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Flucht in die rote Welt

Flucht in die rote Welt

Titel: Flucht in die rote Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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lang wunderte er sich über den Scharfblick von Hoover Hess, und dann rannte er mit einem Verzweiflungsschluchzer über seine eigene Unfähigkeit aus der Wohnung. Er hörte ihr Heulen und ihren langgezogenen, bibbernden Schrei: »Oh, du Ba-a-sta-ard!«
    Zwei Straßenblöcke entfernt merkte er plötzlich, daß er »Um Himmels willen, Wilma!« sagte. Er hatte es auf dem ganzen Weg vor sich hingemurmelt. Zwei alte Damen sahen ihn ängstlich an. Er hatte immer noch die goldene Uhr in der Hand. Langsam steckte er sie in die Tasche und lächelte die beiden Damen an. Die eine erwiderte sein Lächeln, doch die andere hob das spitze Kinn und rief mit überraschend fester Stimme: »Haltet den Dieb!«
    Er raste los und blieb erst an der nächsten Ecke mit zitternden Knien stehen. Er starrte in ein Buchhändlerschaufenster, bis sein Atem wieder ruhiger ging. Nur einen Straßenblock weiter war das Birdline.
    Er ging hin. Hoover Hess kam ihm freudestrahlend entgegen. »Na, Kirby, haben Sie schon über unser Geschäft nachgedacht?«
    »Noch nicht, Hoover, im Moment ist so viel zu erledigen. Es ist nur wegen der Dinge, die ich bei Ihnen hinterlegt hatte ...«
    »Natürlich, Kirby, ich habe Ihnen doch gesagt, daß ich keinen Penny für die Lagerung berechnen würde. Das hat sich durch die Erbschaft nicht geändert. Ich war natürlich gerührt über die fünfzig Dollar ...«
    »Fünfzig?«
    Hess sah ihn schockiert an. »War es mehr? Haben sich diese Kerle etwas abgezweigt?«
    »Äh – nein.«
    »Na, dann ist es gut. Sie haben den Koffer und die große Holzkiste heute um elf abgeholt, Kirby.«
    »Wer?« fragte er schwach.
    »Die Kerle vom Elise. Ich habe die Hotelaufschrift am Laster gesehen. Aber, Mann, Sie werden doch noch wissen, wen Sie nach Ihren Koffern losgeschickt haben! Und nun setzen Sie sich einen Moment zu mir, damit wir über die Hypotheken sprechen können. Ich hatte übrigens eine großartige Idee. Wir könnten das Hotel ›Haus Winter‹ nennen ...«
    »Später vielleicht, Hoover.«
    »Schon gut, schon gut, ich sage ja nichts mehr.«
    Er ging um einen selig lächelnden Matrosen herum zur Telefonzelle. Er rief Betsy an. Die Nummer wußte er auswendig.
    »Kirby! Ich wollte schon nach Ihnen sehen. Ich habe es dutzendmal im Hotel versucht. Sind Sie jetzt dort?«
    »Nein. Hören Sie, ich glaube, Sie hatten recht.«
    »Vielen Dank!«
    »Nicht so sarkastisch! Sie dürfen nicht vergessen, daß ich praktisch keinem Menschen trauen kann.«
    »Kirby, Kirby, Ihre Zähne klappern vor Angst.«
    »Ich glaube, ich habe eine Dummheit gemacht. Zuerst hielt ich es für klug, aber da war ich auch betrunken.«
    »Schon wieder!«
    »Ich weiß. Jedenfalls werden sie jetzt verdammt wütend sein. Und ich sollte mich um zwei mit Charla treffen. Sie will mit mir einkaufen gehen.«
    »Das Übliche. Sie hat eine herrliche Art, alle ihre Männer zurechtzubügeln, daß sie am Ende wie Super-Skilehrer aussehen. Braungebrannt, Koteletten und bunter Schlips. Schlipse haben es ihr angetan. Außerdem ist zwei Uhr längst vorbei, Kirby.«
    »Ich habe das Gefühl, daß es jetzt besser wäre, nicht hinzugehen. Ich ...«
    »Kommen Sie zu mir. Ich unterhalte mich nicht gern per Telefon.«
    »Ich – ich – lieber nicht ...«
    »Nun beeilen Sie sich aber, Sie Clown.« Sie legte auf.
    Ein kleines Wort drängte sich in den Vordergrund seiner Gedanken. Es bestand aus fett gedruckten Buchstaben – nein, sie waren aus einem rosigen Material, das Ähnlichkeit mit Wilmas Gesicht hatte. EINFALTSPINSEL. Es wurde verschleiert von Wilmas hauchdünnem Spielanzug.
    Er stieg in ein Taxi, und der Fahrer steuerte vorsichtig an betrunkenen Matrosen, Gassenjungen und müden Polizisten vorbei.
    Der Mann fluchte, bis er endlich die Adresse gefunden hatte. Das Gebäude befand sich an einer verwinkelten Uferstraße, und man hatte es im Laufe der Jahre willkürlich erweitert und angestückelt. Apartment Vier befand sich im ersten Stock und war nur über eine offene Eisentreppe zu erreichen. Die Tür war in einem knalligen Orange gestrichen. Über der Klingel stand b. sabhith . »Einfaltspinsel«, flüsterte er sich zu und drückte auf die Klingel. Ein grünes Auge erschien am Spion. Die Tür ging auf.
    »Kommen Sie und sehen Sie sich diesen Ort des Grauens an«, sagte sie. Sie trug wieder lange Hosen. Kariert. Und eine ärmellose blaue Bluse. Sie war barfuß. Im Mundwinkel hing eine Zigarette.
    Das Apartment bestand in der Hauptsache aus einem riesigen Atelierraum. Er entdeckte

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