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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Beryl.«
    »Sie hat den Bastard hereingelassen.«
    »Und Sie lassen niemanden herein, den Sie nicht ganz sicher kennen.«
    »Was wird er tun? Meine Alarmanlage umgehen?«, hakte ich nach.
    »Alles ist möglich.«
    Ich erinnerte mich, dass Wesley dasselbe gesagt hatte.
    »Verlassen Sie Ihr Büro nie nach Einbruch der Dunkelheit oder wenn niemand in der Nähe ist. Das Gleiche gilt, wenn Sie es betreten. Sollte es normalerweise noch dunkel und der Parkplatz leer sein, wenn Sie ins Büro gehen, fahren Sie in Zukunft ein wenig später hin. Lassen Sie Ihren Anrufbeantworter eingeschaltet. Nehmen Sie jedes Gespräch auf. Wenn er noch einmal anruft, verständigen Sie mich sofort. Noch ein paar Anrufe, und wir können eine Fangschaltung legen lassen.«
    »So, wie Sie es bei Beryl getan haben?« Ich wurde langsam sauer. Er antwortete nicht.
    »Was ist, Marino? Wird man auch diesen Fall erst dann ernst nehmen, wenn es zu spät ist, um mir zu helfen?«
    »Wollen Sie, dass ich heute Nacht auf Ihrer Couch schlafe?«, erkundigte er sich ruhig.
    Mir graute auch so schon vor dem Morgen, da musste ich nicht auch noch Marino in Boxershorts und einem straff über seinem Bauch gespannten T-Shirt hier haben, der barfuß in Richtung Badezimmer watschelte. Vermutlich klappte er auch den Toilettensitz nicht wieder herunter.
    »Ich komme schon zurecht«, sagte ich.
    »Sie haben doch einen Waffenschein, oder?«
    »Zum verdeckten Tragen einer Waffe?«, fragte ich. »Nein, habe ich nicht.«
    Er schob seinen Stuhl zurück und entschied: »Ich werde mich darüber morgen früh mit Judge Reinhard unterhalten. Wir werden Ihnen einen besorgen.«
    Das war alles. Es würde gleich Mitternacht schlagen.
    Ein paar Augenblicke später war ich allein und konnte nicht schlafen. Ich trank einen weiteren Brandy, dann noch einen, lag im Bett und starrte an die dunkle Zimmerdecke. Wenn einem im Leben ständig schlimme Dinge widerfahren, fangen die anderen langsam an, sich zu fragen, ob man Unglück, Gefahr und Pannen wie ein Magnet anzieht. Auch ich stellte mir diese Frage jetzt. Vielleicht hatte Ethridge recht. Ich ließ mich zu sehr von meinen Fällen vereinnahmen und ging damit Risiken ein. Ich hatte mich schon einige Male zuvor in brenzligen Situationen befunden, die mich leicht in die ewigen Jagdgründe hätten bringen können.
    Als ich schließlich doch noch ermattet einschlief, träumte ich fürchterlichen Unsinn. Ethridge brannte sich mit Zigarrenglut ein Loch in die Weste. Fielding arbeitete an einer Leiche, die schon aussah wie ein Nadelkissen, weil er keine Arterie finden konnte, die noch etwas Blut hergab. Marino hüpfte auf einem Springstock einen Hügel hinauf, und ich wusste, dass er umfallen würde.

12
    Am frühen Morgen stand ich in meinem dunklen Wohnzimmer und starrte hinaus auf die Schatten und Silhouetten in meinem Garten.
    Mein Plymouth war noch nicht aus der Werkstatt zurück. Als ich draußen den großen Kombi sah, auf den ich weiterhin angewiesen war, fragte ich mich, wie schwer es wohl einem ausgewachsenen Mann fallen würde, sich darunter zu verstecken und mich am Fuß zu packen, wenn ich die Fahrertür öffnete. Er würde mich gar nicht umbringen müssen. Ich würde schon vorher an einem Herzinfarkt sterben. Die Straße war leer, und Straßenlaternen brannten trübe. Ich spähte durch die kaum geöffneten Vorhänge und entdeckte nichts. Ich hörte nichts. Nichts schien außergewöhnlich. Vermutlich war Cary Harper auch nichts außergewöhnlich erschienen, als er von der Gaststätte nach Hause fuhr.
    Mein verabredetes Frühstück mit dem Generalstaatsanwalt sollte in weniger als einer Stunde stattfinden. Wenn ich nicht bald den Mut aufbrachte, die zehn Meter Gehsteig von meiner Vordertür zum Auto zu überwinden, würde ich zu spät kommen. Ich beobachtete die Büsche und Sträucher, die an meinen vorderen Rasen angrenzten, und unterzog ihre bewegungslosen Silhouetten einer genauen Prüfung, als der Himmel langsam heller wurde. Der Mond schimmerte rund wie eine weiße Prunkwinde, und das Gras glänzte silbrig gefroren.
    Wie war er zu ihren Häusern, wie zu meinem Haus gelangt? Er musste doch über irgendein Fortbewegungsmittel verfügen. Über die Transportmöglichkeiten des Mörders hatten wir bisher zu wenig nachgedacht. Dabei ist die Art des Fahrzeugs ein genauso wichtiger Teil des Täterprofils wie Alter und Rasse, und trotzdem hatte sich noch niemand, nicht einmal Wesley, dazu geäußert. Ich fragte mich, warum, während ich

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