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Flucht in die rote Welt

Flucht in die rote Welt

Titel: Flucht in die rote Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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eine kleine Kochnische und eine Badtür. Eine Glastür führte auf eine winzige Veranda.
    Betsy umfaßte das Ganze mit einer einzigen Handbewegung. »Da! Knöcheltiefe Teppiche. Strategische Beleuchtung. Süßer kleiner Kamin mit – man glaubt es kaum – einem Plüschtiger davor. Aus den Sesseln kommt man ohne Hilfe nicht mehr heraus. Dieses verdammte Bett hat zwei fünfzig mal zwei fünfzig – ich habe es eigens ausgemessen. In der Bibliothek nichts als Erotika. Siebzehn Spiegel. Ich habe sie gezählt. Einunddreißig Kissen. Ebenfalls gezählt. An Vorräten haben wir: eine halbe Schachtel ausgetrocknete Cracker, eine halbe Schachtel uralten Puffmais, einundzwanzig Dosen Cocktail-Zutaten, zwei Flaschen Gin, vierzehn Flaschen Wein. Dreimal dürfen Sie raten, Winter. Welches Hobby hat Bernie?«
    »Äh – Philatelie?«
    Sie drehte sich herum und grinste ihn an. »Sie starten langsam, aber dann sind Sie um so netter. Ich dachte schon, ich müßte Sie zu den hoffnungslosen Langweilern zählen. Ich empfehle Ihnen die Couch dort drüben. Das einzige Möbel, aus dem man selbständig hochkommt.« Sie setzte sich und deutete auf den Platz neben sich. »Und nun einen ausführlichen Bericht, Freund.«
    Er erzählte ihr alles. Sie wirkte ruhiger und nachdenklicher als beim erstenmal. »Und was war nun in der Kiste, die Sie im Birdline aufbewahrt hatten?«
    »Nur persönlicher Kram. Bücher, Schallplatten, Fotos. Eine Tennisausrüstung. Sogar Schlittschuhe.«
    »Schlittschuhe! Das wird sie freuen. Aber wir sind nun doch ein Stück weitergekommen. Wir wissen, daß sie etwas suchen. Vermutlich einen Hinweis in den Aufzeichnungen Ihres Onkels. Und Sie sind ganz sicher, daß keine solchen Aufzeichnungen existieren?«
    »Ganz sicher.«
    »Könnte diese Farnham etwas versteckt haben? Ihren Schilderungen nach ist sie allerdings ein Muster an Ehrlichkeit.«
    »Das ist sie.«
    »Charla und Joseph werden ziemlich wütend sein, Kirby. Aber die beiden brauchen Sie. Ich schätze, daß sie selbst nicht genau wissen, was sie suchen. Man wird Sie deshalb weiterhin wie ein rohes Ei behandeln. Und Sie haben meine Adresse bestimmt nicht verraten, als Sie betrunken waren?«
    »Wenn ich es getan hätte, wären Sie nicht mehr hier.«
    »Hm, mag sein. Hören Sie zu. Sie sollten zurück ins Elise gehen und herauszubringen versuchen, worum es den beiden eigentlich geht. Tun Sie, als wüßten Sie alles. Geben Sie ruhig zu, daß das mit der Kiste ein Trick war. Sagen Sie, daß Sie Angeboten durchaus nicht abgeneigt seien. Vielleicht bringt Sie das einen Schritt weiter.«
    »Ich glaube, ich bin bei solchen Dingen nicht sonderlich gut.«
    »Ich weiß, daß Sie es nicht sind.«
    »Wissen Sie, diese Verwirrung macht mich noch ganz krank. Nach elf Jahren bekommt man es einfach satt, immer wieder mit Leuten zu verhandeln, von denen man nie wieder im Leben etwas hört. Ich träumte immer davon, irgendwo ganz abseits einen Ort zu entdecken, in dem es nicht mehr als achtundzwanzig Einwohner gab, die ich alle mit Namen kannte. Dort wollte ich mich für den Rest meines Lebens niederlassen.«
    »Und ich denke immer noch an diese Schule zurück«, sagte sie. »Sie müssen wissen, ich war ganze sechs Jahre dort. Von neun bis fünfzehn.«
    »Charla hat Sie damals weggeholt?«
    »Sie kam mit einem Riesenschlitten an, mit livriertem Chauffeur und einer englischen Lady, die beim Lachen immer röchelte. Ich sollte bei einem Schultheater mitmachen, aber das war ihnen piepegal. Sie fuhren mit mir nach Paris und kauften mir eine Menge neuer Kleider. Wir trafen dort mit ein paar anderen Leuten zusammen und flogen dann nach Kairo.«
    »Manchmal ist Ihr Akzent stärker – jetzt zum Beispiel.«
    »Ich kann ihn ganz unterdrücken, wenn ich will.«
    »Wäre es möglich, daß Charla die Häuser und Wohnungen meines Onkels durchsuchen ließ?«
    »Weshalb nicht? Es ist nicht ihre normale Arbeitsweise – zu grob und vermutlich ziemlich teuer. Aber sie denkt immer praktisch.«
    »Sie werden an diesen Brief nicht herankommen.«
    »Sie können es sich leisten, ein Jahr lang zu warten. Sie hingegen besitzen nichts – außer einem Erinnerungsstück.«
    Er holte die Uhr aus der Tasche. Betsy griff danach. »Eine richtige Großvateruhr.« Bevor er sie daran hindern konnte, sah sie durch das Teleskop. »Heiliger Strohsack«, sagte sie müde. »Lassen Sie das Bernie nicht sehen. Es ist genau das, was in seiner Wohnung noch fehlt.« Sie sah noch einmal hin. »Das Zeug wird in Japan

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