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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hinaus auf die leere Straßestarrte. Auch Wesleys düsteres Auftreten in Quantico machte mir immer noch zu schaffen.
    Ich erzählte Ethridge von meinen Sorgen, als wir unser Frühstück aßen.
    »Es kann sein, dass es ganz einfach Dinge gibt, die Wesley Ihnen nicht sagen will«, schlug er vor.
    »Aber er war bisher immer sehr offen mir gegenüber.« »Das FBI neigt zur Geheimniskrämerei, Kay.«
    »Wesley erstellt Täterprofile«, erwiderte ich. »Er hat immer freizügig seine Theorien und Meinungen verkündet. Aber in diesem Fall verrät er nichts. Er hat für diese Morde auch noch kein richtiges Täterprofil erarbeitet. Und irgendwie hat er sich verändert. Er hat auf einmal keinen Humor mehr und kann mir kaum mehr in die Augen schauen. Das ist unheimlich und geht mir schrecklich auf die Nerven.«
    Ich atmete tief durch.
    Dann fragte Ethridge: »Sie fühlen sich immer noch isoliert, oder etwa nicht, Kay?«
    »Ja, Tom.«
    »Und ein kleines bisschen paranoid.«
    »Auch das«, gab ich zu.
    »Vertrauen Sie mir, Kay? Glauben Sie, dass ich auf Ihrer Seite stehe und nur Ihr Bestes im Sinn habe?«, wollte er von mir wissen.
    Ich nickte und atmete noch einmal tief durch.
    Wir sprachen mit gedämpften Stimmen im Speisesaal des Capitol Hotel, eines beliebten Treffpunkts von Politikern und Geldadel. Drei Tische neben uns saß Senator Partin, sein bekanntes Gesicht kam mir noch verknitterter vor als sonst, und er sprach mit einem jungen Mann, den ich irgendwo schon einmal gesehen hatte.
    »Wir alle fühlen uns isoliert und paranoid, wenn wir gestresst sind. Wir glauben, allein in der Wildnis zu sein.« Ethridges Augen sahen mich freundlich an, aber sein Gesicht war besorgt.
    »Ich bin allein in der Wildnis«, erwiderte ich. »Ich fühle mich so, weil es wahr ist.«
    »Ich kann mir gut vorstellen, warum Wesley beunruhigt ist.« »Natürlich.«
    »Und was mich an Ihnen beunruhigt, Kay, ist, dass Sie Ihre Theorien auf Intuition aufbauen und Ihrem Instinkt vertrauen. Manchmal kann das sehr gefährlich sein.«
    »Manchmal vielleicht schon. Aber es kann auch sehr gefährlich sein, wenn man die Sachen komplizierter gestaltet, als sie sind. Mord ist normalerweise niederschmetternd einfach.«
    »Aber nicht immer.«
    »Fast immer, Tom.«
    »Sie meinen also nicht, dass Sparacinos Machenschaften etwas mit diesen Morden zu tun haben?«, wollte der Generalstaatsanwalt wissen.
    »Ich glaube, dass wir uns sehr leicht von diesen Machenschaften ablenken lassen könnten. Es wäre doch auch möglich, dass Sparacinos Aktionen und die des Killers wie Züge auf parallelen Gleisen nebeneinander herlaufen. Beide sind gefährlich, ja sogar tödlich. Aber sie sind verschieden und stehen in keinem Zusammenhang miteinander. Sie werden nicht von derselben Kraft angetrieben.«
    »Sie meinen nicht, dass das vermisste Manuskript in Verbindung mit den Morden steht?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sind Sie denn der Wahrheit noch nicht nähergekommen?«
    Diese Befragung erweckte in mir das Gefühl, als hätte ich meine Hausaufgaben nicht gemacht. Ich wünschte, er würde aufhören, mich zu fragen.
    »Nein, Tom«, gab ich zu. »Ich habe keine Ahnung, wo es ist.« »Wäre es möglich, dass Sterling Harper es kurz vor ihrem Tod verbrannt hat?«
    »Ich glaube nicht. Der Dokumentensachverständige hat sich die verbrannten Papiere angesehen und als Hadernpapier von hoher Qualität identifiziert. Das ist sehr teures Briefpapier oder ein Papier, das Notare für Urkunden verwenden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass jemand den Entwurf für ein Buch auf einemsolchen Papier schreibt. Es ist viel wahrscheinlicher, dass Miss Harper Briefe oder andere persönliche Papiere verbrannt hat.« »Briefe von Beryl Madison?«
    »Wir können das nicht ausschließen«, antwortete ich, obwohl ich es selbst schon mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen hatte. »Oder vielleicht waren es Cary Harpers Briefe?«
    »Wir haben eine ziemlich große Anzahl seiner privaten Papiere im Haus gefunden«, sagte ich. »Es gibt kein Anzeichen dafür, dass irgendjemand sie kürzlich in der Hand gehabt hat.«
    »Wenn die Briefe von Beryl Madison stammten, warum hätte sie Miss Harper dann verbrennen sollen?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete ich. Allerdings wusste ich, dass Ethridge schon wieder an Sparacino dachte.
    Sparacino handelte schnell. Ich hatte die ganzen zweiunddreißig Seiten seiner Klageschrift gelesen. Sparacino verklagte mich, die Polizei und den Gouverneur. Als ich das letzte Mal mit

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