen nördlich von Caemlyn entfernt, rechnete man so, wie die Wildgans flog, aber nur einen Schritt durch ein Wegetor in den dichten Wald aus hohen Kiefern und Zwerglorbeer und Eichen, dessen grauästige Bäume ihre Blätter verloren hatten. Gelegentlich wich der Wald zurück und enthüllte breite, von einem weißen Schneeteppich bedeckte Wiesen, die bis auf die Abdrücke von Merililles galoppierendem Pferd unberührt waren. Merilille war mit dem Brief vorausgeschickt worden, und Elayne, Aviendha und Birgitte waren ihr nach einer Stunde gefolgt, um ihr die nötige Zeit zu verschaffen, die Grenzländer vor ihnen zu erreichen. Die Straße von Caemlyn nach Neu-Braem lag einige Meilen westlich. Sie hätten genauso gut tausend Meilen von menschlichen Siedlungen entfernt sein können.
Für Elayne war das Ankleiden eine genauso ernste Angelegenheit wie die Zusammenstellung einer Rüstung gewesen. Ihr Umhang war für zusätzliche Wärme mit Marderfell gefüttert, aber das Material war dunkelgrüne Wolle, weich und doch dick, und das Reitgewand bestand aus grüner Seide und war schmucklos. Selbst die engsitzenden Reithandschuhe waren aus einfachem dunkelgrünen Leder. Solange keine Schwerter gezogen wurden, war das die Rüstung, in der eine Aes Sedai Herrschern gegenübertrat. Ihr einzig sichtbarer Schmuck war eine kleine Brosche aus Bernstein in Form einer Schildkröte, und falls jemand das merkwürdig finden sollte, war das seine Sache. Keiner ihrer Rivalen verfügte über genügend Möglichkeiten, ein Heer aus Grenzländern als Falle aufzubauen, nicht mal Elaida hätte das gekonnt, aber die zehn Schwestern standen möglicherweise auf ihrer Seite. Zehn Schwestern oder mehr. Sie hatte nicht vor, sich in einem Sack zur Weißen Burg schaffen zu lassen.
»Wir können es
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