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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Kopf Stimmen hörte, als sei ich verrückt geworden.
    »Sie kamen mit Verspätung vom Flughafen, weil Mr. Harpers Koffer abhanden gekommen war.«
    »Sind deine Haare wirklich blond, Kay, oder färbst du sie?« »Gleich als der Botenjunge den Koffer gebracht hatte ...« »Und sie alle sind jetzt tot.«
    »Letztes Jahr bekamen wir eine Faser herein, die mit dieser orangefarbenen völlig identisch war. Damals sollte Roy Spuren aus einer Boeing 747 untersuchen ...«
    »Als der Botenjunge den Koffer gebracht hatte ...«
    Langsam nahm ich den mir hingehaltenen Stift und das Klemmbrett aus der Hand in einem braunen Lederhandschuh, die sich mir entgegenstreckte.
    Mit einer Stimme, die ich nicht als die meine erkannte, sagte ich: »Wären Sie bitte so freundlich, den Koffer zu öffnen? Ich kann auf keinen Fall irgendetwas unterschreiben, bis ich nicht sicher bin, dass alles, was mir gehört, auch wirklich im Koffer ist.«
    Einen Moment lang war sein hartes, blasses Gesicht verwirrt. Seine Augen weiteten sich ein wenig, als sie hinunter zu meinem senkrecht stehenden Koffer wanderten. Ich schlug so schnell zu, dass er keine Zeit hatte, die Hände zur Abwehr des Schlags hochzureißen. Die Kante des Klemmbretts traf ihn am Hals, und dann rannte ich los wie ein gehetztes Tier. Ich kam bis zu meinem Wohnzimmer, bevor ich hörte, dass seine Schritte mir folgten. Mein Herz trommelte gegen meine Rippen, und ich raste in die Küche. Als ich um den großen Hauklotz herumlief, wären mir auf dem glatten Linoleum fast die Füße unter dem Körper weggerutscht.Ich riss den Feuerlöscher von der Wand neben dem Kühlschrank. Sekunden später stürmte er in die Küche, und ich schoss ihm einen vollen Strahl Trockenlöschpulver mitten ins Gesicht. Ein Messer mit langer Klinge fiel dumpf klappernd zu Boden, als er die Hände vors Gesicht riss und keuchte. Ich schnappte mir eine gusseiserne Bratpfanne vom Herd, schwang sie wie einen Tennisschläger und schlug sie ihm mit voller Wucht gegen den Bauch. Er rang nach Luft und klappte zusammen, und ich holte noch einmal aus und traf seinen Kopf. Ich hatte schlecht gezielt. Ich spürte, wie der flache Eisenboden der Pfanne Knorpel zerquetschte. Ich wusste, dass ich ihm die Nase gebrochen und vielleicht einige Zähne ausgeschlagen hatte. Aber es hielt ihn kaum auf. Er fiel hustend und vom Löschpulver teilweise erblindet auf die Knie und packte mich mit einer Hand am Knöchel, während er mit der anderen nach seinem Messer tastete. Ich warf ihm die Pfanne auf den Kopf, kickte das Messer weg und floh aus der Küche, wobei ich mit der Hüfte gegen die scharfe Ecke des Tisches und mit der Schulter gegen den Türrahmen rannte.
    Verwirrt und schluchzend schaffte ich es irgendwie, meinen Ruger aus dem Koffer zu wühlen und zwei Patronen in die Trommel zu stecken. Dann war er fast schon wieder bei mir. Ich hörte den Regen und seinen pfeifenden Atem. Das Messer war nur noch Zentimeter von meinem Hals entfernt, als beim dritten Abdrücken der Hammer des Revolvers endlich auf eine Patrone traf. Mit einer ohrenbetäubenden Explosion von Gasen und Feuer riss ihm ein Silvertip-Geschoss den Unterleib auf und warf ihn einen Meter nach hinten zu Boden. Unter entsetzlichen Mühen setzte er sich auf, wobei er mich aus seinem Gesicht, das nur noch eine Masse blutigen Fleisches war, mit glasigen Augen anstarrte. Er versuchte noch, etwas zu sagen, und hob langsam das Messer. Meine Ohren dröhnten. Ich zielte so sorgfältig, wie es mit meinen zitternden Händen möglich war, und jagte ihm die zweite Kugel direkt in die Brust. Ich roch den beißenden Pulverdampf, den süßen Geruch von Blut und sah, wie das Licht in Frankie Aims’ Augen erlosch.
    Dann brach ich zusammen und heulte laut, während der Wind und der Regen hart gegen das Haus schlugen und Frankies Blut auf die gebohnerten Eichenbohlen floss. Ich weinte so, dass ich am ganzen Körper bebte, und ging erst ans Telefon, als es schon fünfmal geläutet hatte.
    Alles, was ich sagen konnte, war: »Marino. O mein Gott, Marino! «
     
    Erst als die Leiche von Frankie Aims freigegeben, sein Blut vom Obduktionstisch aus rostfreiem Stahl abgewaschen, durch die Kanäle geflossen und in den gärenden Abwässern der städtischen Kläranlage verschwunden war, ging ich wieder in mein Büro. Es tat mir nicht leid, dass ich ihn getötet hatte. Es tat mir leid, dass er überhaupt auf die Welt gekommen war.
    »So wie’s aussieht«, erzählte Marino, als er mich über den

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