Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman
erzählen, dass auch Sparacino fürs FBI arbeitet, oder?«, fragte ich zitternd.
»Aber nein«, antwortete er und sah weg.
»In welchen schmutzigen Geschäften steckt er mit drin, Mark?«
»Geschichten wie der Betrug an Beryl Madison, bei dem er mit ihren Tantiemen geschummelt hat, wie bei vielen seiner anderen Klienten auch, sind noch die harmlosesten seiner Vergehen. Übrigens hat er Beryl wirklich beeinflusst und gegen Cary Harper ausgespielt, um einen riesigen Publicity-Coup zu landen. Auch den hat er ja schon ein paarmal vorher abgezogen.«
»Dann war das, was du mir in New York erzählt hast, die Wahrheit.«
»Natürlich nicht alles. Ich konnte dir damals nicht alles erzählen.«
»Wusste Sparacino, dass ich nach New York kommen würde?« Diese Frage ließ mich seit Wochen nicht mehr in Ruhe.
»Ja. Ich habe es so arrangiert, vorgeblich, um mehr Informationen aus dir herauszuholen und dich dazu zu bringen, dass dumit ihm redest. Er wusste, dass du die Sache niemals mit ihm allein besprechen würdest. Also bot ich mich an, dich dazu zu bringen.«
»Mein Gott«, murmelte ich.
»Ich war der Meinung, alles unter Kontrolle zu haben. Bis wir in diesem Restaurant waren, wusste ich nicht, dass er mich bespitzeln ließ. Dort wurde mir klar, dass alles den Bach hinuntergehen würde«, fuhr Mark fort.
»Warum?«
»Weil er mich hatte verfolgen lassen. Ich hatte schon länger gewusst, dass dieses Partin-Bürschchen einer von seinen Schnüfflern war. Damit hält er sich über Wasser, während er auf kleine Rollen in Seifenopern, Werbespots und auf Model-Jobs für Unterhosen wartet. Anscheinend hatte Sparacino Verdacht gegen mich geschöpft.«
»Warum hat er Partin geschickt? Wusste er nicht, dass du ihn erkennen würdest?«
»Sparacino ahnt nicht, dass ich über Partin Bescheid weiß«, sagte er. »Als ich Partin in dem Restaurant sah, wusste ich, dass Sparacino ihn geschickt hatte, um sicherzugehen, dass ich mich wirklich mit dir treffen würde, und um zu sehen, was ich vorhatte, genauso wie er diesen sogenannten Jeb Price losgeschickt hat, um dein Büro zu durchwühlen.«
»Willst du damit sagen, dass Jeb Price ebenfalls ein unterbeschäftigter Schauspieler ist?«
»Nein. Wir haben ihn letzte Woche in New Jersey festgenommen. Er wird eine ganze Zeitlang niemanden mehr belästigen.«
»Ich nehme an, du hast auch gelogen, als du sagtest, dass du Diesner in Chicago kennst«, vermutete ich.
»Er ist eine lebende legende. Aber ich habe ihn nie persönlich getroffen.«
»Und ich nehme an, dass dein Besuch bei mir in Richmond auch ein abgekartetes Spiel war, oder?« Ich kämpfte mit den Tränen.
Er füllte unsere Weingläser und antwortete: »Ich bin nichtwirklich von Washington hergefahren. Ich bin mit dem Flugzeug von New York gekommen. Sparacino hat mich zu dir geschickt, um dich auszuhorchen und so viel über den Mord an Beryl zu erfahren wie möglich.«
Ich trank meinen Wein und schwieg für einen Augenblick, um die Fassung wiederzugewinnen.
Dann fragte ich: »Ist er irgendwie in den Mord an ihr verwickelt, Mark?«
»Zuerst hat mich das auch beschäftigt«, antwortete er. »Zumindest fragte ich mich, ob Sparacinos Spiel mit Harper nicht zu weit gegangen war, so dass dieser durchdrehte und Beryl ermordete. Aber dann wurde auch Harper umgebracht, die Zeit verging, und ich konnte nichts entdecken, was Sparacino mit den beiden Morden in Verbindung gebracht hätte. Ich glaube, er wollte, dass ich alles über den Mord an Beryl herausfand, weil er Angst hatte.«
»Fürchtete er, dass die Polizei ihre Papiere durchgehen und dabei vielleicht entdecken würde, dass er sie bei der Abrechnung ihrer Tantiemen übers Ohr gehauen hatte?«, fragte ich.
»Vielleicht. Aber dass er ihr Manuskript haben will, weiß ich genau. Koste es, was es wolle. Über die anderen Dinge bin ich mir jedoch nicht so sicher.«
»Wie ist das mit dieser Klage, seiner Vendetta mit dem Generalstaatsanwalt? «
»Die hat eine Menge Staub aufgewirbelt«, antwortete Mark. »Sparacino hasst Ethridge. Es würde ihm eine große Freude bereiten, wenn er ihn demütigen oder sogar zum Rücktritt zwingen könnte.«
»Scott Partin war hier unten«, informierte ich ihn. »Und zwar vor nicht allzu langer Zeit. Er hat eine Menge Fragen über Beryl gestellt.«
»Interessant.« Mehr sagte er nicht und nahm noch einen Bissen von seinem Steak.
»Wie lange hast du mit Sparacino zusammengearbeitet?« »Mehr als zwei Jahre.«
»O Gott«, entfuhr es
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