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Flucht in die rote Welt

Flucht in die rote Welt

Titel: Flucht in die rote Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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machst du mich nervös.«
    »Bitte, Bonny Lee.«
    Er ging wieder in die rote Welt. Diesmal hatte er den Zeiger soweit wie möglich zurückgedreht – um eine Stunde. Das war also das Maximum. Er ließ die Uhr vorsichtig los. Nichts veränderte sich. Dann sah er eine Muschel ein paar Schritte entfernt liegen. Er hob sie auf und legte sie auf die Betonbank, so daß Bonny Lee sie sehen mußte. Dann ließ er den Zeiger zurückschnappen.
    Bonny Lee zuckte zusammen. Sie war grau geworden. Einen Moment lang schloß sie die Augen und schluckte. »Bitte, hör mit diesen grausigen Tricks auf, Kirby. Bitte!«
    »Was ist geschehen?«
    »Du hast es doch gesehen. Verdammt noch mal, du hast es getan! Ganz plötzlich lag die Muschel da. Sie ist nicht gewachsen oder sonst was – sie lag einfach da! «
    »Wie hast du dich gefühlt?«
    »Furchtbar.«
    »Ich meine, was hast du gefühlt?«
    »Wie meinst du das, Liebling? Ich habe doch nichts gefühlt. Ich sah die Bank an und – schwupp! – lag die Muschel da. Jetzt verstehe ich dich, du Bastard, du hypnotisierst mich. Das ist verboten, wenn der Partner nicht damit einverstanden ist, hörst du? Also laß es gefälligst bleiben.«
    »Ich hypnotisiere dich nicht. Und sei jetzt bitte nicht mehr wütend. Ich möchte, daß du noch etwas versuchst. Es wird dich anfangs vielleicht erschrecken ...«
    »Hör auf, Kirby!«
    »Hast du nicht gesagt, daß du mir helfen wolltest?«
    »Sicher, aber ...«
    »Und du liebst mich?«
    »Wahrscheinlich, aber ...«
    »Dann laß es mich versuchen. Ich schwöre, daß dir dabei nichts geschieht, und ich werde es dir erklären, wenn es funktioniert.«
    Sie sah ihn zweifelnd an und nickte dann. Er rückte nahe an sie heran und legte ihr den Arm um die Schultern. Dann hielt er die goldene Uhr mit beiden Händen vor sie hin. »Leg deine Hände über meine.«
    Sie tat es und begann: »Was soll die alte Zwiebel ...«
    Die Welt wurde starr, und Bonny Lee rührte sich nicht. Offensichtlich konnte man eine andere Person nicht mit in die rote Welt nehmen.
    »... bei dem Experiment?« beendete sie den Satz.
    »Diesmal mußt du das Rädchen hier nach innen drücken und um einen Ruck verstellen ...«
    Er saß allein auf der Bank und umarmte ein Mädchen, das nicht mehr existierte. Auch die Uhr war verschwunden.
    Nein, zwei Menschen konnten nicht hinüber.
    Er saß da, von Schuldgefühlen geplagt, und überlegte, was er Bonny Lee aus Dummheit angetan hatte.
     

 
9
     
    Erst als Kirby aufstand, sah er neben der Betonbank ein Häufchen Kleider liegen – eine gelbe Hose, weiße Sandalen, eine weiße Bluse. Er legte alles auf die Bank. Es fehlte nur die Unterwäsche.
    Ihre Stimme klang zehn Schritte hinter ihm auf. »Hey! Hey, Liebling, das macht Spaß!«
    Er wirbelte herum und sah sie im Sonnenlicht stehen, braungebrannt und voller Erregung. Die goldene Uhr blitzte. Sie legte den Finger auf das Rädchen. »Gib her!« schrie er, aber sie war schon wieder verschwunden.
    Er hörte dünne Schreie, die sich mit dem Krächzen der Möwen vermischten. Er warf einen Blick zum Strand hinunter, wo die Menge am dichtesten war. Es schien, als seien alle zugleich verrückt geworden.
    Er blinzelte und glaubte Bonny Lee einen Moment lang zu erkennen, doch dann war sie wieder verschwunden.
    Ihm wurde klar, daß er ihre Reaktion auf die rote Welt falsch eingeschätzt hatte. Bonny Lee hatte ein durch und durch praktisches Gemüt. Die Theorie war ihr schnuppe. Für sie war nur wichtig, daß die Uhr funktionierte, und wie sie funktionierte, hatte er ihr erklärt. Obwohl sie ihm bewiesen hatte, daß sie eine reife Frau war, erinnerte er sich doch, daß sie noch keine zwanzig war – »praktisch zwanzig« hatte sie gesagt – und daß jetzt das Kind in ihr auf dumme Gedanken kommen konnte.
    Er wußte, welche Befriedigung es ihm verschafft hatte, dem kleinen dicken Jungen die Möwe unter das Hemd zu stecken. Wahrscheinlich ging Bonny Lee mit ihren Streichen noch weiter.
    Zwei Gestalten kamen vom Strand her gerannt. Er starrte sie an. Es waren zwei Frauen, und sie wollten offensichtlich zum Parkplatz. Zwei Frauen von reichlichem Umfang und splitternackt.
    Ein Tourist in gesetzten Jahren blieb in der Nähe der Bank stehen und starrte den davonlaufenden Frauen nach. Er trug ein buntes Hemd, einen Bahama-Hut, Bermuda-Shorts und blaue Segeltuchschuhe. Er wartete, bis die beiden um die Kurve verschwunden waren, und sah dann Kirby fragend an.
    »Bis heute, mein Junge, habe ich mir etwas auf meine guten

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