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Flucht in die Hoffnung

Flucht in die Hoffnung

Titel: Flucht in die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Rothkamm
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das
Sorgerecht für Emira. Farid wurde ein sonn- und feiertägliches Besuchsrecht
zugesprochen. Ferner durfte er einen Teil der Ferien mit seiner Tochter
verbringen.
    Natürlich hielt sich Farid nicht an sein Besuchsrecht, das besagte,
er solle Emira morgens abholen und abends zurückbringen. Nachdem er einige Male
vergeblich versucht hatte, mich zu überreden, sie zu ihm zu chauffieren, holte
er sie oft erst mittags und brachte sie kurz vor Mitternacht, was mich ärgerte,
da Emira am Montagmorgen, wenn die Schule begann, kaum wachzubekommen war.
    Den größten Teil ihrer Vaterzeit verbrachte Emira meistens bei der
Animation in irgendeinem Hotel, wo Farid sie regelmäßig abstellte. Emira liebte
das Animationsprogramm, und so hielt ich mich mit Kommentaren zurück. Erst als
ich erfuhr, dass Farid sie nur noch im Hotel absetzte und dort wieder abholte,
bevor er sie direkt zu mir brachte, stellte ich ihn zur Rede.
    »Das war eine Ausnahme«, behauptete er. »Ich hatte einen Notfall.«
    »Du kannst doch mal einen Sonntag ausfallen lassen, wenn du viel
Arbeit hast. Du musst sie doch nicht immer holen.«
    Doch, das musste er. Nicht wegen Emira, sondern um uns zu ärgern,
vermutete ich.
    Wenn Emira nach Hause kam, erzählte sie nun häufig von einer Frau
namens Sandra, und ich reimte mir zusammen, dass Farid eine Freundin hatte.
Sandra tat mir leid, denn ich wusste längst, dass Farid kein treuer Mann war.
Mohamed erzählte mir nach und nach von den Frauen, die sich bei Farid die
Klinke in die Hand gegeben hatten. Dazu gehörten auch die acht Sekretärinnen,
die er innerhalb eines Jahres aufarbeitete.
    »Mama, der Papa hat die Sandra geküsst!«, berichtete
Emira eines Nachts atemlos, als Farid sie wieder einmal sehr spät gebracht
hatte.
    »Das kann ich mir nicht vorstellen«, grinste ich. »Das wäre doch haram!«
    »Ich habe es selbst gesehen!«
    »Vielleicht nur zum Abschied.«
    »Nein, Mama, richtig. Auf den Mund. Und gaaaanz, gaaaanz lang. Soll
ich dir mal zeigen, wie lang, Mama?«
    An diesem Kuss erstickte ich fast vor Lachen.
    Ich freute mich über Farids neues Glück, denn ich sagte mir, dass er
sich nun immer weniger für sein altes Leben interessieren und sich keine
Gedanken mehr darüber machen würde, wie er mich quälen könnte. Etwas Besseres
als eine neue Frau in Farids Leben konnte uns gar nicht passieren. Und so
fasste ich Mut und fuhr in Begleitung meines Vermieters zu ihm, um meine
Küchengeräte und Möbel zu holen, deren Herausgabe er stets verweigert hatte.
    Farid behauptete: »Das sind alles meine Sachen. Das hat schon immer
mir gehört.«
    Diese Unverschämtheiten wollte ich mir nun nicht mehr gefallen lassen und verfasste eine Liste, was ich aus Deutschland
mitgebracht hatte. Vieles konnte ich anhand von Rechnungen belegen. Das
Gericht, bei dem ich praktisch ein Dauer-Abo hatte, verfügte, dass Farid mir meine
Sachen auszuhändigen hatte. Farid begegnete mir geradezu respektvoll, nachdem
ich einen Sieg gegen ihn errungen hatte. Das war mir schon öfter aufgefallen:
Je härter ich vorging, je stärker ich wurde, desto mehr Achtung zollte er mir.
Vielleicht, dachte ich, hätte ich ihm damals, gleich zu Beginn unserer Beziehung,
Grenzen setzen sollen, statt ihm jeden Wunsch von den Augen abzulesen und es
ihm immer recht zu machen. Doch ich hatte ihn einfach geliebt und daran
geglaubt, dass Liebe und Verständnis die Heilmittel für unsere krankende Beziehung
wären. Wenn man Angst hat, jemanden zu verlieren, handelt man nicht immer
überlegt und mit Blick auf die Konsequenzen. Ich wollte unsere Beziehung retten,
koste es, was es wolle … Was das heißen konnte, hätte ich niemals für möglich gehalten.
Ebenso wenig wie die Tatsache, dass eine solche tiefe Liebe in Hass auf seiner
Seite und Verachtung auf meiner umschlagen konnte.
    Als ich die Küchengeräte abholte, erzählte Farid mir, dass er
demnächst heiraten werde.
    »Sandra?«
    Verwundert musterte er mich. Dann fiel ihm ein, dass Emira mir von
ihr erzählt haben könnte.
    »Nein, eine Frau aus M’Saken.«
    »Ich dachte, du und Sandra …«
    »Nein, ich will eine richtige Frau, eine, die gut kochen kann und
den Haushalt führt.«
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte ich und meinte es auch so.
    »Meine Mutter hat sie ausgesucht«, erklärte er ungewöhnlich
redselig.
    »Dann ist ja alles in bester Ordnung.«
    Er nickte.
    Ja, jetzt war alles in bester Ordnung. Nazima war im Dampfbad von
Farids Mutter entdeckt worden. Das Dampfbad gilt in

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