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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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erregt gewesen. Er hatte bestimmt immer gestottert, wenn er mit Hunt über Jim Barnes gesprochen hatte. Über Jim Jim! An der ersten Telefonzelle, die ich fand, nachdem ich von Jeanie Wilsons Haus weggefahren war, hielt ich an. Marino, der Trottel, war zum Bowling gegangen.

14
    Am Montag zog eine Kaltwetterfront mit düsteren grauen Wolken auf, die die Vorberge der Blue Ridge Mountains einhüllten und das Valhalla Hospital vor unseren Blicken verbargen. Der Wind rüttelte an Marinos Wagen, und als er ihn vor der Klinik parkte, prasselten kleine Eisnadeln auf die Windschutzscheibe.
    »So ein Mist«, maulte er, als wir ausstiegen. »Darauf könnte ich wahrlich verzichten.«
    »Es soll nicht allzu schlimm werden«, beruhigte ich ihn und zuckte gleich darauf zusammen, als mir die eisigen Kristalle in die Wangen stachen. Wir senkten unsere Köpfe gegen den Wind und hasteten frierend und stumm auf den Haupteingang zu. Dr. Masterson erwartete uns in der Eingangshalle, und hinter einem gezwungenen lächeln war sein Gesicht hart wie Stein. Als sich die beiden Männer die Hände gaben, beäugten sie sich wie zwei bösartige Kater. Ich tat nichts, um die Spannung zwischen ihnen abzubauen, denn ich hatte die Spielchen des Psychiaters, ehrlich gesagt, satt. Er wusste etwas, das wichtig für uns war, und es blieb ihm nichts anderes übrig, als es vollständig und ohne Beschönigungen zu erzählen. Entweder tat er das freiwillig, oder wir würden ihn per Gerichtsbeschluss dazu zwingen. Er konnte es sich aussuchen. Ohne uns aufzuhalten, gingen wir mit ihm in sein Büro, und dieses Mal schloss er die Tür.
    »Nun, womit kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragte er sofort, nachdem er sich gesetzt hatte.
    »Mit ausführlicheren Informationen«, antwortete ich.
    »Sicher. Aber ich muss gestehen, Dr. Scarpetta«, fuhr er fort, als ob Marino gar nicht im Raum wäre, »ich kann mir nicht vorstellen, was ich Ihnen im Zusammenhang mit Al Hunt noch sagen könnte. Sie haben seine Akte gesehen, und ich habe Ihnen alles gesagt, woran ich mich erinnern kann ...«
    Marino schnitt ihm den Satz ab. »O ja? Nun, wir sind gekommen,um Ihrem Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge zu helfen«, meinte er und holte seine Zigaretten aus der Tasche. »Und wir sind nicht einmal so sehr an Al Hunt interessiert.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Uns interessiert mehr sein Kumpel«, erklärte Marino.
    »Was für ein Kumpel?« Dr. Masterson sah ihn abschätzig an. »Sagt Ihnen der Name Frankie etwas?«
    Dr. Masterson putzte seine Brille, und ich dachte, dass das wohl sein Lieblingstrick war, um Zeit zu gewinnen.
    »Als Al Hunt hier war, war zugleich auch ein Junge mit dem Namen Frankie in dieser Klinik«, sagte Marino.
    »Es tut mir leid, aber da muss ich passen.«
    »Passen Sie, so viel Sie wollen, Doc. Aber verraten Sie uns, wer dieser Frankie ist.«
    »Wir haben ständig über dreihundert Patienten in Valhalla, Lieutenant«, antwortete er. »Es ist mir völlig unmöglich, mich an jeden, der einmal in der Klinik war, zu erinnern. Besonders, wenn es sich um Patienten handelt, deren Aufenthalt bei uns nur von kurzer Dauer war.«
    »Damit behaupten Sie also, dass dieser Frankie nicht lange bei Ihnen war?«, fragte Marino.
    Dr. Masterson griff nach seiner Pfeife. Er hatte sich verplappert, und ich konnte an seinen Augen sehen, dass er sich ärgerte.
    »Ich behaupte überhaupt nichts dergleichen, Lieutenant.« Er stopfte bedächtig Tabak in die Pfeife. »Aber wenn Sie mir vielleicht ein wenig mehr Informationen über diesen Patienten, diesen jungen Mann, den Sie Frankie nennen, geben könnten, dann hätte ich wenigstens einen Anhaltspunkt. Können Sie mir mehr über ihn erzählen, außer, dass er ein Junge war?«
    Ich schaltete mich ein: »Anscheinend hatte Al Hunt, während er hier war, einen Freund, den er Frankie nannte. Al hat ihn bei seinem Gespräch mit mir erwähnt. Wir glauben, dass dieser Frankie nach seiner Aufnahme hier zunächst in Backhall war und erst später auf eine andere Station kam, wo er dann möglicherweise Al kennenlernte. Er wurde uns als groß, dunkelhaarig undschlank beschrieben. Außerdem soll er gern gestrickt haben, was ja für männliche Patienten ziemlich ungewöhnlich sein dürfte.«
    »Hat Ihnen Al Hunt das erzählt?«, fragte Dr. Masterson ohne rechten Nachdruck.
    »Frankie war auch extrem ordentlich«, ergänzte ich und wich der Frage damit aus.
    »Ich fürchte, dass die Freude eines Patienten am Stricken etwas ist, was man mir für

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