Flucht in die Arme des Maharadschas
in einen beleuchteten Innenhof, zu dem eine Treppe vom angrenzenden Balkon hinabführte. Irgendwo, inmitten der duftenden Blütenpracht unter sich, hörte Sophia Wasser rauschen.
„Es ist wunderschön“, versicherte sie dem geduldig wartenden Mädchen und erntete dafür ein breites Lächeln.
„Zum Schlafzimmer geht es hier entlang“, erklärte die Dienerin und führte Sophia in einen europäisch anmutenden Raum, wenn auch im Stil der späten Dreißiger. Daneben gab es noch einen separaten Ankleideraum mit Schränken auf beiden Seiten und ein angrenzendes Bad.
„Bitte“, drängte das Mädchen dann nervös, „wenn ich Sie jetzt zum Essen mit dem Maharadscha begleiten darf?“
Enttäuscht brach Sophia ihre Erkundungstour ab. Sie hätte sich gern noch geduscht und umgezogen, doch offenbar war die Zeit schneller verflogen als gedacht. Außerdem … was war überhaupt das passende Outfit für ein Dinner mit dem Maharadscha von Nailpur?
Während sie der Dienerin folgte, nahm sie sich vor, baldmöglichst in Santina anzurufen, um sich ihre Garderobe nachschicken zu lassen.
Das Mädchen hielt vor einer Tür, vor der zwei imposante Wachen standen. Beide verbeugten sich tief, bevor sie die schweren Flügeltüren öffneten. Beim Eintritt wurde Sophia förmlich geblendet. Jede freie Fläche des opulent ausgestatteten Raums war mit prachtvollen Mosaiken aus winzigen Spiegeln oder Metallteilen dekoriert, sodass sich das Licht der abgehängten, kunstvoll gefertigten Laternen tausendfach widerspiegelte.
Ash saß auf einem üppig bestickten Kissen an einem niedrigen Tisch, der beladen war mit Schüsseln und Tellern voller verlockend aussehender Köstlichkeiten.
„Ein mit Mosaiken dieser Art verzierter Raum galt einst als Reputationsobjekt der Rajputs , was so viel wie Königssöhne heißt“, erläuterte er angesichts Sophias verblüffter Miene. „Man nennt ihn Sheesh Mahal , den Spiegelsaal.“
Zwei Diener standen bereit, um zu servieren, und Ash sprach erst wieder, nachdem er sie entlassen hatte. „Ich persönlich mag es weniger formell.“
„Ich auch“, pflichtete Sophia ihm spontan bei, die sich von all der Pracht erschlagen fühlte, „während mein Vater nichts mehr liebt als Pomp und Prunk.“
„Obwohl es den Leuten, die hier angestellt sind, gegenüber unfair ist, da sie auf ihren Verdienst angewiesen sind“, erläuterte Ash weiter. Erst jetzt begriff Sophia, dass er nicht von der üppigen Umgebung, sondern von den Dienern gesprochen hatte. „Allgemein stößt mein Bedürfnis nach Privatsphäre auf wenig Verständnis, da es nicht der indischen Mentalität entspricht. Trotzdem ist sie mir immens wichtig.“
War das als Warnung an sie gedacht, nicht allzu viel Intimität von ihrem frisch angetrauten Gatten zu erwarten? Aber ganz ohne wird es mit dem ersehnten Erben wohl nichts werden! dachte Sophia ketzerisch. Sie hatte es langsam satt, immer wieder auf die eine oder andere Weise von Ash abgelehnt zu werden.
„Die Speisen, die du vor dir siehst, sind traditionelle rajasthanische Thali und größtenteils vegetarisch. Daneben gibt es auch Laal Maas und Safed Maas , zwei Hammelgerichte, die typisch für diese Region sind.“
„Es sieht alles köstlich aus“, stellte Sophia, die würzige Speisen liebte, begeistert fest. Sie probierte von allem wenigstens einen Bissen, obwohl sie keinen großen Hunger hatte. Dafür war sie immer noch viel zu aufgeregt.
Es war bereits ziemlich spät, als die Bediensteten den Tisch rasch und lautlos abräumten. Gleich nach ihnen erschien auch die junge Dienerin wieder auf der Bildfläche, die Sophia bereits kannte. Unsicher stand sie auf, um dem Mädchen zu folgen, doch Ash hielt sie kurz zurück.
„Ich werde in etwa einer Stunde zu dir kommen, wenn es dir recht ist.“
Sophias Herz setzte einen Schlag aus, und ihr Mund wurde trocken. Es gab keinen Grund überrascht oder gar schockiert zu sein. Immerhin hatte Ash ihr nichts vorgemacht, was den Zweck ihrer Ehe betraf.
„Ja, das ist in Ordnung“, wisperte Sophia hastig und hätte sich am liebsten geohrfeigt für ihr albernes Benehmen. Automatisch dachte sie an den Unterschied zwischen ihrer Hochzeitsnacht und der, die Ash mit Nasreen verbracht hatte.
Sie hatte er geliebt.
Vielleicht waren sie sich bereits hier nähergekommen? Gleich nach dem opulenten Hochzeitsmahl, animiert durch das romantische Ambiente und die weichen Kissen.
So darfst du nicht denken! rief Sophia sich zur Ordnung. Das macht alles nur noch
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